Drakenhorst um 991 LZ

Aya schlängelte sich an allen vorbei, behinderte den Arzt jedoch nicht dabei, während Liam zu sah. Er konnte eh nichts tun. Aya ergriff Drakons Hand, die bereits zur Faust geballt war und wollte ihm so beistehen. Die Wache versuchte immer noch Drakon zu wecken und schließlich hielt der Arzt etwas vor Drakons Nase. Er kniff noch mal die Augen zusammen, drehte den Kopf weg und öffnete die Augen. Er sah dabei direkt in die von Aya und sie sah, dass seine Iris ein wenig heller war als sonst. Oder bildete sie sich das ein? Als würden sie leicht funkeln. Verwirrt sah Drakon sie an und von der ganzen Plage schien nichts mehr übrig zu sein. „Was… was machst du hier?“, fragte er nüchtern. Alle anwesenden sahen ihn verwirrt und fragend an. Er blickte in die Runde und fragte weiter. „Was ist denn hier los?“
Liam beobachtete weiter aufmerksam. Und ihm kam das alles sehr merkwürdig vor. Er wusste nicht genau, was es war, aber irgendwas war dort draußen geschehen. Und es verfolgte Drakon, auch wenn er selbst es nicht zu bemerken schien.
„Geht… es dir gut?“, fragte der Arzt und Drakon sah ihn fragend an. „Öh… ja?“ Die Wachen sahen sich ratlos an und Drakon schien am Ende mit seinem Latein. „Hab… ich im Schlaf gesprochen?“ Er wusste, dass er das manchmal tat.

Aya hielt seine Hand, während der Arzt Drakon etwas unter die Nase hielt. Warum war er nicht aufgewacht, als man ihn zu wecken versuchte. Besorgt sah sie Drakon an, der lediglich fragte, was sie hier machte. Aya starrte ihn an, als habe er sie nicht mehr alle.
"Du ... du hast geschrien und schienst starke Schmerzen zu haben. Man hat versucht dich zu wecken ..."
Aya sah kurz zu Liam. Auch sie wusste nun, das da draußen etwas geschehen war. Seine Augen ... Aya liebte seine Augen, aber sie wirkten heller ... glänzender. Was hatten sie denn nur mit ihm gemacht? Aya ließ Drakons Hand los.
"Dir geht es also gut?"
vergewisserte sie sich noch einmal.

Drakon verstand nicht ganz, was hier los war. „Starke Schmerzen?“ Er richtete sich auf. „Nein. Ich hab keine Schmerzen. Und ich hab geschrien?“ Das verwirrte ihn. Die Fragezeichen standen ihm förmlich im Gesicht. Er blickte Aya an. Seine Augen waren wieder normal und die anderen hatten es auch nicht gesehen, da es nur ganz kurz beim Aufwachen gewesen war. Er prüfte seine Schulter und strich über seinen Kopf. Auch das tat nicht wirklich weh. Sein Körper fühlte sich auch normal an. Er zuckte die Achseln.
„Hast du schlecht geträumt?“, fragte der Arzt nun und Drakon sah nach oben. „Ob ich… hm… ich weiß nicht. Ich kann mich nicht erinnern.“ Das war ja nun auch nichts Ungewöhnliches. Zumindest wenn man nicht gerade aus einem Alptraum erwachte. Der Arzt prüfte seine Temperatur und seinen Puls und entschied, dass alles ganz normal war. Er sagte, dass er wieder hinauf müsse, aber auf Abruf stünde. Drakon gähnte nur und legte sich wieder hin.
Drakon sah zu Aya und wollte sie beruhigen: „Ich versichere dir: Es geht mir gut. Ich bin selbst überrascht gewesen, dass hier das ganze Zimmer voller Leute steht.“

Aya sah Drakon forschend an. Er konnte sich nicht erinnern und dann das mit seinen Augen.
"Also gut. Ich werde dich morgen wieder besuchen. Ich brauche jetzt auch erst mal Schlaf, nach allem was so vorgefallen ist."
Sie verabschiedete sich und ging mit Liam hinauf.
"Morgen nach dem wecken, sollten wir das ganze in Angriff nehmen."
Sie meinte die Praktikumssache. Sicher wäre es besser, wenn sie Drakon ausserhalb der Festung beobachten könnten.

