Schicksal oder Zufall?

Valas sah den Kerl nur mit gefletschten Zähnen an. Er würde Aideen nicht bekommen! „Du lügst!“, schrie Cana ihn an. „Jin würde das niemals sagen!“
Raze schnurrte: „Stimmt...“ Elariel schleuderte ihm Licht entgegen und katapultierte Raze förmlich den Gang hinunter. Er schrie auf und hielt sich die Hände vor die Augen. Dann sah er gerade noch, wie die Elfe die Treppe herunter eilte. „Nein!“, rief Valas und schon war der Teufel verschwunden und ward nicht mehr gesehen.
Was sich unten jedoch zutrug, war von Raze nicht geplant gewesen. Er landete neben Aideen, die immer noch rannte und wollte sie eben packen, als seine Hand regelrecht zur Seite geschleudert wurde. Er sah zu der Frau, die die Hände zu ihm gestreckt hielt und sagte: „Was...?“ Überraschung trat auf sein Gesicht, als die Frau mittleren Alters zu ihm sagte: „Weiche!“ Er wollte eben fragen, was sie sich eigentlich einbildete, als sich hinter ihm ein Tor auftat. „Nein!“ Regelrechte Klauen griffen nach ihm. Raze schrie Auf und schwarze Ketten schlangen sich um seinen Körper. Dann wurde er in den Höllenschlund – so zumindest sah es aus – gezogen und das Tor schloss sich. Die Hexe – Ophelia – war außer Atem und sah dann zu Aideen, die nun auch stehen geblieben war. Sie sah ängstlich und verweint aus. „Hat er dir was angetan?“, fragte sie Aideen und blickte zu Ari, die das alles erstaunt angesehen hatte, aber nun wieder den Blick gesenkt hielt unter ihrer Kapuze.

Elariel konnte nicht so schnell handeln, wie Aideen weg lief. Allerdings nahm sie die Verfolgung direkt auf. Was sie zu sehen bekam, war wirklich erstaunlich. Diese Frau da unten ... sie hatte den Dämon direkt in die Hölle geschickt. Es hatte jedenfalls den Anschein. Wenigstens war Aideen in Sicherheit. Elariel kam dazu, als Aideen gerade den Kopf schüttelte.
"Seid gegrüßt und habt tausend Dank, das ihr sie beschützt habt,"
meinte sie und sah dann zu Aideen.
"Du kannst nicht immer die Heldin spielen Aideen. Du weißt warum."
Aideen nickte, sah aber ebenfalls zu Boden. Heute war so schrecklich viel passiert und nun ... Aideen fiel Elariel weinend in die Arme. Das war wohl wirklich alles zu viel für sie.
"Wir finden einen weg, ihn da wieder heraus zu holen. Ich weiß nicht wie, aber ... wir schaffen das."
Nun nickte Aidee. Sie hatte Angst, aber sie wollte Jin auch nicht zurück lassen, weil sie nun die Wahrheit kannte. Sie stand ihm anders gegenüber als zuvor, aber er hatte es trotz allem nicht verdient.

Airi hatte der Herrin zu gesehen. Sie war eine wundervolle Frau. Ihre Magie setzte sie nur zum Guten ein. Sie hatte schon gespürt, das etwas nicht stimmte, ehe diese Elfe da herunter gerannt kam. Der Dämon war vor ihren Augen aufgetaucht und hatte versucht dieses Lichtwesen mit sich zu nehmen. Er hatte es zum Glück nicht geschafft. Ophelia rettete die Elfe und schon stand da eine weitere. Ari selbst stand wie immer einen Schritt seitlich hinter der Herrin und sah auf den Boden, die Kapuze weit genug ins Gesicht gezogen, das man ihren wuscheligen Schopf nicht sah.

Die anderen folgten Aideen nun jedenfalls und so kamen sie ebenfalls nach unten. Valas sah eben noch, wie der Teufel verbannt wurde und blieb erschrocken stehen. Dann sah er zu der Frau mit dem dunkelbraunen Haar, durch das sich schon weiße Strähnen zogen
. Sie hatte ein langes schwarz-violettes Gewand an und ihre Kapuze war nach hinten geschlagen. Ihre ruhigen braunen Augen musterten die Anwesenden, während der Wirt versuchte unsichtbar zu werden, wie es schien. Valas hielt sich den gebrochenen Arm und fragte nun: „Habt... ihr den Dämon verbannt?“
Die Hexe lächelte. „Er ist kein Dämon. Ich denke nicht, dass ich dazu in der Lage wäre, einen Dämon zu bannen.“ Sie sah zu ihrer Gehilfin und dann wieder zu dem Dunkelelfen. Sie betrachtete seinen Arm und sagte dann: „Ari? Geh mir mal zur Hand, ja?“ Sie wusste genau, was sie zu tun hatte. „Ich habe ihn verbannt, ja und nun lasst mich das sehen. Das war er, nicht wahr?“ Valas nickte und fragte: „Was ist er dann?“ Sie holte einen Verband aus der Tasche und ließ sich von Airi die Salbe geben. „Er... ist ein sehr bedauernswertes Geschöpf.“ Ari wusste, dass der, den sie Dämon genannt hatten den Namen Raze trug. Er war der Handlanger der bösen Schwester ihrer Herrin. Und sie wusste, dass er eine Dämonen-Brut ist. Ein Geschöpf mit einer menschlichen Mutter und einem Dämon, als Vater. „Sein Name ist Raze.“, sagte sie nun beiläufig. „Was wollte er von euch?“

Elariel tröstete Aideen indem sie eine Hand an ihren Rücken legte, die Andere an Aideens Hinterkopf. Valas war nun auch da. Aideen hatte ihn behandeln wollen, als dieser Kerl da aufgetaucht war. Ein bedauernswertes Geschöpf? Nun so kam er Elariel nicht vor, aber da die Frau offenbar auch den Namen kannte, musste sie wohl mehr wissen.
"Er erschien mir eher eitel und sehr selbstsicher."
Ja, was hatte der Kerl von ihnen gewollt? Die Gehilfin der Frau reichte ihr eine Salbe und auch Verbandszeug.
"Das ist wirklich sehr freundlich von euch und wir sind euch zu großem Dank verpflichtet. Dieses haus wird einmal im Monat von diesem Wesen heim gesucht. Jedes Mal nimmt er eine Person mit sich, die dann nie wieder gesehen wird. Heute hat er unseren Gefährten mit sich genommen und wollte offenbar auch Aideen mit sich nehmen, aber sie habt ihr zum Glück vor ihm bewahrt."
Auch Cana war nun bei ihnen. Aideen streckte die Hand nach ihr aus und zog sie zu sich. Luxia fehlte, aber sie würde sich nicht blicken lassen, wie Aideen hoffte, denn Menschen waren unberechenbar.

