Aya Do Mai 24, 2018 9:13 am
Kajira folgte Drakon. Er schien nicht wütend zu sein. Wenn andere Soldaten oder Söldner wütend waren, schimpften sie vor sich hin, hatten eine bestimmte Gangart oder sie traten den Boden vor sich so, das Staub aufwirbelte, oder Steine vor ihnen her sprangen. Bei Drakon war das allerdings nicht der Fall. Er lief normal. Er redete nicht, er schien nichts treten zu wollen, sondern machte den Eindruck, als wäre nichts gewesen. Als er an hielt, wirkte er ein wenig patzig, doch das sah Kajira ihm nach. Sie beobachtete viel, sprach wenig und zog die einen oder anderen Schlüsse.
"Nein ... da ich noch nicht weiß, wie du auf solche Konfrontationen reagierst, dachte ich, ich begleite dich ein Stück. Weißt du ... du hast schon recht mit dem, was du sagtest. Es ist die Sorge um einen geliebten Menschen, die einen egoistisch werden lässt. Du bist nicht anders, aber du verhältst dich anders. In ihren Augen ist es fahrlässig in deinen beschützend, aber ich bin nicht hier, um darüber zu philosophieren, wer nun recht hat und wer nicht. Du willst sicher zu dem Alten. Ich werde dich begleiten. Vielleicht erfahren wir auch gleich, wann der Hinrichtungstermin ist."
Tessa setzte sich, während Aya Kajira nach sah. Sie hatte natürlich den befehl verstanden und bejaht, aber konnte sie sich daran halten? Liam setzte sich zu ihr, legte seine Hand auf ihre Schulter. Es tat so unglaublich gut. Aya lehnte den Kopf an seine Schulter.
"Mach ich eigentlich immer alles falsch? Betüddel ich ihn wirklich zu sehr?"
Sie schien völlig die Fassung verloren zu haben, so als würde ihr klar werden, das sie sich selbst die ganze zeit etwas vor gelogen hatte und nun die Wahrheit erkannt hatte.
Tessa saß bei ihrer Schwester. Hunger hatte sie vorher schon nicht gehabt, aber nun noch viel weniger. Sie hatte ihm das doch nur erklären wollen, ihn nicht angreifen. Sie hätte sich nicht so vor ihm aufbauen dürfen. Es tat ihr leid. Ja, wäre er nicht hinterher gesprungen, sie wäre tot gewesen, aber was hätte es ihn gekratzt? Ja, es wäre ein leben gewesen, das verloren war, der Auftrag wäre vermasselt gewesen ... Mehr war sie doch für ihn nicht ... oder? Tessa wusste gar nicht mehr, was sie denken sollte. Er hatte sie so oft gerettet, hatte sie in die Arme geschlossen, sie an sich gedrückt und sie gewärmt. Er hatte sie Fahrlässig genannt, weil sie sich um ihn kümmerte, anstatt auf sich selbst mehr acht zu geben. Was hatten sie nicht alles durch gemacht. Sie konnte ja nicht ahnen, das die Schmerzen, die er hatte, das es Seelenschmerzen waren, die auf den Körper übertragen wurden. Tessa machte sich bittere Vorwürfe. Sie saß still da, starrte auf den Tisch und bekam kaum noch etwas um sich herum mit.