Am nächsten Morgen machte sich Aya auf den Weg zum Frühstück. Liam und sie würden nach dem Frühstück versuchen beim Lordkommandant vor zu sprechen. Wenn alles gut ginge, würden sie diesen Ausflug machen können. Natürlich würden sie niemandem sagen, was sie wirklich vor hatten, denn das würde sie alle beunruhigen und Drakon nur als Zielscheibe da stehen lassen. Natürlich sollte Cana auch dabei sein. Vielleicht würden Kain und Leo auch wieder von der Partie sein. Eigentlich gaben sie doch zusammen eine nette Truppe ab, abgesehen davon, das Aya viel zu zierlich für einen echten Kampf war. Das schien den Anderen allerdings nichts aus zu machen. Wissend sah sie zu Liam und nickte ihm zu.

Der Lordkommandant Darius Nox war wie üblich in seinem Büro. Er war allen anderen Kommandanten überstellt und hatte demnach die ganze Leitung über die Einrichtung. Es war allerdings auch entsprechend schwer an der Vorzimmerdame vorbei zu kommen, da er IMMER Termine, Besprechungen und Bittsteller hatte. Sie sah auf, als Liam und Aya hereinkamen.
„Wir haben dem Lordkommandanten einen Vorschlag zu unterbreiten.“
„Habt ihr einen Termin?“
„Nein.“
„Dann müsst ihr einen Termin machen.“
„Aber es ist wichtig!“, klagte Liam und setzte den hundeähnlichsten Hundeblick auf, den er konnte. Doch… es klappte nicht. Sie sah nur im Kalender nach und sagte: „Ich hätte in drei Wochen was.“ Liam sah sie unzufrieden an. „Kann man das nicht irgendwie beschleunigen?“
Sie sah ihn von oben herab an, da sie auf einer Art Podest saß und sagte nüchtern. „Nein.“ Liam war ratlos. In dem Moment ging die Tür auf und Ayas Mutter trat zusammen mit Darius Nox heraus. Liam stand sofort stramm.
„Huch? Aya? Was machst du hier?“, fragte ihre Mutter.

Aya wusste, wenn die Sekretärin einmal nein sagte, blieb es dabei. Liam versuchte selbst den Hundeblick, aber da biss er bei dieser Frau auf Granit. Ein Termin in drei Wochen könnte viel zu spät sein. In diesem Moment ging die Tür auf und Ayas Mutter kam mit dem Lordkommandant heraus. Aya stand ebenfalls stramm. Auch wenn sie ihre Mutter war, durfte Aya ihre Haltung nicht vergessen. Schließlich wollte sie ihrer Mutter keine Schande machen.
"Wir wollten dem Lordkommandanten einen Vorschlag unterbreiten Mama. Es geht dabei um eine Art Praktikum. Liam kann euch da besser informieren. Er findet immer die richtigen Worte."
Sie konnte nicht genau sagen, was sie da vor hatten. Wichtig war Aya nur, das sie heraus fanden, was mit Drakon geschehen war.

Der Lordkommandant sah Aya nun an und dann Liam. Die Sekretärin schien ein wenig in Panik, dass der Kommandant nun doch belästigt wurde, aber es schien ihm wohl egal. Er sah zu Ayas Mutter und sie zu ihrer Tochter. „Ein Praktikum?“, fragte sie und sah dann zu Liam. „Ja. Es dauert nicht lang. Es ist…“ Darius lief mit Lyra – Ayas Mutter – weiter und sagte: „Wenn es schnell geht, erklärt es mir auf dem Weg. Die Kinder liefen schleunigst hinterher und Liam sprach: „Und zwar hatten wir die Idee, dass wir fertigen Rekruten, die nun die höhere Laufbahn gehen, eine Art Austauschprogramm machen könnten. Also welche aus dem Ausbildungstrupp zu den Diplomaten und so weiter, damit wir auch mal die anderen Seiten kennen lernen.“ Der Kommandant sah zu Liam herüber und sagte: „Und Diplomaten, jenseits der Mauer?“ Liam sah kurz auf den Boden. „Äh… na ja, das nun nicht unbedingt. Aber…“ Er überlegte. „Wir haben festgestellt, dass die aus dem Aufklärungstrupp oftmals schlecht von den anderen denken und unsere Arbeit nicht würdigen. Ein Praktikum, würde doch allen gut tun, damit man mal sieht, welche Arbeit da dahintersteckt!“
Der Lordkommandant schien kurz darüber nachzudenken, während Lyra begeistert sagte: „Aber das klingt ja wundervoll! Der Aufklärungstrupp hat gerade doch sowieso nichts draußen zu tun.“ Darius sah zu ihr herüber. Lyra war ihm immer wie eine Tochter gewesen. Dann sah er zu Aya. „Und das habt ihr euch einfach so überlegt?“ Liam lächelte etwas verlegen. Was ganz klar geschauspielert war und sagte: „Nicht einfach so… Wir wollten Drakon mitnehmen, weil er immer so verbissen ist. Er hat noch nie die Welt gesehen und Kommandant Dracaris macht sich Sorgen, dass ihm das vielleicht da draußen zur Gefahr wird.“ „Kommandant Dracaris, ja?“ Liam nickte. Er sah zu Aya. Vielleicht fiel ihr ja noch was ein.