Ari sah kurz auf, nickte dann sofort und nahm eine der Salben, wie auch etwas verband aus der Tasche, die sie mit sich führte. Raze tat ihr sehr leid. Sie wusst, was er durchleiden musste. Liebe schien er nie kennen gelernt zu haben. Kein Wunder, das er so schrecklich böse war. Nicht nur das. Was seine Herrin ihm als Liebe verkaufte, zeichnete sich auf seiner haut ab. Kein Wesen hatte es verdient so behandelt zu werden. Raze konnte für seine Abstammung eben so wenig wie sie. Leider hatte sie nie die Gelegenheit bekommen, Raze einen andren Weg zu zeigen. Er war seiner Herrin eben so treu ergeben, wie sie selbst der ihren.
"Bitte Herrin. Kann ich noch etwas für euch tun?"

„Danke Ari.“, sagte sie nur auf ihre letzte Frage. Sie ging zum Wirt und sagte: „Ihr habt nun lange genug gelitten. Ich werde es nicht länger mit ansehen können.“ Sie legte ihm Geld auf den Tresen und er sah sie nur fragend an. „Ich möchte ein Zimmer.“ Er nickte und gab ihr einen Schlüssel. „Er hat euren Freund mitgenommen?“ Das war schlecht. Nur der Himmel wusste, was sie ihm antun würde.
„Dann bleibt nicht viel Zeit für uns. Ich werde das jetzt beenden. Ich brauche einige Zeit der Vorbereitung, aber ich versuche mich zu beeilen.“ Sie lächelte aufmunternd und glaubte, dass die junge Elfe um ihren Freund geweint hatte, weshalb sie nicht weiter in der Wunde stochern wollte. Sie blickte wieder zu ihrer Assistentin und sagte: „Ari, wenn ich meiner Schwester entgegen trete, möchte ich, dass du hier bleibst, ja?“ Sie sah wieder zu Elariel. Sie stufte sie als viel erfahrener ein, als die andere Elfe und sagte: „Er versteckt seinen Schmerz hinter seiner narzisstischen Art und weise.“ Dann sah sie auf den Boden. „Eine Dämonen-Brut kennt die Liebe einer Mutter nicht, denn die Frau die ihn gebärt stirbt unter der Gewaltigen Kraft, mit der ihr Sohn ihren Leib zerreißt.“ Sie blickte noch einmal zu ihrer Assistentin. Sie hatte steht Mitgefühl für Raze gehabt, das wusste sie und nun legte sie ihr die Hand auf die Schulter. „Vielleicht können wir ihn aus den Klauen meiner Schwester befreien Ari. Aber mach dir nicht zu große Hoffnungen. Sie hat ihn all die Jahre verdorben.“ Sie wollte nicht, dass Ari am Ende enttäuscht sein würde. Sie hatte ihn nie zu Gesicht bekommen, aber immer hatte Ophelia sie vor ihm gewarnt.
„Also... helft ihr uns?“, fragte Valas erstaunt.
„Euch und all den armen Leuten hier.“ Sie ging mit Ari hinauf in das gebuchte Zimmer und gab ihr Anweisungen schon mal alles aufzubauen, was sie benötigte. Sie sah angespannt aus, versuchte es aber zu verstecken. „Ari. Wenn mir etwas zustoßen sollte, musst du weiter machen, ja? Ich sage nicht, dass du nicht trauern darfst, aber du musst deinen Weg auch ohne mich finden.“ Sie hatte das arme Geschöpf dereinst gerettet. Sie hatte sie im Wald gefunden und durch ihre Güte und ihr Mitgefühl aufgezogen, wie ihr eigenes Kind.

Ein Hoffnungsschimmer. Diese Frau hatte ihn gebannt und sie wollte helfen. Das war großartig. Elariel konnte ihre Freude darüber kaum verbergen.
"Das ist ... ich kann euch gar nicht genug danken. Ihr wisst nicht wie sehr ihr uns damit helft. Wir wussten nicht, mit was wir es zu tun hatten. Ich bin Elariel. Das hier ist Aiden. Das Mädchen heißt Cana und unser Freund hier, heißt Valas. Der Freund den sie uns genommen haben .. ist sein Vater. Er heißt Jin und hat sein Gedächtnis verloren,"
erklärte Elariel, während die Frau bezahlte und ihrer Gehilfin weitere Anweisungen gab. Aideen sah nur kurz auf. Sie war ganz verweint und verwirrt.
"Ich werde Aideen nun erst mal hinauf bringen. Es war wohl doch alles etwas viel für sie. Wenn wir irgendwie helfen können ... lasst es uns wissen werte Dame."
Auch wenn diese frau ein Mensch war, so hatte Elariel doch höchsten Respekt vor ihr, denn sie hatte eine Dämonenbrut gebannt. Nicht jeder Mensch wäre dazu in der Lage.

Ari sah ihrer Herrin zu. Sie schenkte den Anderen der Gruppe einen scheuen Blick, lächelte aber freundlich dabei.
"Wie ihr wünscht Herrin,"
antworte sie auf den ausgesprochenen Wunsch Ophelias, alles vor zu bereiten. Dann sah sie sie erschrocken an. Sie glaubte wirklich, ihr könne etwas zustoßen, wenn sie ihrer Schwester gegenüber trat.
"Aber Herrin ...,"
sie senkte den Blick erneut.
"Ihr werdet zurück kehren und ich werde so lange es dauert, tun um was ihr mich gebeten habt."
Sie mochte sich nicht vorstellen, wie ein Leben ohne ihre Ziehmutter war. Sie hatte Ari viel gelehrt. Güte, Weisheit, alles, was sie wusste, wie sie war, all das hatte sie Ophelia zu verdanken. Niemals würde sie ihr Andenken beschmutzen. Schon eilte sie die Treppen hinauf, um die wenigen Sachen hinauf zu bringen, die sie bei sich hatten und die Sachen auf zu bauen, die Ophelia brauchte. Wie oft hatte Ophelia sie gewarnt vor Raze. Ari konnte sich selbst nicht erklären, warum sie so viel Mitgefühl für ihn hatte. Vielleicht deshalb, weil sie das Glück hatte an Ophelia zu geraten und nicht an ihre böse Schwester.

Jin erwachte in seiner Zelle. Schon wieder gefangen. Er wusste es nicht, aber er war in letzter Zeit andauernd gefangen gewesen. Er sah sich um. Sein Dolch lag hier noch rum und er steckte ihn ein. Dann trat jemand an seine Zelle. Er hatte eine dicke Narbe im Gesicht, die sich über sein schwarzes Auge zog. Unheimlich. Jin schwieg ihn hartnäckig an. „So, du bist das neue Subjekt, hm?“ Jin schwieg weiter und musterte den Mann. „Raze hat dir doch nicht wehgetan? Beschädigt bist du weniger Wert, kleines Subjekt.“
„Ich bin kein Subjekt.“
„Ach? Was macht dich so sicher?“ Er grinste und dann trat er ganz dicht an die Gitterstäbe. „Vielleicht eher eine kleine Maus in der Falle?“ Er war in der Falle. Das konnte er nicht bestreiten. Er senkte den Blick. Er wollte wissen, was mit seinen Freunden war. Aber lieber niemanden drauf aufmerksam machen. „Wieso ist er nicht gestorben. Ich habe sein Herz durchbohrt.“ Der Mann lachte und fragte: „Bist du dir da sicher?“ Jin WAR sich sicher. Er nickte und der Mann lachte erneut. „Nun... ich denke du irrst dich.“ Jin schwieg. „Raze hat gar kein Herz.“ Eine Metapher, wie es Jin schien. „Eben so wie ich und nun werde ich dich zu meiner Herrin bringen...“

Ophelia lächelte Ari an. Sie war ein gute Kind. Gemeinsam bereiteten sie also nun alles vor und schwiegen dabei nun, damit sie sich gut konzentrieren konnten.
Valas ging mit den Frauen nach oben und berichteten Luxia was passiert war. Sie war glücklich über die versprochene Hilfe betrachtete Aideen jedoch auch besorgt. Sie sah nicht gut aus. Cana war ziemlich still, sie sorgte sich auch und sie konnte es kaum erwarten, wieder bei Jin zu sein. Sie vermisste ihn und fürchtete um sein Leben.

