Schicksal oder Zufall?

Jin sah den Spieß in Raze stecken und doch kämpfte er. Für ihn... Er hatte mühe, sich irgendwie auf den Beinen zu halten, aber dann biss er die Zähne zusammen. Er lief auf die Kämpfenden zu und Charundax rief: „Bitte... bleibt weg... von ihnen!“ Jin jedoch hörte gar nicht auf ihn und schließlich schlug die Elfin bei einem Rückwärtssalto, wo sie in der Hocke landete auf den Boden und etliche Schwarze Speere, spießten Raze auf, der Herzzerreißend schrie, aber schon wieder dabei war, die Speere zu zerbrechen, um wieder anzugreifen. Die Frau sah auf und Jin hatte den Dolch gezückt. Eben wollte er zustoßen, als sie sich umdrehte und ihn ansah. Im selben Moment erstarrte Jin und dann fiel sein Dolch klirrend zu Boden. Die Dame hatte ein paar hiebe eingesteckt und nun wo Jin die Frau so anstarrte und sie ihn, befreite sich Raze endlich. Er schlug erneut nach ihr und Jin sprang ihm entgegen. „Nein!“, doch Raze konnte nicht mehr anhalten und die Pranke traf auf eine Art Nebel, wobei sie sich direkt ins nichts aufzulösen schien. Raze sah dem ganzen ungläubig zu und dann sprang er zurück. Durch den Schwung fiel er auf den Allerwertesten. Blut schoss aus seinem Unterarm und die Frau würdigte ihn nicht mal mehr eines Blickes, sondern sah nur Jin an.
Sie streckte die Hand nach ihm aus und Jin sagte: „Lass... sie leben.“ Sie ließ die Hand langsam sinken und der Nebel verschwand wieder. „Nur wenn du mit mir kommst...“ Jin ließ den Kopf sinken. „Sie wird sterben, wenn sie kein Licht sieht...“
„Das liegt einzig und alleine an dir.“ Jin sah wieder auf und die Frau öffnete ein Portal. Jin sah zu Raze und sagte: „Zieh dich zurück!“
„Ich schwor dich zu schützen, ich...“
„Ich entlasse dich!“, energisch. Selbst wenn Raze unsterblich war, würde er in seine molekularen Einzelteile zerlegt werden, würde er sicherlich nicht mehr zurückkehren oder? Jin sah zu Charundax und Lilly und sein Blick sagte nihcts. Er sah völlig ausdruckslos aus.

Diese Frau ... Sie hatte Raze einfach so an die Wand genagelt. Wo hatte sie nur solche Macht her? Das war unheimlich. Raze riss sich los und dann ... es geschah so viel und so schnell. Lilly drängte Sera an die wand, damit sie nicht noch in die Quere kam. Jin wollte sie töten, doch dann ... Er erstarrte regelrecht, ließ seinen Dolch fallen, während Raze sich erneut aus etlichen Speeren befreien wollte. Jin sollte mit ihr gehen? Lilly sah sie groß an. Das konnte nicht ihr ernst sein. Dieses Weib hatte Aideen und er musste ihr folgen, weil niemand dieser Frau gewachsen war? Er entließ sogar Raze? nachdem sie durch das Portal gegangen waren, sah Lilly zu Charundax.
"Wer ist sie?"
Dann sah sie zu Raze.
"Er hat dich sicher beschützen wollen. Wenn wir ihn wieder haben, wirst du ihn ganz sicher wieder beschützen dürfen. Aber erst einmal sollten wir sehen, wer sie war und wohin sie Aideen und ihn gebracht hat und du solltest dich erst mal behandeln lassen und ausruhen, ehe du uns noch weg stirbst."
Nur wie sollten sie das raus finden? Erst mal brauchte Raze Hilfe. Lilly sah die Beiden Wächter an und meinte:
"Wartet hier. Ich hole Hilfe."
Ari wäre bestimm saumäßig wütend, wenn sie sie nicht gleich benachrichtigte, also war sie die Erste, die sie auf suchte. Cana und sie saßen zufällig gerade im Gemeinschaftsraum.
"Ihr müsst sofort mit kommen und packt eure Heilersachen mit ein! Beeilt euch!"
Unterwegs zurück erklärte sie, was geschehen war. Ari war so geschockt, das sie einfach blindlings in den Raum rannte und Raze anstarrte. Augenblicklich füllten sich ihre Augen mit Tränen. Warum musste er immer noch so leiden, wo er doch endlich frei war? Wahrscheinlich war schon einiges wieder verheilt, aber sein Arm .... wo war der?

Karadin kam an, als Lilly schon weg war. Ihm wurde schlecht. Er hockte sich zu Charundax: „Was ist passiert? W ist er?“ Der treue Leibwächter sah auf und sagte: „Sie.. hat ihn geholt.“ „Wer?“
„Die Königin.“ „Das ist unmöglich! Ich habe sie selbst konserviert!“ „Nicht diese...“ Karadin wurde blass, obwohl er fast schwarz war und es sah ziemlich ungewöhnlich aus. „Was... sagst du... da?“ Raze versuchte irgendwie bei Sinnen zu bleiben und versuchte zu begreifen, was die zwei da von sich gaben. Etwas später kamen nun auch die anderen.

Cana und Luxia sahen auf, als Lilly zurück kam. Sie erklärte sofort, was geschehen war und Luxia erschrak heftig. Nun war nicht nur Aideen sondern auch Jin verschwunden?! Wie sollten sie sie jemals finden? Und wer steckte hinter all dem? Sie war ratlos und sehr aufgewühlt. Auch kane war schockiert und kam einfach mit. Unten angekommen sahen sie das Unglück gleich. Armer Raze! Cana wollte sich sofort um ihn kümmern, aber Ari war bereits bei ihm und so entschied sie sich für Charundax, der auch oderntlich eingesteckt zu haben schien. „Euer Arm ist gebrochen, ich muss ihn richten.“, sagte sie. Charundax lehnte an der Wand. „Wozu? Es ist... doch sowieso vorbei...“ Karadin sah zornig aus und Charundax so ,als habe er aufgegeben.
„Seid nicht so ein Idiot! Jin ist noch überall wieder heil raus gekommen! Er wird zurück kehren und WIR suchen ihn auch!“ Karadin musterte das Mädchen. „Wir müssen eine Krisensitzung einberufen.“ Charundax nickte. „Und so lange diese Frau auf freiem Fuß ist, wird ihr Schutz an oberster Stelle stehen.“ Er deutete dabei auf die Anwesenden.

