Am meisten hatten alle selbst redend bei Aya zu nörgeln, aber im Grunde war es ja nicht böse gemeint. Schließlich mussten alle ja auch zeigen, dass sie als Ausbilder Fehler erkannten. Kain hatte ihr gesagt, dass sie besser werden würde und dass er sich zu Anfang viel dusseliger angestellt hätte. Worauf Liam gesagt hatte, dass er noch niemals jemanden gesehen hatte, der weniger Talent als Kain besaß.
Sie waren jedenfalls zu einer Truppe zusammengewachsen.
Auch der Aufklärungstrupp hatte seinen „Spaß“. Tatsächlich hatte Drakon bis zum nächsten Morgen auf seinem Posten mit dem Tuch über dem Kopf dort verharrt. Als die anderen nun zu ihm liefen, um zu sehen, ob er noch immer dort saß, trauten sie ihren Augen nicht. Stoisch, wie eine Statue saß er dort. Als sie etwas näher kamen, fragte Levi: „Hört ihr das?“ Auch die anderen lauschten und man konnte ein leises gleichmäßiges Schnarchen hören. „Der ist eingeschlafen!“, entfuhr es Leonora und Ragnar stand daneben und schüttelte leicht den Kopf. Dann rief er laut: „Soldat!“
Drakon erschrak und rief aus: „Kommandant Dracaris! Ich erwarte euren Befehl!“ Alle schienen etwas verdutzt und dann fingen sie an zu lachen. Drakon kam sich blöd vor. Wie lange hatte er hier gesessen? Er spürte seine Beine nicht mehr. „Hatte ich dir etwa erlaubt zu schlafen?!“
„Nein! Bitte vielmals um Verzeihung!“ Die anderen lachten noch mehr und Ragnar lächelte schließlich mild. Er zupfte das Tuch von Drakons Kopf und warf es ihm in die Hände. „Damit du nie vergisst, was „wachen“ bedeutet, sagte er nun sanft. Und das „Tuch“ entpuppte sich als Umhang. Ein solcher Umhang, den alle aus dem Aufklärungstrupp trugen. Drakon betrachtete ihn und seine Augen leuchteten förmlich. Er war glücklich. Er war endlich einer von ihnen! Er würde nun endlich damit anfangen können, diese Welt zu verändern.
„Fang jetzt bloß nicht an zu heulen!“, sagte Leonora, obwohl sie selbst tränen in den Augen hatte.
„Komm ins Lager!“
„Jawohl!“ Drakon wollte aufstehen und brach sogleich wieder zusammen. Seine Beine waren taub, weil sie eingeschlafen waren. Wieder hatte er den Lacher auf seiner Seite und er ächzte. Ohhhh was für ein ekelhaftes Gefühl, es war zwischen kribbeln und Schmerz.
„Wenn du dich nicht beeilst, ist kein Frühstück mehr da, Drakon!“, rief der Kommandant und Drakon erschrak. „So weit kommt es noch!“ Er kroch regelrecht vorwärts, ehe er die Beine wieder bewegen konnte und hatte so einen eher unkonventionellen Start in den Tag.
Auch im Aufklärungstrupp verging nun die Zeit und sie zogen weit ins Land. Ragnar hatte gehofft, wenigstens auf eine kleine Kreatur zu treffen, doch sie hatten sie über die Jahre schon ziemlich weit zurück gedrängt. Letztlich aber, trafen sie doch auf etwas. Es war ein Langer Schatten Solche Kreaturen waren bekannt dafür flach auf dem Boden zu liegen und erst wenn sich jemand näherte hochzuspringen und jenen zu umwickeln. Leicht zu töten und wenig gefährlich. Perfekt. Es hatte die Gestalt einer Schlange nur deutlich flacher.
Der Trupp hielt auf Kommando an und Ragnar entschied keine Vorwarnungen zu erteilen. Sollten die Kinder doch mal überrascht sein. Sie sahen sich alle um und das wesen lag im Schatten eines spitzen Felsens. Es maß an die 10 Meter.
Besonders Drakon lag natürlich im Mittelpunkt der Betrachtungen, Ragnars. Dieser saß bei Leo und der erklärte: „Ich muss mal, für kleine Jungs.“ Er lief genau auf die Felsnadel zu und Drakon sagte: „Leo! Ich würde das nicht tun!“
„Warum? Fürchtest du dich vor meinem Ding?“ Drakon verstand die Ausdrucksweise nicht und sagte: „Nein, ich fürchte mich nicht, aber du läufst auf einen langen Schatten zu.“
Ragnars Augen weiteten sich. Er hatte ihn schon gesehen? Von dort?“
„Und?“, fragte Leo zurück.
„Was und? Das ist alles.“ Leo sah ihn fragend an, zuckte die Achseln und lief weiter. Drakon lief ihm nun schneller nach und eben, als Leo die Hose öffnete, schnellte der Schatten auf ihn zu. Er erschrak und quiekte auf, während Drakon die Klinge schwang und den Schatten längsseitig zerteilte, sodass die Teile links und rechts an ihm und Leo vorbei flogen. Dieser landete auf seinem Allerwertesten und man sah, wie die Hose feucht wurde. Drakon steckte das Schwert wieder weg und drehte sich um. „Sag mal, hast du sie noch alle?“, fragte er nun und Leo stammelte irgendwas. Dann rief er laut. „Wieso hast du mich nicht gewarnt!“
„Hab ich doch! Ich sagte doch du läufst auf einen langen Schatten zu.“
„Und woher soll ich wissen, dass das das Codewort für eine Verderbniskreatur ist?!“ Drakon sah ihn ratlos an und erwiderte: „Na du bist doch im Aufklärungstrupp!“ Leo war verärgert. Die anderen Wächter lachten und Rekrutenabgänger waren beeindruckt. Mal wieder. Cana sagte nur: „Ekelhaft…“, als sie auf die Hose blickte.
Dann jedoch verging allen das Lachen. Die Erde bebte und Ragnar rief: „Konstrukteur!“ So nahe?! Drakon packte Leo am Schlafittchen und warf ihn zu den anderen, wobei er sich einmal um sich selbst drehte. Dann brach der Boden unter ihm ein. „NEIN!“, schrie Ragnar.