Jin lag auf einem Tisch und war gefesselt. Er war von dem Mann betäubt worden und erwachte gerade wieder. Er riss an den Fesseln, aber es nützte natürlich nichts. Über ihm stand eine Frau und betrachtete ihn. „Dir wohnt eine namenlose Dunkelheit inne, du bist das interessanteste, was ich seit langem gesehen habe. Ich werde dich mir zu eigen machen.“
Raze tauchte plötzlich auf und fiel direkt in ein paar Gestelle, die hier herum standen. Er sah wirklich nicht gut aus. Er war schwer verletzt und stöhnte leise.
„Raze...“, sagte die Frau. Sie schien ein wenig amüsiert. „Wo bist du gewesen? Ich dachte schon, du hättest mich verraten.“ Er sah gequält auf und stöhnte abermals. Wer oder was hatte ihn so zugerichtet? „Ich... würde nie...“ „Ich verzeihe dir. Da du mir ihn hier gebracht hast. Ich werde dich später zu deinem Zustand befragen, Ziegenjunge.“ Eine Anspielung auf die Hörner vielleicht. Er hasste es, wenn sie ihn so nannte. „Brash, bring ihn weg.“ Selbiger nickte ein Mal und packte Raze unsanft. „Wieso... geht ihr so mit ihm um?“, fragte Jin. Doch die Hexe lächelte nur.

Ophelia und Ari brauchten einen ganzen Tag und dann sagte sie: „Ari, sag den Reisenden Bescheid, dass wir beginnen können.“

Es war schrecklich, das sie nicht wussten, was mit Jin geschah. Diese Frau hatte Hilfe angeboten und sie hatte Valas verarztet. Elariel brachte Aideen wieder ins Bett. Sie wählte allerdings ein anderes Aus, als das vorherige. Noch einmal sollte sie keine Alpträume haben. Aideen war wirklich fertig. Sie war müde und sie wollte weg von hier, aber nicht ohne Jin. Auch wenn er ihr die Eltern genommen hatte ... hatte er denn eine andere Wahl gehabt? vermutlich nicht, aber es war schrecklich und sie hatte doch die ganze zeit gewusst, das er ein Mörder war. Er konnte andere Wesen töten, ohne mit der Wimper zu zucken, aber er hatte auch eine ganz andere Seite. Er gehörte zur Gruppe und würde auch wieder zu ihnen stoßen. Aideen lag wieder auf dem Bett, die Knie angezogen und sah apathisch ins Zimmer. Irgendwann schlief auch sie wieder ein, während die Anderen über sie wachten.

Ari gab sich alle Mühe. Sie würde ihre Herrin niemals enttäuschen. Sie wusste, wie sie was an zu ordnen hatte und schwieg, um die Konzentration nicht zu stören. Als sie am nächsten Tag fertig waren, schickte Ophelia sie zu den Gästen, die sie gestern kennen gelernt hatten. Ari nickte und eilte sofort hinaus. Sacht klopfte sie an die Tür, wartete auf eine Antwort und trat schließlich ein.
"Meine Herrin lässt euch ausrichten, das nun alles bereit ist. Folgt mir Bitte."
Sie hatte noch immer die Kapuze über dem Kopf. Noch wollte sie sich nicht richtig zeigen. Die meisten Wesen reagierten mit abscheu auf ihr Erscheinungsbild. Mit den Anderen im Schlepptau, ging sie zurück zu Ophelia.

Ophelia stand in einem Kreidekreis. In ihrer Hand hatte sie eine Haarsträhne und wartete. Als die anderen nun kamen sagte sie lächelnd: „Wenn ihr es wünscht, könnt ihr mich begleiten. Ich kann aber nur zwei von euch mitnehmen.“ Sie schien die Ruhe selbst zu sein und streckte die Hand aus. Sie wollte, das Ari zu ihr kam. Sie legte ihr die Hand auf die Kapuze und sagte nun zu ihr: „Mein Kind. Vergiss nicht, was ich dir gesagt habe.“ Dann küsste sie ihren Kopf und ließ wieder von ihr ab.
Cana wusste, dass sie nicht mitkommen dürfte. Niemand hier würde das zulassen und so blieb ihr nichts als Warten. Luxia hatte sich nun auch gezeigt und Ophelia lächelte. „Eine Fee. Was seid ihr nur für ein interessantes Gespann.“ Sie neigte den Kopf und brachte Luxia damit Ehrerbietung entgegen. Dann konnte es auch schon los gehen. Sie hoffte, dass der Begleiter noch am Leben war.

Jin lag noch immer auf dem Tisch und die Hexe ging um ihn herum. Sie nuschelte irgendwelche Formeln und Jin riss erneut an seinen Fesseln, was würde sie ihm antun? Würde er für sie arbeiten? Würde sie erneut sein Gedächtnis überschreiben? Jin hatte Angst. Er wollte seine Freunde nicht verraten. Er sah auf seine Brust. Dunkle Materie waberte hervor und Jin bekam wirklich Panik. Er erinnerte sich daran, wieso dieses zeug in ihm war. Er schrie jedenfalls auf und auch die Hexe schien überrascht. „Wundervoll!“, jubelte sie trotzdem und unterbrach ihr tun, weshalb sich das Zeug wieder zurück zog. „Es schützt dich, nicht war?“ Jin keuchte und biss die Zähne aufeinander. „Was bist du nur für ein interessantes Subjekt.“

Es öffnete sich ein Portal und Ophelia sah noch einmal lächelnd zu ihrem Schützling. Sie hatte einen Dolch an ihrer Hüfte und sagte im Gehen: „Lebe wohl.“ Ari wusste in diesem Moment, dass Ophelia nicht zurück kommen würde... Valas und Elariel würden mitkommen. Luxia und Cana blieben bei Aideen und dem Mädchen. Irgendwas war komisch an dem ganzen.