Jin lief vor der Frau her und fragte irgendwann: „Niemand wird dir folgen.“ „Das mag sein, aber DIR werden sie ganz sicher folgen und mit meinem Ass im Ärmel, wirst du auch tun, was ich möchte, nicht wahr? Wir wollen ja nicht, dass noch jemand umkommt.“
„Du weißt nicht, was du da tust...“
„Oh, Aphion... schon vor 150 Jahren, wusste ich was ich tue. Denkst du wirklich, dass dein Attentat nicht vorhergesehen war? Ich bin ja fast enttäuscht.“ Jin schwieg. Er musste sich erst Mal sammeln. Er war vollkommen durch den Wind und wusste nicht, was er glauben sollte. War diese Frau dort wirklich wer sie vorgab zu sein? War diese Elfe wirklich seine Mutter? Jin brannten die Tränen in den Augen. Trotz allem, hatte er sie immer geliebt. „Wieso jetzt?“
„Weil du jetzt erst zurückgekehrt bist...“ Jin senkte den Blick und sie sagte: „Rein da.“ Jin gehorchte und ging in einen Raum. „Ach Aphion. Guck doch nicht so traurig. Wir werden viel Spaß haben. Es wird mir ein wahres Fest sein... Dein Verrat wird eine angemessene Bestrafung verlangen...“

Und so liefen die vier Damen zurück zu Raze, Charundax und Karadin. Ari war sofort bei Raze. Sie sah ihn sehr sehr besorgt an. Sein Arm fehlte. Ob der nachwachsen würde? Selbst wenn nichts, änderte es nichts an ihren Gefühlen zu dem Halbdämon. Viel tun konnte sie für ihn nicht, aber seine Wunden heilten für gewöhnlich wirklich sehr schnell, nur wirkte Raze gerade eher, wie ein Sieb. Sie kniete bei ihm, nahm ihn in die Arme und achtete gar nicht darauf, ob sein Blut an ihr klebte.
"Das wird wieder, oder? Du wirst wieder gesund. Ich bin bei dir und werde dich beschützen."
Zumindest so weit sie es konnte.

Lilly fühlte sich überflüssig. Was konnte sie hier schon tun? Wenn es was zu heilen gab, hatte sie sich selbst behandeln müssen. Nein, hier konnte sie nichts tun. Sie würde also nur da sein, bereit zu helfen und zu reden, wenn es denn jemand wollte. Zu was taugte sie hier schon sonst?

Raze sah sein Lämmchen an und als sie sich so an ihn schmiegte legte er seine eine Hand auf ihren Rücken. Er hatte so etwas noch nie gesehen. Dieser Nebel, hatte die Frau unverwundbar gemacht. Alles was sie berührte würde zu Staub zerfallen... wie konnte man so jemanden besiegen? Ari fragte nach seinem Befinden und dann sagte sie, sie würde ihn beschützen. Er musterte sie und sagte: „Nein... Du musst dich von dieser Frau fernhalten.“ Er blickte auf seinen abgetrennten Arm und sagte dann: „Sie ist sehr gefährlich.“ Er ließ den Arm wieder sinken. Karadin fragte sich ob der Dämon kein Schmerzempfinden hatte, denn er gab keinen Mucks von sich und er tat gar nicht so als ob. Allerdings hatte sich ein dünner Schweißfilm auf seiner Haut gebildet, der von den enormen Schmerzen zeugte, die er haben musste. „Das wächst nach.“, sagte er leichthin und legte seine Hand auf ihren Scheitel. Seine Wunden bluteten schon nicht mehr.

Cana kümmerte sich um Charundax, dem sie versuchte den Arm zu richten, aber sie hatte kaum Kraft und so half Karadin nach. Ja... auch er hatte schon den ein oder anderen Knochen richten müssen. Jetzt jedenfalls stieß er einen ziemlich lauten Pfiff aus und nach einigen Augenblicken kamen seine Spione hervor. Es waren sechs Stück.
„Ihr Achtet zusammen mit je einer Gardewache auf die Gäste des Königs.“, legte er fest und deutete auf sechs von ihnen. Dann wendete er sich an noch zwei. „Und ihr holt Die Botschafterin und ihren Gefährten.“ Sie verschwanden wieder. Dann sah er zu Charundax. „Die Führungsebene ist unterwandert und der König fort. Kriesensitzung. Jetzt!“

Und so geschah es. Dieses Mal waren alle Freunde Jins dabei und Raze war in Verbände gewickelt. Mythal hatte darauf bestanden, damit er nicht alles voll schmierte, nachdem er mehrfach versichert hatte, keine zu brauchen. Letztlich gab er sich geschlagen und Ari durfte ihn verbinden. Nun saßen alle beisammen. Der „Große Rat“ bestand aus Elariel, Valas, Cana, Luxia, Ari, Raze, Lilly und ihre Freundin Sera, Karadin, Charundax, Mythal, Lysanan und Xandris. Vier Stühle waren frei. Jin, Aideen, Xaradas und Varaxxis fehlten.
„Der König ist fort. Und um es gleich ganz deutlich zu sagen. Die Person, mit der wir es zu tun haben, ist niemand geringeres als seine Mutter, die einstige Königin. Der Blutnebel-Zauber ist unumstößlich ihr Werk.“ Er deutete auf Raze. „Sie ist die mächtigste dunkelelfische Magierin, die jemals das Licht der Welt erblickt hat. Sie ist an List und Tücke nicht zu übertreffen und jeder Zug von uns wird mindestens drei Antworten von ihr haben.“ Karadin hielt inne und senkte den Blick. „Was sollen wir tun?“, fragte Luxia nun schockiert und besorgt. „Ich weiß es nicht...“

