Drakon Do Mai 31, 2018 8:16 pm
Das Problem war vielleicht nicht, dass sie kurz inne halten müsste, sondern er. Drakon hörte sie jedenfalls nicht. Sein Blut rauschte in den Ohren, seine Bauchwunde schmerzte fürchterlich und die Strömung tat ihr übriges. Seine Muskeln waren leistungsfähig, aber die letzten Tage hatten ihn wirklich geschafft. Die Muskeln brannten.
Sie rufen nach dir.
„Dann… sag ihnen… doch, wo ich bin.“, keuchte er, während er sein Möglichstes tat, gegen die Wellen anzukommen. Esa war zwar nicht stockfinster, aber dunkel genug, keine 10 Meter weit schauen zu können. Zumindest in diesem Wasser. Du sagst mir doch, wenn es zurück kommt? Die Stimme knurrte unzufrieden, ließ aber die Moralpredigt sein, damit Drakon sich nun nicht noch ablenkte. Er schwamm weiter und schließlich stöhnte er. Er hielt sich kurz den Bauch und hielt inne. Du musst es befehlen.
„Nein…“ Er riss sich zusammen und schwamm weiter. Du Idiot! Warum nicht!?
„Ich will…, dass du es freiwillig tust… Wie früher!“
Er bewegte sich einfach auf das Licht zu.
Liam war bei Aya und den Mädchen und beobachtete gerade, wie Kajira ins Wasser sprang. Drakon war über Bord gegangen und sie wollte ihn retten. Dieser Kerl! Konnte man ihn denn keine Minute alleine lassen? Das Schiff beruhigte sich und Liam sah Aya an: „Ich helfe suchen!“ Er sprang auf und Meli klammert sich an Aya fest. „Ich habe Angst!“, jammerte sie leise. Das war wohl das erste Mal, dass sie das sagte. Die Reise hätte so schön sein können. Meli würde doch nie wieder Boot fahren! Sie versteckte ihr Gesicht an Ayas Brust und hielt gleichzeitig Tessas Hand.
Liam sprang flink in die Takelage und ließ den Blick schweifen. „Komm schon, Drakon… wo bist du?“ Kajira konnte er ganz genau sehen. Und auch sie spürte regelrecht, die Strömung. AN der Oberfläche war sie nicht so stark, aber ein paar Meter darunter war sie sehr schnell. Das konnte sie aber nicht ahnen. Deshalb war Drakon jedoch auch überhaupt nicht and er Stelle, wo er hineingefallen war.
Liam jedoch war auch nicht von gestern und so suchte er den ganzen Schiffsumkreis ab. Er rechnete bereits mit dem Schlimmsten. Es verging eine viertele Stunde und so langsam wurde die Dunkle Vorahnung zu einer vagen Gewissheit. Liam wollte das nicht denken, aber sein Verstand arbeitete nun mal mit Logik und nicht mit Hoffnung, und je länger sie ihn nicht fanden um so wahrscheinlicher war es, dass er…
„Kann… nicht… mehr…“ Er schluckte wieder Wasser. Soll das ein Witz sein?! Jetzt mach! Drakon wusste, dass die Wunde offensichtlich blutete. Befehl es mir! Nein! Du wirrst Haie und weitere Kreaturen anlocken! Drakon hatte über Haie gelesen. Er war nicht scharf drauf, sie mit Blut anzulocken. Sie würden ihn für Beute halten. Aber Drakon hatte einfach das Gefühl, dass es falsch war, den Drachen zu etwas zu zwingen. Plötzlich kam ihm eine Idee. Na klar! Aber wollte er sich wirklich retten lassen? Er konnte von Glück sagen, keine Rüstung zu tragen, sonst wäre er vermutlich untergegangen, wie ein Stein.
Liam kaute auf seiner Lippe herum und auch Kajira hatte schon die Richtung gewechselt, sie wusste auch nicht, wohin er abgetrieben sein würde, da es ja auch Scherströmungen gab. Sie konnte da nur probieren. Und schließlich drang Liams Stimme an ihr Ohr, als er sehr laut rief: „DA!“ Er deutete auf das Wasser. „Kajira! Dort!“ Drakon hatte einen kleinen Zauber gewirkt. Und zwar ein leises Licht, was nun über ihm schwebte. Er schwamm jedoch eisern weiter und tatsächlich war er wirklich sehr weit abgetrieben. Liam hätte selbst reinspringen können, aber er war kein guter Schwimmer, ebenso wie Drakon auch nicht. Wie hätten sie es auch groß lernen können? Er würde sie außerdem weiter koordinieren, wenn sie ihn verlor.
Letzten Endes kam Kajira bei Drakon an. Das Seil reichte knapp nicht aus und so musste Kajira wieder nach ihm rufen. Drakon konnte sie winken sehen und schwamm zu ihr herüber. Es waren nur zehn Meter. Komm schon! KOMM SCHON!!! Drakon biss die Zähne zusammen und tat noch ein paar kräftige Schwimmzüge, ehe er Kajira endlich erreicht hatte. Er streckte die Hand nach ihr aus und sie schnappte ihn. Dann drehte sie ihn direkt in den Rettungsgriff und Liam gab das Signal: „Zieht sie rein! Schnell!“
Sie waren zwanzig Meter vom Schiff weg. Drakons Körper war erschöpft er sagte nur Leise: „Blut… Haie…“ und rang nach Atem. Er war schwimmen nicht gewohnt. Man konnte bestenfalls behaupten, dass er sich irgendwie über Wasser halten konnte. Er nahm sich vor es zu lernen. Ein Wunder, dass er überhaupt bis jetzt durchgehalten hatte. Und das auch noch mit Stiefeln. Es war jedenfalls eine Erleichterung, dass Kajira ihn hielt. Sie wurden stetig zum Boot gezogen und als sie da waren wurde Drakon als erster an Deck gezogen und Kajira kletterte elegant und geschwind hoch.
Drakon krachte aufs Deck und alle schienen besorgt, während er nun irgendwie entschuldigend lächelte und sagte: „Ich… hätte beim Schwimmunterricht… wohl besser aufpassen sollen.“ Liam kam gerade heruntergeklettert, er hatte nach verräterischen Rückenflossen Ausschau gehalten. Tatsächlich waren welche zu sehen gewesen, aber er hatte keine Panik verbreiten wollen und hatte abschätzen können, dass sie es vorher an Deck schaffen würden. Eben ließ Drakon diesen überflüssigen Kommentar verlauten und alles sahen, dass sein Hemd blutrote Flecken aufwies, durch die nun neues Blut drückte. Nun ja… Salzwasser desinfizierte.
Drakon hatte keine Lust drauf, aber er wusste, dass er sich nun gleich wieder eine Predigt anhören konnte, die sich gewaschen haben würde. Er wollte jetzt schon die Finger in die Ohren Stecken und „Lalalala“ machen, ließ es aber.