Raze saß in seinem „Zimmer“ und beobachtete die Reisenden. Die Hexe hatte ihn in die chaotische Sphäre geschickt und die Kreaturen dort, hatten ihn so übel zugerichtet. Gierig nach seinem Leben. Er beobachtete Ari. Sie war die Gehilfin der Schwester seiner Herrin. Es sah aus, als würden sie hier her kommen, aber... Raze hatte es seiner Herrin nicht gesagt, wenn sie es herausfinden würde... Er sah auf seine Hände und dann legte er das Gesicht in diese. Als er wieder aufsah, entschied er sich, ein Druckmittel zu besorgen. Ari war wertvoll für Ophelia. Vielleicht könnte er sie erpressen... Als sie nun durch das Portal gingen, stand Raze auf und teleportierte sich in das Zimmer. Wortlos packte er Ari und nahm sie fort.

Er landete mit ihr in seinem Zimmer. Es sah dunkel aus und hatte keine Fenster. Es gab sogar ein Bett, welches jedoch nie benutzt wurde.
Er schubste Ari zu diesem und sagte dann: „Ah... Nun gehörst du mir.“ Er ging auf sie zu und sie sah sie seinen nackten Oberkörper, der von Wunden übersät war.
Sie sah außerdem die „älteren“ Wunden, die man ihm zugefügt hatte. Er trug auch Narben auf der Haut. Tiefe Narben. Insbesondere die schlimme Narbe auf der Brust. „Du wirst hier nie wieder heraus kommen.“ Es stimmte, das Zimmer hatte keine Tür. Sie würde nur mit seiner Hilfe entkommen können.

Elariel warf Cana einen Blick zu, der sie warnte auch nun daran zu denken, mit ihnen zu gehen.
"Aideen braucht dich hier. Geh zu ihr und warte auf uns."
Nun sah sie zu Valas. Sie würden Ophelia begleiten. Was diese nun tat, war ausschlaggebend für ihren Schützling. Elariel sah, wie Ari Tränen liefen. Sie gingen durch das Portal und kamen vor einem Hexenhaus wieder heraus.

Air sah ihre Herrin erschrocken an. Sie würde nicht zurück kommen. Es war offensichtlich, das sie nicht zurück käme. Ari wäre auf sich allein gestellt. Sie sollte das Werk fort führen, aber wie könnte sie das? Sie war doch noch gar nicht ausgebildet. Sie wusste doch viel zu wenig. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Das einzige Wesen, welchem sie vertraute, verließ sie nun für immer.
"Ich werde mein bestes geben."
Ophelia ging durch das Tor, doch im selben Moment, erschien Raze, packte sie und verschleppte sie in einen Raum ohne Fenster und Türen, wo er sie auf ein Bett schubste und ihr sagte, sie gehöre ihm. Völlig verdattert, saß sie auf dem Bett und sah Raze an. Er hatte so ein hübsches Gesicht, aber sein Körper ... wie schrecklich musste er gelitten haben. Ari hatte sich oft versucht vor zu stellen, wie er aus sah, doch solche Narben hatte sie nicht erwartet.
"Was ... was haben sie dir nur angetan?!"
fragte sie eher voller Mitgefühl, als das sie angst zeigte. dann aber wurde sie sich ihrer Lage bewusst und sah sich um.
"Warum ... was willst du von mir?"

Raze musterte das Mädchen mit dem Namen Ari. Sie schien verwirrt und dann trat unendliches Mitleid auf ihr Gesicht. Es schockierte ihn regelrecht, wie sie ihn ansah. Sie fragte ihn, was man ihm angetan hatte, ehe sie wissen wollte, was er von ihr wollte. Er sagte äußerst zornig: „Hör auf mich so anzusehen! Das nehme ich dir nicht ab!“ Er kam dichter zu ihr und sah ihr in die Augen. Er war wütend. Und so wie sie da saß, machte es ihn nur noch wütender, sie anzusehen. „Du... hast alles!“ Er zog ihr die Kapuze vom Kopf. Er betrachtete ihre Hörner und richtete sich auf. Sein Dämonenschwanz peitschte unruhig hin und her. Ja... SIE hatte die gute Schwester erwischt und er? Er war der Lakai dieser elenden Hexe! „Ich werde dich benutzen, deine teure Mutter, wird in dem Wissen sterben, dass du nun MIR gehörst. Ja auch sie hasste er abgrundtief. Er sah auf das Mädchen herab. Immer noch sahen seine Wunden schlimm aus, aber nicht mehr frisch. Eher so, als wären sie schon ein paar Tage alt. „DEINE Mutter, ist hierfür verantwortlich!“, sagte er nun und wies auf seinen Körper. Sie hatte ihn schließlich verbannt. „Also spare dir dein scheinheiliges Getue!“

Ari konnte ja kaum glauben, was er da sagte und tat. Sein Teufelsschwanz zeigte deutlich, wie aufgeregt er war. Er war so voller Hass und Wut. Ari sah auf den Boden. Wenn er nicht wollte, das sie ihn an sah, würde sie es nicht tun. Denn noch sagte sie ruhig:
"Ich habe nicht mehr als du. Es tut mir leid, das sie dir das angetan hat, aber du hast ihr keine Wahl gelassen."
Nun sah sie wieder auf.
"Raze ... was hast du davon, wenn du mich hier behältst? Warum gehst du nicht von hier weg? Warum bleibst du bei ihr? Sie hat dich nicht einmal verarztet ... sich um deine Wunden gekümmert. Lass mich das machen,"
Bot sie ihm an. Er würde es ganz sicher ab lehnen, weil er einen Trick dahinter vermutete, doch was hätte er zu verlieren? Sie konnte nicht fliehen und würde hier ohne ihn sterben.

Raze musterte sie. Sie war ruhig. Sie schien ihn nicht zu fürchten. Wieso nicht? Sie fragte ihn, was ihn an die Hexe band und er sah sie nun gefährlich an. Was ging sie das überhaupt an? „Du wagst es zu behaupten, du hast nicht mehr als ich?! Du hast ALLES!“ Er sah sie zornig an. „Meine Wunden heilen von selbst.“ Wenigstens klärte er sie darüber auf. Er strich sich durch das Haar und ging auf und ab. An seinen Handgelenken waren schwere Handschellen, aber die Ketten dazu fehlten. Es waren jedoch noch Glieder zusehen. Er musste sich überlegen, wie er seiner Herrin erklärte, dass er ihr nichts von Ophelias Vorhaben gesagt hatte. Sie hatte nicht mit ihm reden wollen. Es war ihre eigene Schuld oder?
Er wollte Ari besitzen. Er wollte sie behalten, aber würde er seiner Herrin sagen, dass sie hier war, würde sie sie beanspruchen, aber wenn er schwieg und sie belog würde sie ihm schlimmeres als den Tod antun. Er sah zu Ari, die immer noch nicht wagte ihn anzusehen, weil er es ihr verboten hatte. Sie sah so zerbrechlich aus. Er blieb stehen. Er musste sich beruhigen.
„All die Jahre...“ Er unterbrach sich selbst. Ari... er hatte sie so beneidet und nun, wo sie von ihrer Herrin getrennt war und sie sie nicht mehr beschützte, hatte er sie endlich zu sich holen können. Er hatte sie beobachtete, hatte sich hin und wieder gewünscht, dass sie so leiden sollte, wie er, aber... jetzt, wo sie hier saß konnte er ihr nichts antun. Es war wie Magie. „Sie hat dich verhext, nicht wahr? Sie hat dich verzaubert, sodass ich dir nichts antun kann, aber ich werde einen Weg finden. Du gehörst jetzt mir.“ Er wiederholte sich. Ja... was band ihn an die alte Hexe? Sie hatte sein leben in der Hand und er würde ihr dienen müssen, bis er den Tod fand. Oder sie... Vielleicht hatte er deshalb nichts gesagt, als Ophelia sich hier her auf den Weg gemacht hatte. „Deine Mutter wird sterben.“, sagte er nun und hatte sich nun auch etwas beruhigt. „Du verärgerst mich besser nicht weiter, wenn du jemals das Tageslicht wieder sehen willst...“