Ari musste Raze versprechen, sich von der Frau fern zu halten, was sie zweifellos tun würde, solange sie Raze nicht noch einmal bedrohte. K aradin übernahm das Kommando, was scheinbar niemanden störte. Elariel und Valas wurden zurück geholt und die Krisensitzung konnte, nachdem Elariel laut, deutlich und wirklich wütend in ihrer Sprache herumgeflucht hatte, beginnen. Vier Stühle frei ... Zwei der fehlenden waren nicht bei Bewusstsein, Aideen verschleppt und Jin ... Nun er war mit dieser Hexe verschwunden. Karadin hatte Wachen eingeteilt, die auf alle hier aufpassen sollten. Wenn diese Frau seine Mutter war, durfte sie auf keinen Fall heraus finden, wer Valas wirklich war. Sie würde ihn eben so verschleppen wie Aideen und er war nun wirklich nicht für das Leben hier unten geschaffen. Er glich eher einem Waldelfen, als einem Dunkelelfen.
"Die Frage ist, will sie die Krone? Will sie im Hintergrund regieren, damit Jin als Opferlamm dient, sollte was schief gehen? Und was viel wichtiger ist ... wie bekommen wir ihn zurück, ohne das sie jeden von uns eliminiert?"
Lilly hatte keine Antwort darauf. Sie saß da und überlegte, warum eine Mutter ihrem Kind so etwas an tun wollte.

Elariel stellte die selbe Frage, wie Luxia und noch immer hatte niemand eine Antwort darauf. Karadin sah sie an und sagte nun noch mal mit Nachdruck: „Ich weiß es nicht!“ Mythal blieb still und Xandris hatte den Blick gesenkt. Lysa stieß ihm in die Seite. Stimmte ja, auch ER war ein Sohn dieser Frau. „Sie hatte sich immer vor ihrem bleichen Sohn gefürchtet und davor, dass er ihr die Krone entreißen würde. Ich kann mir Rache vorstellen. Oder sie will ihn als Gesicht, um im Hintergrund die Fäden zu ziehen.“
Xandris erhob sich und konnte das alles nicht glauben. „Ich habe es gesehen. Ich habe gesehen, wie mein großer Bruder sie umgebracht hat, es ist unmöglich!“ „Das Blutnebelschild spricht für sich, Xandris.“
„Das Blutnebelschild mag eine schier unfassbar mächtige Waffe sein, aber vielleicht hat meine Mutter, es jemandem beigebracht!“ Kurz herrschte Schweigen. „Wenn es wirklich stimmt. Wenn sie aus irgendeinem Grund doch unsere Mutter ist...“ Er schwieg erneut. Was sollten sie dann nur tun? „Dann gnaden uns die Götter...“
„Wenn wir es alleine nicht schaffen, dann müssen wir eben um Hilfe bitten!“, sagte Cana nun. Alle Augen richteten sich auf sie. Wen sollten sie fragen? Den Elfenkönig? Schon wieder? Würde er sich und die seinen dieser Gefahr aussetzen? Bestimmt, schließlcih wollte er frieden. Oder er würde einfach mit den Menschen ein Bündnis schmieden und die Dunkelelfen ein für alle Male von diesem Planeten tigen. Elariel kannte ihren König gut. Er war lange bereit für Verhandlungen, er war geduldig und ließ sich alles oft durch den Kopf gehen. Aber in seinen Augen hatte Jin nun schon zwei Mal „versagt“ Ob er ein drittes Mal hinnehmen würde, war mehr als fraglich. Selbst, wenn SIE ihn bat.
Sera saß neben dem Stuhl von Lilly und sie sagte leise zu ihr. „Und wenn wir Zeref fragen?“ Zwar fürchtete sie sich etwas vor ihm, aber er war doch eigentlich ganz nett gewesen.

Elariel sah die Anwesenden an. Keiner von ihnen, nicht einmal sie, könnte es mit dieser Frau auf nehmen.
"Nein ... Wir dürfen meinen König damit nicht belästigen. Er mag Jin, aber er hat schon zwei Mal versagt. Ich wage zu bezweifeln, das er ein drittes Mal durch gehen lässt. Er ist keine Option."
Bei aller Liebe zu allen hier nicht. Das konnte nicht gut gehen. Sie sah zu Xandris.
"Ja, aber vergessen wir nicht, sie hat uns alle gehörig hinters Licht geführt. Sie ist Trickreich und Listig. Vermutlich hat sie dieses Attentat überlebt, indem sie das selbe mit irgendeiner Dienerin tat, was sie mit Karadin und den Andren beiden getan hat. Sie musste nur wie eine Spinne im Hintergrund bleiben und abwarten, bis ihr ihre Beute ins Netz ging."

Lilly sah zu Sera.
"Welchen Grund hätte er denn, uns zu helfen? Er hat uns weg geschickt und er wollte uns nicht bei sich haben. Wie sollen wir ihn denn überhaupt erreichen? Nein Sera. Ich glaube nicht, das Zeref uns hilft."

Sera sah Lilly an. „Man, er hat uns weggeschickt, damit er uns nicht aus Versehen umbringt. Ist dir das echt nicht aufgefallen?“ Sie sah Lilly an, als abe sie nicht alle Latten am Zaun. „Offenbar liegt ihm was an uns.“ Wie sie ihn kontaktieren sollten, wusste sie allerdings auch nicht.

Xandris schüttelte leicht den Kopf. „Das glaube ich nicht. Warum hätte sie das so tun sollen, wie du sagst? Wenn sie den Angriff hat kommen sehen, wenn sie wirklich nicht selbst getötet worden ist, warum hätte sie Aphion davon kommen lassen sollen? Das ergibt keinen Sinn, wenn sie SO darauf vorbereitet war, dann wäre es doch wohl ein leichtes gewesen, ihn zu töten, anstatt 150 Jahre im Schatten zu warten.“ Karadin nickte. Das ergab keinen Sinn. Mythal erhob nun das Wort. „Es ist egal, ob sie es wirklich ist. Fakt ist, dass wir so wie wir jetzt sind, nicht gegen sie ankommen. Niemand weiß, ob sie nicht vielelciht auch längst Spione hier im großen Rat hat. Jin war der einzige, der die Zeichen kannte und sie jetzt neu auszusuchen würde keinen Sinn ergeben. Wir haben keine andere Wahl, als zu verhandeln. Irgendwann wird sie Forderungen hervor bringen.“
„Aber bis dahin ist Aideen sicher schon längst gestorben!“, sagte Luxia nun energisch. „Und Jin wird sie schlimmeres als den Tod angetan haben. Wir müssen sie so schnell es geht finden!“
„Wie?!“, fragte Karadin nun aber. „Wie sollen wir sie finden?! Eher noch schicken wir uns selbst in eine von ihr gelegte Falle. Ich bin sicher auch Varaxxis und Xaradas sind ihr so ins Netzt gegangen!“

