Drakon Di März 06, 2018 6:42 am
Drakon wurde wie versprochen früh von Aya geweckt. Er war ihr dankbar. Er richtete sich auf und wartete, bis sie raus gehen würde, damit er sich ankleiden konnte. Er griff in die Truhe und zog das aufgesparte Büschel Engelskraut heraus. Er hatte Ares nicht alles wiedergegeben. Er zerkaute es und schluckte es herunter. Dann strich er sich mit der rechten hand über den linken Unterarm. Er konnte – so wie jeder hier – ein paar schwache Zauber. Dieser hier verlieh seinem Körper an den berührten Stellen mehr Stabilität und härte. Er seufzte. Auch strich er noch mal über seinen Bauch. Dann erhob er sich und zog sich an. Es änderte natürlich nichts an der Tatsache, dass er kein Schwert halten konnte. Zumindest nicht unter größter Anstrengung. Aber das Engelskraut würde bald wirken. Er wusste, dass es eine Inkubationszeit von ungefähr fünf stunden hatte. Das war ausreichend.
Er stand also auf und humpelte leicht hinaus. Er versuchte sich zusammenzunehmen und würde sich auf gar keinen Fall stützen lassen.
Auf dem großen Platz angekommen, waren schon alle Vorkehrungen getroffen. Ragnar konnte sich nicht vorstellen, dass Drakon wirklich antreten würde und wollte dies eben schon kundtun, als er den Platz mit Aya betrat. Er humpelte nur ein ganz kleines Bisschen und die Augen seines Vaters weiteten sich. „Un…möglich…“, hauchte er und Drakon blieb vor der Tribüne stehen und sah entschlossen hinauf. Ares stand ebenfalls dort, so wie alle anderen Rekruten.
„Aufgrund der jüngsten Vergangenheit habt ihr bereit heute eure Vereidigung, Rekruten!“, verkündete er. Die jungen Menschen standen voller stolz dort. Normalerweise wäre sie erst in drei Monaten gewesen und all jene, die zum Aufklärungstrupp wollten, mussten eine weitere zweijährige Ausbildung über sich ergehen lassen. Außer sie verlangten nach einem „Schnelltest“ ihrer Fähigkeiten oder der Kommandant lehnte es ab sie aufzunehmen, weshalb sie auch um den Schnelltest bitten konnten. Tatsächlich wollten 6 der 14 Rekruten aufgenommen werden unter anderem Cana und auch Johann. Die anderen Vier waren Marcus, Lamia, Leo und natürlich Drakon.
Ragnar stimmte all diesen Rekruten zu, außer seinem eigenen Sohn. Er machte scheinbar glaubhaft genug, dass dieser nicht in der Lage war sich strikten Befehlen zu beugen und somit verfügte der Festungskommandant, dass er die Möglichkeit zu einem Test habe. Drakon ging auf ein Knie herab und sagte: „Ich werde den Test bestehen und euch Lordkommandant Darius davon überzeugen, würdig zu sein!“ Seine Stimme klang fest und entschlossen. Kommandant Ragnar sah zum Lordkommandant und nickte. Es war also entschieden. Drakon würde den Test machen.
Drakon stand am Anfang des Pfades, den er nun gehen musste. Es war ein Trainingspfad mit mechanischen Gegnern und Hindernissen, die er zu überwinden hatte. Es prüfte die Körperliche Fitness und die Reflexe. Normalerweise war der Pfad keine Herausforderung für ihn, aber unter den gegebenen Umständen… Keine Furcht, Drakon… du musst nur lebend ankommen. Dann hast du bestanden. Es ist vollkommen egal, was du erleiden musst!
„Test 1 kann starten!“
Auf das Signal hin, sprang Drakon los. Es sah beinahe so aus, als habe er kaum noch schmerzen und scheinbar wirkte das Kraut, was er genommen hatte schon jetzt. Es benebelte leicht seine Sinne, aber es half auch, das hier zu überstehen! Drakon spürte bei jedem Manöver, wie sein Körper aufschrie, aber er war wie im Rausch. Schließlich ganz am Ende duckte er sich unter einem Holzarm hinweg und erlitt dafür gleich die Quittung. Ein Schlag in den Bauch folgte und er wurde zurück geworfen. Verflucht! Er lag auf dem Boden und spürte die Schmerzen seines Körpers. Nicht… aufgeben!
Er blickte mit glasigen Augen zur Ziellinie. Er stieß einen wütenden und… gelinde gesagt Furcht erregenden Schrei aus, stand auf, warf sich gegen das letzte Hindernis und riss es prompt aus der Verankerung, wodurch er gleich mit dem ganzen Apparat hinter der Ziellinie landete. Der Ausruf den ersten Test bestanden zu haben, klang wie Musik in seinen Ohren.
Als nächstes folgte der Theorieteil. Doch Drakon gönnte sich ganz kurz eine Verschnaufpause.
Die anderen hatten ihm zugesehen und alle Rekruten hatten sich nicht nur darüber gewundert, dass Drakon der einzige war, der den Test machen sollte, wo er doch eigentlich der Beste war, sondern auch, warum es ihm so schwer fiel. Ragnar sah Mitleidlos und Ausdruckslos auf ihn herab, als er da lag, stoßweise atmete und dunkles Blut durch sein Hemd drückte.