Ari sah ihn nicht an, weil er es ihr verboten hatte, sondern deshalb, weil er es offensichtlich verabscheute, wenn man ihn bemitleidete.
"Sie hat mich weder verhext, noch hat sie mir etwas gegeben, was mich schützt. Ich habe ein Heim gehabt, ich hatte eine Herrin. Sie hat mich zurück gelassen, weil sie sterben wird. Was also habe ich noch? Ich hatte meine Freiheit, bis du mich geholt hast und zu deinem Besitz erklärtest. Was habe ich also alles?"
Sie hatte nichts mehr. Keinen Schutz, keine Freiheit, kein Leben, welches Lebenswert war. Wie sollte sie so ihre Aufgabe weiterführen, wenn sie hier fest saß?
"Raze ... bitte ... lass mich dir helfen. Du hast so schreckliches durch gemacht. Meine Herrin hat es mir erzählt. Ich verstehe deine Wut."
Ja, das tat sie, wenn sie sie auch nicht nachempfinden konnte. Wie oft war er enttäuscht worden? Wie oft hatte er sich gewünscht auch mal gelobt zu werden und bekam statt dessen nur wieder Narben? Er tat ihr so leid.
"Sag mir, was ich tun kann, um dir zu helfen."

Raze musterte das Mädchen. Ari... Sein Eigentum! Sie erklärte ihm, was sie alles nicht hatte und Raze musste ihr damit leider auch Recht geben. Er strich sich über den Bart und wendete sich von ihr ab. Seine Flügel schüttelten sich einmal und er sah in den Spiegel, der nun vor ihm war, um Ari weiter zu beobachten. Sie wollte ihm helfen? Es überraschte ihn nur ganz kurz und dann erzürnte es ihn wieder. Er drehte sich zu ihr um und machte einen Schritt auf sie zu, entschied sich dann aber wieder anders. Er wusste selbst nicht so genau, was er eigentlich mit ihr vorhatte. Erst mal war nur wichtig, dass sie hier war.
Wenn man sich weiter in diesem Zimmer umsah, so erkannte man, dass er einiges an „Schätzen“ angehäuft hatte. Es war kein Gold oder so was, aber Dinge, die er aus der „echten Welt“ mitgebracht hatte. Er hatte einiges gesammelt, auch wenn es für andere stinknormale Gebrauchsgegenstände waren. Er hatte die Fähigkeit der Ausspähung und doch... er wusste fast nichts über die Außenwelt, da es ihm niemand erklärt hatte.
„Du verstehst nichts...“, sagte er schließlich. Wie könnte sie auch? Er senkte den Blick und betrachtete die furchtbaren Narben auf seiner Brust. Er schien sich nun aber wenigstens wieder im Griff zu haben. „Ich glaube dir deine Mitleidsbekundung nicht. Und wenn du schlau bist, hörst du auf, mich zu belügen.“ Wie könnte sie ihn denn auch überzeugen. Sie waren Feinde!

Ophelia kam mit den Anderen am Hexenhaus an. Sie sagte: „Wir müssen nur nah genug heran kommen, dann kann ich Scarlett aufhalten.“ Sie drehte sich zu den beiden und erklärte weiter: „Sie hat zwei Leibwachen. Raze, den ihr schon kennengelernt habt. Er trägt einen Teil ihrer Kraft in sich und ist sehr gefährlich. Ich hoffe wirklich, dass er noch nicht wieder zurück ist und wenn doch... Er wird schwer verwundet sein.“ Sie irrte sich leider. „Und dann ist da noch Brash, er ist... sagen wir, so etwas wie untot. Er kann nicht aufgehalten werden, außer wir kommen an sein Herz, was sie ihm aus dem Leib geschnitten hat. Ich weiß jedoch nicht, wo sie es aufbewahrt. Letztlich sind die beiden aber nicht wichtig. Wenn ihr mir genug zeit verschafft, kann ich Scarlett töten und die beiden sind frei.
Valas nickte. Das waren ja rosige Aussichten... Ophelia sprach einen Zauberbann und schon ging die Tür des Hexenhauses auf.

RAZE!!! Selbiger stand im Zimmer und musterte Ari. Als er Scarletts Stimme in seinem Kopf hörte erstarrte er. Oh nein... sie wusste es...

Elariel lauschte de Worten Ophelias. Wenigstens wurden sie vorgewarnt. Sie wussten nun, was auf sie warten könnte. Elariel bereitete Zauber des heiligen Lichtes vor. Mit ihm hatte sie Raze schon einmal ausser Gefecht setzen können, wenn auch nur für einen Augenblick. Den anderen Kerl kannten sie noch nicht. Um ihn würden sie sich anders kümmern müssen.
"Wir halten euch den Rücken frei,"
erklärt sie und sah zu Valas. Ophelia wirkte einen Zauber und die Tür des Hauses öffnete sich. Showtime.

Ari schüttelte bedauernd den Kopf.
"Ich belüge dich nicht. Es gibt keinen Grund, das zu tun. Was würden mir Lügen nützen?"
Ophelia hatte sie immer gewarnt, das Raze sehr gefährlich war, aber sie konnte ihn nicht fürchten. Er war wie ein verängstigtes Tier, welches gequält, geschlagen und geschunden vor seinem Herren kroch ohne die Aussicht auf Erlösung.
"Ist es denn so unwahrscheinlich, das jemand sich für dich interessiert und dir helfen möchte?"
Sie sah schon die ganze Zeit durch das Zimmer.
"Was sind das alles für Sachen?"
Sie wusste ja nicht, was das alles hier für ihn war. Plötzlich schien irgendwas ihn völlig aus der Fassung zu bringen. Er sah derart ängstlich aus ... Sie sah es aus den Augenwinkeln. Der Arme. Sie hatte ihn sicher wieder gerufen.