Lilly konnte den Blick nicht von Sera nehmen.
"Was? Aber er ... er wollte uns nicht mit sich nehmen. Warum sollte er ... Ach ich weiß auch nicht. Er war nett ... ja, aber er hat keinen Grund uns zu helfen. Sonst wäre er doch hier."
Es betrübte Lilly, die sonst eigentlich immer recht fröhlich wirkte. Sie konnte Zeref nicht vergessen. Er tat ihr leid. Ihre Illusionen waren so dürftig und doch hatte er sich so sehr gefreut. Lilly versank völlig in den Gedanken an Zeref.

Elariel sah wieder auf. Ari hatte nichts dazu gesagt. Sie kannte sich wohl auch am wenigsten mit dem ganzen Aus. Was sollte sie dazu schon sagen?
"Und wenn sie keine Forderungen stellt? Was hat sie zu ihm gesagt, als sie ihn mit nahm? Er wäre doch nie ohne Gegenwehr mit ihr gegangen. Was hat sie zu ihm gesagt?"
Sie konnten sicher noch ewig hier herum raten, doch besser machen würde es das auch nicht.

Raze meldete sich nun zu Wort: „Sie hat nur gesagt, dass sie reden will und dass Aideen ihr Druckmittel sei. Da war Jin noch nicht bei Bewusstsein. Später hat sie ihm aber auch noch selbst gesagt, dass er brav sein solle, ehe Aideen was zustoßen würde. Deshalb ist er auch mitgegangen.“ Karadin sagte daraufhin: „Es ist egal, warum sie ihn haben wollte, ohne Hilfe, werden wir ihn niemals finden und seine Verlobte ebenso wenig.“
Sera sah Lilly an und schüttelte den Kopf. „Natürlich hat er uns nicht mitgenommen. Ich sagte doch, dass er uns nicht töten wollte.“ Und warum er nicht hier war, lag doch wohl auf der Hand. Er konnte das doch alles gar nicht wissen oder? „Vielleicht ist er noch in der Bibliothek.“

Jin wurde fest gekettet. Seine Handgelenke wurden an eine Stange gekettet, die in der Luft an schweren Ketten hing und seine Füße wurden am Boden fest gekettet. „Ich will sie sehen.“
„Du bist nicht in der Position, Forderungen zu stellen.“ Jin senkte den Blick. „Ich will sie dennoch sehen.“ Sie gab ein zynisches Lachen von sich und Jin sah sie wieder an. „Bitte.“

Aideen hörte den Vermummten wieder kommen. Er brachte ihr ein Brot, aber anstatt sie essen zu lassen, löste er die Ketten ihrer Füße. Dann legte er ihr separate magische Handfesseln an und löste auch ihre Handfesseln, die in die Wand ragten. Er nahm sie am Arm und zog sie aus der Zelle. Er war nicht grob, aber nachdrücklich. Dann liefen sie durch die Dunkelheit. Aideen konnte nichts sehen, aber er führte sie sicher durch die Gänge. Schließlich erreichten sie eine Tür. Dort war der Raum durch Pilze in Licht getaucht. Nicht jedoch das schöne bläuliche Licht strahlte hervor, sondern diese Pilze waren Orange und vermittelten beinahe schon Gefahr. Aideen sah ihren Liebsten, wie er gefangen war. Noch hatte man ihm wohl nichts angetan, aber man hatte ihm bereits das Oberteil ausgezogen. Auch Stiefel trug er keine. Er sah Aideen an und ihm stand der Schock im Gesicht geschrieben. „Aideen..." haucht er.

Elariel senkte betrübt den Blick. Guter Rat, war jetzt wirklich sehr teuer. Wer sollte ihnen nun helfen? Elariel wagte sogar zu bezweifeln, das Luthien gegen diese Frau an kam.
"Ich weiß nicht weiter,"
gab sie zerknirscht zu.
"Mit eurer Magie bin ich nicht vertraut ... Sie würde uns alle nach und nach ausschalten. Wir müssen also tatsächlich warten, bis sie uns sagt, was sie will."

Lilly hatte den Blick von Sera nicht abgewandt.
"Warum sollte er dort noch sein? Er hat doch gesagt, das er gehen muss. Deshalb habe ich ihn ja auch gefragt, ob er uns mit sich nimmt."
Sera war ihre beste Freundin. Sie war immer da und gab ihr Ratschläge, die sie oft nicht befolgte, doch in dieser Situation, fühlte sie sich vollkommen hilflos.

Aideen sah den Vermummten rein kommen. Er löste die Fesseln, legte aber im selben Zug andere an. Dann zog er sie mit sich. Sie verstand nicht, was hier los war. Warum sollte sie denn nun unbekleidet durch die Dunkelheit? Sie war müde und das fehlende Sonnenlicht machte sich langsam immer mehr bemerkbar. Schließlich kamen sie irgendwann an einem Raum an. Der Vermummte öffnete die Tür und schob Aideen hinein. Sie sah Jin da hängen. Augenblicklich schossen ihr Tränen in die Augen. Sie wollte zu ihm, wollte ihn befreien, wollte sich befreien, aber sie würde das niemals schaffen. Denn noch versuchte sie zu ihm zu eilen.

Sera schürzte die Lippen und verschränkte die Arme. Sie würde es nicht in die Runde sagen können. Lilly und sie wussten nicht, dass Jin schon einmal vom Scharlachroten gerettet wurde. Gleichzeitig aber auch verdammt. Sie konnten wohl nichts tun und solange Lilly nichts sagte, würde es nicht gehen.
Valas sagte: „Wer auch immer sie ist, sie wird das Königreich zurück in den Untergang führen. Auch wenn sie nur die Spinne im Hintergrund ist.“ Xandris nickte bedächtig und dann schien es ihm, wie Schuppen von den Augen zu fallen. „Spinne...“, sagte er nur. Alle schauten ihn entgeistert an. „Spinne!“, sagte er noch einmal und Karadin fragte: „Was ist?“
„Die große Spinne! Die Königin! Sie wird uns helfen!“ „Hast du Vitriol gesoffen?“, fragte Karadin unzufrieden. „Nein! Sie hat ihn schon einmal verschohnt!“
„Jeder kennt die Geschihcte, dass sie ihn als Baby nicht getötet hat, aber das heißt nichts und außerdem heißt das nicht, dass sie ihm hilft.“
„Das meine ich nicht. Als er das letzte Mal hier war, haben er und Aideen ihr Nest gereinigt und ihre Nachkommen gerettet. Sie ist ihnen Dankbar und sie wird helfen!“ Alle schienen erst Mal sprachlos Xandris stand auf. „Zumindest kann sie ihn vielleicht aufspüren!“ Karadin schüttelte leicht den Kopf. „Selbst WENN, wer sollte zu ihr? Sie würde jeden von uns sofort töten.“
„Ich gehe.“, sagte Xandris und Luxia meinte: „Und ich komme mit. Wir waren beide dabei!“ Nun... vielleicht war das eine Option?

Jin realisierte, dass sie ihm helfen wollte und er rief ihr entgegen: „NICHT!“ Der Vermummte streckte die Hand nach ihr aus, aber sie war zu schnell los gerannt. Doch kurz blieb sie nun stehen und er fing sie wieder ein. Die Frau sagte: „Da ist sie. Offenbar noch lange nicht tot. Schaff sie wieder weg!“ Aideen wollte aber scheinbar nicht. Sie wehrte sich und der Dunkelelf hatte zu tun, sie zu halten. Sie versuchte sich aus seinem Griff zu winden und er fasste mit der anderen Hand nach, dann hörte Aideen ein sehr vertrautes Geräusch – eine Klinge, die durch Fleisch ging. Die Dame hatte Jins Brust mit einem Dolch von links nach rechts aufgeschnitten und Blut spritzte auf den Boden. „Soll ich ihn etwa töten, ehe du gehorchst?“ Die Wunde war nicht lebensbedrohlich aber ganz sicher schmerzhaft und sehr präziese. Außerdem schien die Klinge sehr scharf zu sein.

Lilly sah in die Runde ... Aber wie sollten SIE den Scharlachroten holen? Lilly hatte ja keine Ahnung, das er gegen sie ankämpfte. Als Xandris dann aber von der Spinne sprach, sah sie ihn verdattert an.
"Wie soll ein so kleines Wesen uns denn helfen? Dawäre es wohl wahrscheinlicher, wir versuchen Zeref irgendwie zu kontaktieren. Er ist stark und niemand kommt gegen ihn an." ~Und ich würde ihn so gern wieder sehen.~
Sera hatte recht. Zeref war der Einzige, der ihnen hier helfen konnte.

Elariel sah zu Lilly und Xandras. Beide hatten eine Idee. Elariel hatte von der Spinnenkönigin gehört. Sie musste sehr mächtig sein.
"Spinnenkönigin, Zeref ... Die Spinnenkönigin könnte dabei eben so drauf gehen, wie wir alle. Zeref wäre der Einzige, der es schafft, aber mit ihm stehen wir leider nicht so gut. Außerdem ... hat er die ketten geschaffen und will nicht, das sie gesprengt werden. Er ist der Herr der Finsternis und der Lügen."
Lilly sprang auf.
"DAS IST ER NICHT! Ihr alle kennt ihn doch gar nicht! Ich habe ihn getroffen und er war wirklich lieb. Er leidet ... aber niemand sieht es. Zeref ist nicht so, wie alle es immer sagen,"
verteidigte Lilly ihn nun. Elariel sah ihr deutlich an, das sie wirklich glaubte, was sie da sagte, aber Elariel und die Anderen hatten ihn schließlich anders erlebt.

Aideen wollte zu Jin. Sie wollte bei ihm sein, ihn halten, doch er rief laut, sie solle nicht kommen. Aideen blieb stehen. Sie sah ihn verwirrt an, begriff dann aber, das diese Frau da, nichts gutes im Schilde führte. Der Vermummte packte sie und wollte sie weg ziehen, doch Aideen ließ es sich nicht gefallen. Sie wollte zu Jin. Sie wehrte sich so lange, bis sie das Geräusch einer Klinge die durch Fleisch schnitt hörte. Sie sah zu Jin auf, dem eben über die Brust geschnitten wurde. Aideen schrie kurz auf. Tränen liefen ihre Wange herunter und schließlich gab sie auf. Sie würde niemals zulassen, das man ihm ihretwegen etwas an tat. Sehnsüchtig und verzweifelt sah sie noch einmal zu ihm, als sie hinaus gebracht wurde.

Raze sah Lilly an, die total drauf ansprang, was Elariel erzählte und dann sagte er: „Ja, er war ein echtes Herzchen.“ Luxia sagte darauf hin. „Er ist unser Feind!“ Cana meinte darauf hin. „Aber er hat traurig ausgesehen.“ Valas schüttelte leicht den Kopf. „Elariel hat Recht, er hat Jin geheilt, nur um ihn wieder zu verfluchen. Wie könnten wir ihm vertrauen, wo er uns sogar zugesagt hat, uns zu bekämpfen?“
Karadin sah stumpf zu. Eben so, wie die anderen in der Runde. Schließlich fragte er: „Zeref? Der Scharlachrote König? IHR habt IHN getroffen?“ Lysanan sah nicht weniger überrascht aus und sah zu Valas, der sich am Hinterkopf kratzte. „Ach so... äh ja. Das ist eine lange Geschichte.“ Besser nicht zu viel dazu sagen.