Raze blickte einige Zeit noch etwas schockiert drein. Er ignorierte die Worte Aris während dessen scheinbar und suchte nach einer Lösung für sein Problem. Aber er fand keins. Er sah einen kurzen Moment resignierend aus und dann verschwand er wortlos.
Ari kannte hier sowieso nicht raus und würde sich umsehen können. Auf einer Kommode lagen Hörner, die den seinen nicht ganz unähnlich waren. Sie wusste, dass die Körperteile einer Dämonen-Brut wieder nachwuchsen, wenn man sie abtrennte. Ob es wirklich seine waren? Dann hingen überall Ketten und sowohl Hand- als auch Fußschellen. Wieso er die wohl aufgehoben hatte? Aber es gab nicht nur solche Sachen. Sie hatte ihn ja schon nach seinen Sachen gefragt, die er gesammelt hatte. Es gab alles mögliche. Dort stand eine kunstvoll bemalte Tasse, deren Henkel aber schon fehlte. Ein Zinnkrug mit einem filigranen Kupferstich darauf. Er zeigte wohl irgendein Familienwappen. Dann standen dort verschiedene Haushaltsgegenstände, von denen Raze vielleicht nicht mal wusste, wozu man sie benutzte und Alles in Allem hatte Ari beim betrachten seiner Schätze unwillkürlich das Gefühl, dass Raze wirklich zu bedauern war.

Selbiger landete bei seiner Herrin, die ihn erbost ansah. „Raze?“ „Ja, Herrin?“ Er ging auf ein Knie herab und Brash stand weiter hinten und grinste ihn nur boshaft an. „Hatte ich dir nicht befohlen, meine Schwester genau zu beobachten?“ „Ja.“ „Wie kommt es dann, dass sie vor meinen Toren steht?!“ Raze schloss die Augen. „Ich... ich wollte es euch erklären, aber... ihr ließt mich wegschaffen.“ Sie ballte die Fäuste und schrie ihn an: „Dann ist es jetzt meine Schuld?!“ Raze sah auf und blickte erschrocken drein. „N-nein, ich...“ Er legte sich die Hand an die Kehle. Die Hexe hatte die Hand nach ihm ausgestreckt und zog ihn mit unsichtbarer Hand hinauf. „Ein Schoßhund, der nicht gehorcht, macht mir keine Freude, Ziegenjunge...“ Jin beobachtete das Ganze. Hier war also eine Feindin dieser Frau? Gut, vielleicht könnte sie ihn befreien. Dennoch... obwohl Raze ihn erst in diese Lage gebracht hatte, empfand er Mitgefühl für ihn.
„Herrin, ich...“ Raze keuchte, als sie ihm die Luft abdrückte. Wenn er ihr von Ari erzählte, wäre sie vielleciht milde gestimmt, aber dann würde er sie sicherlich verlieren, wenn er nun aber hier von der Hexe getötet würde, würde Ari ebenfalls sterben, weil niemand von ihr oder diesem Zimmer wusste. „Brash!“ Selbiger trat vor. „Züchtige ihn, ich habe wichtigeres zu tun.“ Sie ließ Raze fallen. „Mit... Vergnügen.“ Raze blickte auf den Boden und saß dort wie ein Häufchen Elend, ehe Brash ihm einfach von hinten stachelige Ketten um den Hals warf und ihn einfach hinter sich her zog.

Die anderen betraten das Hexenhaus und Ophelia sagte: „Seid vorsichtig. Sie hat sicher noch andere untote Diener.“ Und just in dem Moment hörten sie auch das klappern der Knochen. Skelettsoldaten stellten sich ihnen in den Weg. Ophelia blieb kurz erschrocken stehen und Valas sagte: „Das... übernehmen wir jetzt, Mylady.“ Er grinste und schon warfen er und Elariel sich in den Kampf, der sehr schnell entschieden war. Elariel hatte Valas' Waffen verzaubert und so gesegnet, während sie selbst ihre Zauber anwendete. Es beeindruckte Ophelia sehr. Valas klopfte sich spielerisch den Staub von der Kleidung und fragte: „Wollen wir?“
„Lichtmagie... Sie ist selbst unter eures Gleichen selten. Ich bin beeindruckt.“

Ari betrachtete alles, was Raze hier angesammelt hatte. Es war irgendwie verstörend. Wenn sie es nun anrührte, wäre er sicher nicht begeistert, aber ... es wirkte alles so unbeholfen hingelegt oder gestellt. Hörner ... warum hob er sie wohl auf? Ketten ... wollte er sie damit halten? Sollte sie sich fühlen, wie er sich fühlte? Was diese Frau Raze an tat, war wirklich schrecklich. Sie hörte natürlich nicht, was da vor sich ging, aber es war schrecklich zu wissen, was sie mit ihm anstellen würde, wenn sie fest stellte, das Ophelia da war und auch noch Fremde mit brachte. Sie ahnte, das sie Raze nicht in dem Zustand wieder sehen würde, in dem er sie verlassen hatte.

Ophelia warnte die beiden Freunde vor. Schon waren die Knochen zu hören. Valas und Elariel machten sich daran, die Schar auf zu halten. Ophelias offenkundige Bewunderung war zwar schmeichelhaft, aber Elariel war es ja gewohnt, mit dieser Magie um zu gehen. Eigentlich war sie dadurch erst zur Magierschülerin geworden.
"Ja ... es begleitet mich schon seit meiner Geburt."
Sie gingen weiter. Wenn jetzt noch was käme, würden sie sich dem wieder entgegen stellen.
"Eure Gehilfin ... Ari ... sie ist sehr ruhig. Hat das einen Grund?"
Das Mädchen schien ja wirklich so bescheiden zu sein, wie man es sich nur wünschen konnte.

Ophelia und die anderen beiden gingen durch die dunklen Gänge des Hauses. Innen war es viel größer, als man von außen geglaubt hatte. „Sie ist ein liebes Kind. Sie wird ihren Weg finden, das weiß ich. Aufgrund ihres Aussehen, zieht sie sich von fremden zurück, aber sicherlich wird auch das irgendwann vergehen. Ich habe sie im Wald gefunden. Von ihren Eltern keine Spur. Ich hielt sie für ein Geschenk der Natur und zog sie nach bestem Wissen und Gewissen auf. Ich lehrte sie nicht die dunkle Magie, derer sich Dämonen bedienen, aber ich brachte ihr einiges über die Alchemie bei.“ Sie lächelte. Ein paar Erinnerungen stiegen auf.