Ihr einzelner Schrei ließ ihn solchen Schmerz spüren, dass der Schnitt nichts dagegen war... Er sah zu ihr und seine Augen spiegelten deutlich Angst wieder. Er hatte sie zwar nun gesehen, aber... das zerstörte seine Hoffnung nur noch mehr. Jetzt würde er sich retten lassen müssen... Er, der immer all seine Freunde beschützt hatte, war hilfloser als ein Baby, weil seine Mutter die ihm wichtigste Person hatte. Er sah auf seine Brust und der Vermummte brachte Aideen heraus. Sie hatte nur eine Decke angehabt und Jins Augen brannten. „Lass... sie frei...“ Sie sah ihn an. „Aber dann wäre mein schönes Druckmittel weg. „Ich schwöre es... bei allem, was mir heilig ist, bei allen Göttern und meinem Leben, ich tue, was du verlangst, solange du sie nur gehen lässt!“
„Und wo bliebe dann der Spaß?“ Jin sah sie an. Solche Verzweiflung hatte sie noch nie gesehen. Jin flehte sie an. „Bitte...“ Sie scheuerte ihm eine und sagte: „Ich werde so viel Spaß haben...“ Jin flehte erneut und sie schlug ihm in den Bauch. „Halt den Rand!“

Aideen wurde in ihre Zelle gebracht, wo der Mann sie wieder ankettete. Er sagte irgendwann: „So lange du dich fügst und nicht stirbst, wird er weniger leiden.“ Er hatte den Blick wie immer gesenkt. Er wollte gehen, blieb aber noch mal stehen. Er sagte: „Ich werde... versuchen, ihren Blutdurst zu zügeln...“ Er sah über die Schultern. Seine Augen... Aideen wusste nicht wieso, aber sie kamen ihr vertraut vor und ehrlich.

Elariel musterte Lilly. Warum verteidigte sie ihn so sehr? Sie hatte ihn doch nur kurz ... oder war es einfach die Tatsache, das er die erste Person war, die sie nach so langer Zeit gesehen und gesprochen hatte? Es tat Elariel fast leid, das Lilly so naiv war zu glauben, der Scharlachrote könnte überhaupt irgendwas für irgend wen übrig haben. Lilly wandte sich an Cana.
"Das ist er ja auch. Ich habe alles über ihn gelesen  ... jedes Buch, jeden Bericht ... und ich sage euch, er ist nicht so."
Lilly sah auf den Boden. gegen die Leute hier an zu reden, brachte ohnehin nichts. Sie hatten sich ihre Meinung bereits gebildet und vertraten sie Felsenfest.
Elariel stand auf.
"Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber Lilly hat recht. Der Scharlachrote ist der Einzige, der es mit der Frau aufnehmen kann. Wir sollten beides versuchen. Sowohl Zeref, als auch die Spinne."
Lilly war wirklich überrascht.
"Aber wie sollen wir ihn erreichen?"

Aideen wurde wieder weg gebracht. Sie hockte wieder auf dem Boden, wurde angekettet und sah zu dem Vermummten auf. Ja, er kam ihr vertraut vor. Jin war da ... aber er würde sie nicht retten können und sie ihn vermutlich auch nicht. Wie auch? Der vermummte wollte den Blutdurst der Frau im Zaum halten? Aideen sah ihn flehend an. Sie würde tun, was man ihr sagte, aber das ssie nicht sterben würde ... dafür würde sie keine Garantie geben.

Luxia konnte nicht glauben, was Elariel da sagte. Sie sah sie erschrocken an. „Nein! Selbst wenn er uns hilft, wird er eine schreckliche Gegenleistung verlangen! Auf keinen Fall!“ Als würde diese Entscheidung bei ihr liegen. Valas sagte: „Wir werden auf jeden Fall nach der Spinne suchen.“ Xandris nickte. Valas sah zu Elariel. Sollte sie versuchen zu Zeref durchzudringen. Wie auch immer. Vielleicht wussten gerade die Dunkelefen welche Rituale. Shax'isis, wäre vielleicht eine gute Quelle.
„Und zwar jetzt.“
Karadin sagte: „Moment mal. Das ist unser Plan? Eine Spinnenkönigin und der Gott der Zerstörung, der Lügen und des Wahnsinns?“ Er sah zu Lilly. Er konnte immer noch nicht glauben, dass sie ihn wirklich getroffen haben könnte und er würde es auch erst glauben, wenn er es selbst sah. Valas sagte nun mit erhabener Haltung, als er sich erhob. „Ja, Karadin. DAS ist unser Plan.“ Dieser sah ihn einen Moment fast erschrocken an und dann senkte er den Blick. „Also... gut.“ Er setzte sich wieder und dann sagte er: „Und... was machen wir so lange?“
„Die Ordnung aufrecht erhalten.“ Erneut sah Karadin auf und Mythal nickte. Lysa war stolz auf ihren Sohn. Er würde mit ein wenig Übung sicher auch ein guter Befehlshaber werden. Das lag wohl im Blut der Königinnenfamilie.

Aideen wurde wieder alleingelassen, nur die Spinne kam wieder hervor und krabbelte auf Aideens Schulter. Sie stemmte ein Bein gegen ihre Wange, als wüsste sie genau, wie schlimm es Aideen gerade ging. Sie wusste ja nicht Mal, was sie Jin antaten, aber so wie ihr Kerkermeister es eben gesagt hatte, würde er nichts zu lachen haben. Bisher hatte sie ihn noch nicht schreien gehört, aber das hieß bei ihm ja bekanntlich nichts.

Valas, Xandris und Luxia machten sich also auf zur Spinnenkönigin. Ari und Cana wussten nicht so wirklich, was sie tun sollten und Raze war noch verletzt. Karadin hatte beschlossen Elariel zu begleiten und Lilly war auch mit von der Partie. Sera tappste hinter ihr her.

Alle Beteiligten machten sich nun also auf den Weg, ihre Aufgaben zu erfüllen. Elariel hatte mit Stolz zu gesehen, wie Valas sich nun doch erhaben zeigte. Er würde seinen Vater würdig vertreten können, sollte es wirklich zum Äußersten kommen, was niemand hoffte. Shax'isis war in einer Zelle. Sie wäre die erste Anlaufstelle, um Zeref um Hilfe zu bitten, wobei sie nicht glaubte, das er auch nur einen Finger für sie krumm machen würde. Denn noch ... Sie mussten es wenigstens versuchen. Lilly stand dem ganzen optimistisch gegenüber und so kamen sie schließlich bei Shax'isis an.
"Shax'isis. Ich komme gleich auf den Punkt. Der König wurde verschleppt, so wie es aus sieht von seiner Mutter selbst und wir brauchen dringend Hilfe dabei, ihn zu retten. Sie hat auch Aideen. Kannst du uns sagen, wie wir den .... scharlachroten ... König ... bitten können?"
Es war deutlich zu merken, das Elariel nicht so erbaut davon war, aber Lilly strahlte Shax'isis regelrecht an.

Aideen hob einen Finger und berührte die kleine Spinne ganz sacht. Sie konnte die Elfe nicht trösten, egal, wie sehr sie es versuchte, aber Aideen wusste diese Geste durchaus zu schätzen. Was würde sie darum geben, keine fesseln zu tragen. Wider betete sie zu den Geistern und bat sie um Hilfe und Schutz für Jin und ihre Freunde. Irgendwann würde der Tag kommen, an dem sie Jin retten würde und sie würde sich nicht zurück halten, egal wer der Gegner wäre.

Shax'isis wartete in ihrer Zelle. Als Elariel herbei kam, stand sie auf und sah sie erwartungsvoll an. Doch es kam anders. Nicht der Feind war gefasst, sondern der König. Echte Bestürzung zeigte sich auf ihrem Gesicht. Sie schüttelte leicht den Kopf und dann kam Elariel schon mit dem nächsten Hammerschlag um die Ecke.
„Den... Scharlachroten...? Wie kommt ihr darauf, dass ich wüsste, wie man ihn kontaktiert?“ Karadin verschränkte die Arme und sagte: „Könnt ihr es oder nicht?“ Sie sah zu ihm herüber und fragte: „Warum so grob?“
„Wir haben keine Zeit. Gibt es einen Weg?“ Er glaubte es erst, wenn er es sah. Shax'isis verschränkte die Arme und dachte einen Moment nach. Die Wachen, die hier herum standen schienen alles genau zu beobachten. Es hatte sie scheinbar ziemlich getroffen, dass der König verschwunden war. Dann sah sie auf. „Ich denke.... es gibt eine Möglichkeit zumindest einen seiner Diener herbeizurufen, aber... dazu brauche ich das Blut einer verderbten Kreatur. Und das zu bekommen, dürfte schwer werden.“ Hatte Ari nicht mit diesem Blut herum experimentiert?

Elariel hatte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Es gefiel ihr nicht, den Scharlachroten zu kontaktieren. Leider wusste sie nicht, wie sie sonst Jins und Aideens Leben retten könnten. Luthien vertraute ihr, aber konnte sie sich selbst in diesem Punkt vertrauen? Vielleicht sollten sie doch erst einmal die Spinne wüten lassen? Wenn sie ihre Brut mit schleppte ... Lillys Gesichtsausdruck war wieder etwas trauriger. Sie hatte wohl sehr gehofft, Zeref zu sehen. Elariel durchdachte das Ganze noch einmal.
"Ich .... ich bin mir nicht sicher, ob wir das wirklich tun sollen."
sie betrachtete die alte Dunkelelfin.
"Der Scharlachrote hat Jin gezeichnet. Was wird er dann wohl verlangen, wenn wir ihn um Hilfe bitten? Gerade deshalb, weil er mein Volk so sehr hasst und Aideen ... sie ist ...auch eine von unserem Volk. Ich kann mir nicht vorstellen, das er uns helfen würde."
Sie sah von einem zum Andren.
"Wenn ihr allerdings .... trotz allem versuchen wollt .... Ari hat mit verderbten Blut herumexperimentiert. Vielleicht hat sie noch etwas davon."

Shax'isis sah Elariel verwirrt an und auch Karadin sah zu ihr herüber, als verstünde er nicht, was sie da von sich gab. Shax'isis sagte schließlich: „Schätzchen... Ihr kamt mit der Bitte zu mir. Es war doch eure Entscheidung. Warum sollte ich mich freiwillig mit solch finsteren Ritualen beflecken.“ Nun sie würde nicht wirklich befleckt sein, nur in ihrem Geiste. Aber augenscheinlich hatte sie so etwas ja schon einmal getan. Karadin sah zu Elariel: „Was soll das? Ich dachte wir wären uns einig?“ Sera lehnte an einer Wand und dachte nach. Zeref würde Lilly vielleicht zuhören, aber einer seiner Diener? Sie sah dem ganzen zu.

Während dessen stiegen Valas, Xandris und Luxia immer tiefer hinab. Xandris wusste genau, wo sie hin müssten und er diente als guter Wegführer, denn der Abstieg war alles andere als ungefährlich. Luxia erinnerte sich noch gut, wie sie hier fast gestorben wäre und Jin sich wirklich heftig mit Aideen gestritten hatte... Aideen... Jin... ob sie nun wenigstens zusammen waren?“

Waren sie natürlich nicht. Jin hing da an den Ketten und war kaum Herr seiner Sinne. Seine Mutter hob eben sein Kinn an und sah ihm in die halb geöffneten Augen. „Wie...so tust... du das?“
„Was meinst du?“ Jin sah an sich herab. Seine Haut war von Striemen und Blutergüssen gezeichnet und sein Fleisch brannte von Tausendfüßlersekret. „Du meinst die Folter?“ Jin schloss die Augen. Sie schlug ihn erneut und sagte: „Sieh mich ruhig an, wenn ich schon mit dir rede.“ Er tat es. „Es hat einen sehr einfachen Grund: Vergeltung.“
„Aber... ich ver...stehe es... nicht...“
„DU hast MICH umgebracht und deinen Vater! Ich habe ihn so geliebt!“ Jin schüttelte leicht den Kopf. „Das... alles... ergibt keinen... Sinn...“ Frau Mutter hielt kurz inne und sah Jin an. Sie legte ihre Hand auf seine Wange und hob so sein unversehrtes Gesicht an. „Oh, Aphion... es ergibt Sinn, dein kleiner Verstand vermag es nur nicht zu erfassen. Du hast nur ein Double getötet.“ Jin schloss die Augen erneut und sagte: „Das... ist nicht wahr...“ Sie kratzte ihm über die Wange und Jin stöhnte leise. „Sei still oder ich schneide dir die Zunge heraus!“

Aideen hingegen war in ihrem dunklen Verlies. Sie wusste nicht, wie lange sie hier war, seit sie ihren Liebsten gesehen hatte, aber sie wusste zumindest, dass er nicht weit von ihr entfernt war und sie wusste auch, dass Jin noch nicht geschrien hatte. Vielleicht wurde er nicht gefoltert oder vielleicht schrie er ihr zu liebe nicht. Sie konnte es nur erahnen. Die Spinne krabbelte von ihr herunter und setzte sich erwartungsvoll vor sie.