Raze wurde verschleppt und Brash fragte ihn: „Warum erzählst du ihr nicht, von der Kleinen, die du gefangen hast. Sie wäre sicher erfreut, wenn du sie ihr bringst. Raze schwieg. Er versuchte aufzustehen und Brash ließ ihn sogar. „Sie wäre sicher zufrieden.“
„Wir wissen beide, dass es dich nicht kümmert, was mit mir ist.“ Brash sah ihn unzufrieden an und sagte dann: „Wir sitzen im selben Boot. Natürlich kümmert es mich.“ Raze musterte ihn. Seine Menschenkenntnis war nicht gut und er wusste nicht, was Brash ernst meinte und was nicht. Er würde vermutlich nur petzen gehen, wenn Raze nun etwas in diese Richtung äußerte. „Das Mädchen gehört mir.“ „Ich denke nicht, dass Scarlett das ebenso sieht. Denn alles was dir gehört, gehört auch ihr. Sicher wäre sie höchst erfreut zu hören, dass du einen kleinen Tempel hast, den sie nur aus einer Laune heraus zerstören könnte. Raze senkte den Blick. Wenn er es wusste... warum hatte er es noch nicht verraten? Brash zog Raze nun dicht heran. Sie erwartet von mir, dich zu quälen Raze, hast du es nicht satt?“ Raze versuchte dem Blick auszuweichen. Dieses schwarze Auge... was wenn sie sie gerade beobachtete. Er schwieg.
„Wie du meinst.“ Er drückte Raze in seine altbekannte Folterzelle und kettete ihn an. „Es wird niemals aufhören... Ziegenjunge.“ Raze ballte die Fäuste. Er sah erbost auf und sagte: „Nenn mich nicht so!“ Brash lachte nur und schon flog die Stachelpeitsche nach vorn, die hässliche Wunden aufriss. Raze hatte schon so viel Folter ertragen... Er schrie nicht ein einziges Mal. Hatte er nicht schon genug gelitten, dafür, dass man ihn verbannt hatte? Er senkte den Kopf und ertrug die Folter.

Nachdem Brash nun mit Raze fertig war, ließ er ihn noch kurz hängen und trat näher. Das Blut des Halbdämons tropfte auf den Boden und der Untote sagte: „Es ist unsere Chance, Raze...“ Selbiger sah auf und hatte die Zähne gefletscht. „Fick dich!“ Brash lachte nur und löste die Ketten, die ihn hielten. „Wenn du schlau bist, benutzt du das Mädchen, Raze. Wenn nicht, werde ICH Scarlett davon berichten.“ Raze fiel nach vorne und landete auf Knien vor der Foltereinrichtung. Er verschwand augenblicklich und tauchte kniend in seinem Zimmer wieder auf. Ja... Ari hatte ganz Recht. Er war nicht im selben Zustand, wie zum Zeitpunkt seines Verschwindens.

Ja, das Haus wirkte wirklich sehr viel größer. Von außen sah es aus wie ein kleines Hexenhaus, doch von innen schienen sich Dimensionen auf zu tun. Es war enorm. So groß ... wie groß war dann die Macht dieser Hexe? Sie bediente sich der dunklen Magie, das war deutlich zu erkennen für jeden, der auch nur annähernd mit Magie zu tun hatte. Ophelia erklärte, was es mit Ari auf sich hatte. Nun zumindest zum Teil.
"Ihr Aussehen? Sie sieht doch ganz normal aus. Wenn ihr wollt ... werden wir sie zu uns nehmen. Die Gruppe ist schon groß aber ehe sie allein durch die Welt irrt .. Ich denke es wäre auch für Aideen sehr gut, denn sie ist der Natur so stark verbunden, wie niemand sonst von uns. Aideen wäre sicher unglücklich, wenn wir sie zurück lassen."
Elariel hatte natürlich mit bekommen, was Ophelia ihrer Ziehtochter gesagt hatte und wusste, das sie mit ihrem Ableben rechnete. Aideen kannte alle Naturheilmittel, aber eine Alchemiebegabte fehlte noch im Trupp. Abgesehen davon, könnte Ophelia in frieden und ohne Sorge gehen, sollte es wirklich zu ihrem Tod kommen.

Ari erschrak als Raze wieder auftauchte. Man hatte ihn schrecklich zugerichtet. Sie schlug die Hände vor den Mund und sah ihn erschrocken an. Wie konnte man nur so mit jemandem umgehen. Sie versuchte Tränen zurück zu halten, denn das würde den armen Raze nur verärgern. er konnte ja nicht verstehen, das sie ihn nicht verraten wollte, sondern ihm helfen. Zögerlich trat sie auf ihn zu. Sie wusste nicht, wie er reagieren würde, wenn sie ihn berührte. Abgesehen davon, war es für ihn sicher schmerzhaft.
"Oh nein ... Das tut sie dir an ... das ist schrecklich. Bitte ... lass mich danach sehen Raze. Ich will dir wirklich nur helfen. Wozu hast du mich her gebracht? Um mich in die Ecke zu stellen, wie diese Gegenstände? Ich weiß das deine Wunden von selbst heilen, aber ich kann nicht zu sehen ... wie deine Wunden bluten und du schweigend Schmerz erträgst."

Raze sah auf. Seine Augen zeugten natürlich von Schmerz, den er spürte. Sie schimmerten leicht. Erneut gab sie vor sich zu sorgen. Erneut tat sie so, als kümmere es sie, wie es ihm ging. Sie kannte ihn doch gar nicht! Er hatte sich ihr nie offenbart. Er wusste nicht, dass Ophelia ihr einiges über ihn erzählt hatte.
„Warum?“, fragte er nun. „Warum sollte es dich kümmern?“ Er versuchte sich aufzurichten, aber es fiel ihm eindeutig nicht leicht. Er kam zumindest auf die Beine und torkelte leicht zurück. Er riss dabei einige Bücher im Bücherregal um und stützte sich am Regal ab. Er gab keinen Ton von sich, der seine Schmerzen zeigte, aber es war ihm trotzdem anzusehen.
Raze humpelte leicht, als er nun zu einem schweren Schreibtisch ging. Er holte eine Halskette hervor. Es war ein Violetter Stein verarbeitet. Er betrachtete die Kette kurz und hielt sie Ari hin, ohne sie anzusehen.

Ophelia lauschte Elariel und sagte dann: „Wenn sie es möchte, wäre es mir ein Willkommenes Angebot. Auch wenn ich glaube, dass ihr und eure Freunde noch einen schweren Weg vor euch habt.“ Sie kamen an einer Tür an, die in den Keller führte. „Sobald wir auf einen von ihnen treffen, müssen wir schnell handeln.“ Sie schob die Tür auf und ging die Stufen hinab.

Ari sah ihn an. Warum es sie kümmerte?
"Weil du ein lebendes, fühlendes Wesen bist. Deine Herkunft spielt keine Rolle. Du hast das nicht verdient. Meine Herrin ... sie hat mir so viel von dir erzählt. Durch sie kenne ich dein Schicksal."
Er versuchte auf zu stehen, aber er taumelte und riss Bücher herunter. Erschrocken ging sie auf ihn zu, um ihm zu helfen, blieb dann aber stehen. Er hatte unglaubliche Kräfte und könnte sie mit einem Schlag ins Jenseits befördern, wie sie glaubte. Was hatte sie nur mit ihm angestellt. Dieses böse Weib. Ophelia musste einfach erfolg haben. Dieses Weib durfte Raze nicht länger in seinen Händen halten. Dieser taumelte zu diesem großen Schreibtisch und reichte ihr eine Kette. Die Farbe des Steins ähnelte ihren Augen. Zaghaft nahm Ari sie entgegen, legte sie aber nicht an.
"Ich weiß, das du mir nicht glaubst, aber wenn du keine Hilfe zu lässt, wirst du nie erfahren, ob ich es ehrlich meine oder nicht. Was könnte ich dir schon an tun?"
Sie hatte eine gewaltige Kraft, wenn sie mit den Hörnern zu stieß. Als Kind hatte sie das fest gestellt, als sie gegen eine Stallwand raste. Das Loch musste komplett erneuert werden und die Holzreste waren weit verteilt.
"Raze ... bitte."
Er konnte es nicht verstehen und es war viel zu schwer für ihn, das zu zu lassen. Sie bot ihm zwar nicht gerade ihr Herz, aber sie wollte ihm wirklich nur helfen.