Elariel sah von Shax'isis zu Karadin. Ja, sie waren sich einig gewesen, aber die Lage sah schlecht aus.
"Ich habe große Zweifel. Was wird er fordern? Wenn er Jin ohnehin schon gezeichnet hat ... was wird er dann als nächstes für seine Hilfe fordern? Ihn ganz? Ich bin mir noch nie so unsicher gewesen, was zu tun ist."
Nein, niemals war sie so unsicher gewesen. Abgesehen davon ... würden sie den Feind um Hilfe bitten. Wie sollten sie damit umgehen?
"Das ist eine Entscheidung, die ich nicht treffen kann."
Lilly war die ganz Zeit über dabei. Sie betrachtete Elariel und lächelte schließlich.
"Du musst keine Angst haben. Was man ihm nach sagt, stimmt nicht unbedingt. Er ist wirklich nett."
Auch Lilly war sich dessen bewusst, das sie kaum mit einem seiner Untertanen reden könnte. Er selbst würde bestimmt zu hören. Elariel sah sie verzweifelt an.
"Ich weiß nicht ... wir haben kaum andere Möglichkeiten, hm?"
Zaghaft reichte sie das Blut Shax'isis, ließ es nicht gleich los, sondern wartete noch einen Moment, ehe sie die Ampulle ab gab. Hatte sie wirklich das Richtige getan?

Aideen hockte in ihrem Kerker auf dem Boden. Sie betrachtete den Pilz und lauschte angestrengt in die Stille. Kein Schrei, kein Nichts. Wer wusste, was diese Frau ihm an tat. Wären sie doch nur nie hier her zurück gekommen. Die kleine Spinne saß nun vor ihr. Sie hatte Ähnlichkeit mit einem kleinen Hund, der auf einen befehl wartete. Aideen lächelte. Ihr Finger strich zärtlich über die kleine Spinne. Sie war gerade der wohl einzige Trost, den Aideen hatte. Blieb ihr nur zu hoffen, das Jin das ganze Martyrium überleben würde und sie zusammen fliehen könnten.

Elariel war immer noch unschlüssig und tat dies auch kund, aber scheinbar konnte Lilly ihre Zweifel ein wenig zerstreuen. Zaghaft nur und nicht wissen, ob es wirklich das richtige war streckte Elariel Shax'isis die Phiole mit dem Blut herüber. Einen Moment noch hielt sie sie fest, doch dann ließ sie sie los und Shax'isis nickte. Sie verkündete, dass sie Kohle und Kerzen bräuchte außerdem brauchte sie einen Dolch. Karadin sorgte für alles, aber den Dolch hielt er zurück. „Wofür?“ „Opferblut.“ Er nickte und fragte: „Ist unser Blut ausreichend?“ Sahx'isis lächelte. „Es ist sogar besser.“ Erneut nickte Karadin und gab ihr den Dolch. Dann mahlte sie irgendein Siegel auf den Boden und träufelte die schwarze Flüssigkeit auf den Boden. Anschließend ließ sie ihr eigenes Blut laufen und ging um den Kreis herum. Sie wiederholte immer wieder Worte in einer Sprache, die dem Dunkelelfischen ähnlich klang, aber doch kein Dunkelelfisch war. Woher wusste sie dieses Ritual einfach so aus dem Kopf? Irgendwann bildete sich ein feiner Kohlestaub vom Siegel ausgehend und erhob sich leicht. Der Staub verfestigte sich und im Kreis stand eine Kreatur. Sie schien einfach zu warten und die weißen Augen musterten Elariel, wie es schien, ehe Shax'isis in sein Sichtfeld trat. Die Kreatur war entstellt, aber nicht so gebückt und... wild, wie die Kreaturen, die sie bisher gesehen hatten. „Ich habe dich gerufen und mein Wille bindet dich an diesen Kreis.“ Die Kreatur sah auf den Boden und dann wieder auf. „Ihr, die ihr dem Meister dient, was ist euer Begehr?“ Shax'isis sah kurz zu Elariel und Lilly, konzentrierte sich dann aber wieder auf den Kreis. „Fragt ihn, was ihr wissen wollt, solange ich ihn binde.“

Nein, es gefiel Elariel gar nicht, das sie diese Kreatur herauf beschworen hatten. Fragen .. Welche Fragen sollten sie diesem sonderbaren Wesen nur stellen? Sie mussten richtig gestellt sein, nicht verworren.
"Wie gelangen wir zu Aphion und wie können wir die bezwingen, die ihn und Aideen entführt haben?"
Nun ob sie diese frage beantwortet bekämen, war fraglich, aber einen Versuch wäre es durchaus wert.
Lilly betrachtete die Kreatur ein wenig traurig. Sie tat ihr leid und sie verstand nicht, warum sie so schrecklich aus sah. Zeref konnte nicht so grausam sein, das er seinen Untergebenen solch ein Aussehen gab. Warum war er nicht selbst gekommen? Elariel wünschte sich indes, niemals das Blut her gegeben zu haben. Wer wusste denn schon, was die Folgen wären.

Die Kreatur wendete den Blick von der alten Dunkelelfin ab und sah nun zu Elariel, sie fragte nach Aphion und seinen Entführern. Die Kreatur grinste und sagte: „Er ist hier und doch ist er es nicht und bezwingen könnt ihr sie indem ihr sie tötet, ehe sie es bei euch tut.“ Sera war etwas eingeschüchtert von dem Wesen, aber dann sagte sie leise zu Lilly, vielleicht kann er seinen Herrn her rufen?
Karadin sah dem ganzen erst Mal zu. Er beobachtete die Kreatur und war bereit, sollte sie versuchen, sich zu befreien. Shax'isis hatte immer noch den Dolch bei sich und in ihren Augen sah man deutlich die Aufregung, dieses Wesen vor sich zu haben. Vielleicht eine Art Freude, wie leicht es gewesen war. Oder was anderes? Wer wusste es schon?