Die Anderen suchten sich derweil ihren Weg, jeder Zeit bereit zu zu schlagen. Sie mussten Jin da raus holen. Ohne ihn, konnten sie nicht weiter und dieses Dorf, es musste endlich wieder Frieden finden.

Die Gruppe lief hinab in den Keller und dort angekommen gingen sie einen langen mit Fackeln beleuchteten Korridor entlang. Am Ende des Korridors stand ein Menn mit blonden Haaren und verschränkten Armen. Er sah die Neuankömmlinge belustigt an. „Brash.“, sagte Ophelia und selbiger stieß sich leicht von der Wand ab. „Sir Brash, bitte.“ Er trug tatsächlich eine Ritterrüstung. Ophelia sah ihn an und erklärte: „Ich muss meine Schwester aufhalten. Geh bitte zur Seite.“
Irgendwo hier unten hörten sie Jin schreien. Was tat sie ihm wohl an? Valas ballte die Fäuste und sein Kiefer spannte sich.
„Das geht leider nicht. Wie du weißt, wäre die Rache deiner lieben Schwester fürchterlich, wenn ich einfach so zur Seite gehe.“
Ophelia musterte ihn kurz, senkte den Blick dann aber. „Ich wusste, man kann nicht mit dir reden.“ Brash zog den schweren Zweihänder von seinem Rücken und postierte sich vor der Tür. Dann setzte er direkt zum Angriff an. Valas schnellte nach vorn und rief: „Ich halte ihn auf, lauft weiter!“

Raze blickte noch einen Moment auf den Tisch, als Ari ihm das Amulett abnahm. Er stützte sich dort mit der anderen Hand ab. Sie hatte von ihm erzählt? Wieso? Und... was wusste sie denn schon? Er schloss die Augen kurz. Dann sah er Ari an. Einen Moment war sein Blick sogar fast hoffnungsvoll, aber nur ganz kurz. Er hob die eine Hand und vollführte eine kurze Bewegung, ehe sich die Halskette ganz von selbst um ihren Hals legte. Er selbst legte sich ein etwas anderes Amulett um, aber es hatte auch einen solchen Stein.
Dann drehte er sich ganz zu ihr und machte einen Schritt auf sie zu, wobei er schließlich vor ihr auf die Knie krachte und sich abstützte. Er hatte so viel Kraft verbraucht. Seine Flügel hingen mehr kraftlos an ihm und dann richtete er sich langsam auf, sodass er nun vor ihr kniend auf seinen Unterschenkeln saß. Er sah sie nicht an und sagte nur auf ihre Aussagen: „Du kannst mir nicht helfen.“

Elariel packte Ophelias Hand und zog sie mit sich. Auf Valas war verlass, sie wusste, sie konnte ihm zu hundert Prozent vertrauen.
"Bleib am leben, sonst komme ich dich aus der Hölle holen um dich selbst noch mal dahin zu befördern,"
rief sie, als sie mit Ophelia weiter lief.

Ari hatte geahnt, das er das Amulett um ihren Hals wissen wollte. Vermutlich war es etwas, womit er sie fand, oder kontrollieren konnte. Sie rechnete damit, das er das tun würde. Solange er sie jedoch nicht brach, war sie och immer frei. Er selbst trug eine ähnliche Kette. Es verband sie. Ari versuchte etwas positives darin zu sehen. Er kniete vor ihr, aber gewiss nicht, weil er es wollte. Ari ging ebenfalls auf die Knie. Sie wollte ihm helfen.
"Das weißt du nicht,"
flüsterte sie und legte ganz sanft ihre Hand auf seine Wange. Vermutlich hatte man ihn in seinem ganzen Leben noch nie gestreichelt.
"Ich kann dir vielleicht nicht helfen, sie zu verlassen, aber ich bleibe. Komm ... lass mich dir auf helfen. Du musst dich ausruhen Raze. Du bist so erschöpft, das du dich kaum auf den Beinen halten kannst."
Wenn er ihre Hand nun weg schlug, würde sie es hin nehmen, wenn nicht, würde sie versuchen ihn zu stützen.

Er schlug ihre Hand nicht weg, aber er packte ihr Handgelenk. Die Berührung auf seiner Haut war ungewohnt, aber es hatte ihn nicht etwa erschreckt. Dennoch wollte er nicht, dass sie ihn anfasste. Oder... zumindest jetzt gerade nicht. Sie versicherte ihm, zu bleiben. „Ja... du wirst bleiben.“ Er drückte ihre Hand nach unten, dann aber ließ er sie los. Er blutete nicht mehr, aber die Wunden sahen noch frisch aus. Trotzdem heilten sie wirklich sehr schnell. Erneut dachte er an Scarlett. Sie würde ihn gleich wieder zu sich rufen. Seine Brauen zogen sich leicht zusammen, aber nicht zornig, sondern eher unglücklich und schließlich öffnete er seine Augen wieder, sah Ari an und sah genauso zornig aus, wie zuvor schon. Vielleicht würde Scarlett ihn belohnen, wenn er ihr Ophelia vom Hals schaffen könnte. Aber er musste sich ausruhen, nur einen kleinen Moment noch. Er war ziemlich erschöpft.

Elarial und Ophelia schritten voran, währned sich Valas mit dem Kerl auseinandersetzte. Hoffentlich würde nun nicht wieder dieser Dämon auftauchen, so dachte Valas, aber Elariel hätte sicher bessere Chancen, als er. Wieder hörte er seinen Vater schreien. Es trieb ihm einen Dolch ins Herz.
Ophelia und Elariel kamen in einen Raum. In der Mitte des Raumes schwebte Jin, scheinbar bewusstlos. Er war in einer Art Energiefeld und Scarlett stand vor ihnen und sah sie verdutzt an. Hatte Brash versagt? Wer war die Elfe da bei Ophelia? Diese sagte nun: „Es ist vorbei, Scarlett. Ich kann dich nicht weiter treiben lassen, was du willst.“ Die Schwester sah sie zornig an und meinte: „Und wie willst du mich aufhalten?“ Ophelia zog ihren Dolch. „Putzig. Du willst wohl sterben?“
„RAZE!“, rief sie und Ophelia schüttelte den Kopf. „Du hast dem Jungen schon genug angetan, Scarlett, gib ihn endlich frei.“ „Dem Jungen? Er ist eine Ausgeburt der Hölle, die WIR erschaffen haben, falls du dich erinnerst.“