Sie eilten hinter dem Lordkommandenten her und Liam erklärte fleißig, was sie vor hatten. Natürlich musste sie auch noch was dazu bei tragen.
"Drakon ist der Pflichtbewussteste Mensch, den ich kenne. Er hat allerdings nur den Aufklärungstrupp im Kopf und sollte vielleicht auch ein wenig zwischenmenschliches dazu lernen. Abgesehen davon wäre er derjenige, der uns auf dem Weg am ehesten beschützen könnte und seine Eltern müssten sich nicht sorgen, das er wieder allein in die schwarzen Lande zieht. Ausserdem könnte er hier keinen Unfrieden stiften, in der Zeit, in der der Aufklärungstrupp nichts zu tun hat."
Ob sie damit punkten konnte? Es freute sie allerdings, das ihre Mutter so begeistert von der Idee war.

Die ganze Zeit über war der Lordkommandant eher ein wenig desinteressiert an dem Ganzen. Außer, als der Name Drakon fiel. Irgendwie schienen sich alle hier auf die eine oder andere Weise für ihn zu interessieren. Jetzt wo Aya sprach hörte er ihr aufmerksam zu und schließlich weiteten sich seine Augen leicht. Außerdem könnte er hier keinen Unfrieden stiften… Darius Augen nahmen einen eigentümlichen Glanz an. Er blickte noch mal zu Liam, der zustimmend und energisch nickte und dann sah er wieder zu Aya. „Ich werde alles Notwendige in die Wege leiten lassen. Ich werde alle Kommandanten informieren lassen, sobald mir ein ausgearbeiteter Plan vorliegt.“ Damit schien es beschlossen. „Zurück auf eure Posten!“, schloss er und Liam und Aya salutierten noch mal, ehe sie Lyra und Darius aus den Augen verloren, weil sie in ein Besprechungszimmer verschwanden.
„Sag mal…“, fragte Liam nun genauso nüchtern, wie sonst auch. „Hattest du auch das Gefühl, dass er erst zugestimmt hat, als du davon sprachst, dass Drakon hier keinen Unfrieden stiftet?“ Er sah sie an und dann zuckte er die Schultern. „Wir sollten einen Plan ausarbeiten.“ Dabei mussten sie auch dran denken, einen Erwachsenen für ihr Team auszuwählen, der ihnen alles erklären konnte. Wer aber sollte das sein? Außerdem wäre eine diplomatische Mission nicht so gut. Eher ein Inlandseinsatz als Söldner der schwarzen Festung. Später konnten sie das immer noch tun, aber zu Anfang, sollte Drakon vielleicht nicht sofort zur feinen Gesellschaft.

Nachdem Lyra und Darius verschwunden waren, lauschte Aya Liams Worten. Sie nickte.
"Ja, das Gefühl hatte ich auch. Es war ja nahezu so, als wolle er ihn los werden."
Gemeinsam gingen sie weiter.
"Ja, das wäre sehr wichtig. Wir brauchen einen gut ausgearbeiteten Plan und einen erfahrenen Erwachsenen. Der Koch kommt nicht in Frage, der wird hier gebraucht. Trommeln wir die Anderen zusammen. Cana, Kain und Leo. Sie haben vielleicht gute Ideen."
Nun zumindest hoffte sie das. Einen Erwachsenen aus zu wählen, war nicht so leicht. Vor allem brauchten sie einen, dem sie vertrauen konnten. Wem aber konnten sie vertrauen?

Liam nickte. „Vielleicht kennt deine Mutter jemanden. Drakons Eltern, würde ich da ungern mit einbeziehen.“ Sonst würden sie nur wieder zu Übereltern werden, die ihn unbedingt schützen wollten. Nein, das ging nicht. „Drakon zu überzeugen, dürfte kein Problem sein. Schließlich wird dann ein offizieller Befehl vorliegen. Cana ist noch verwundet und Le und Kain würde ich in eine andere Gruppe stecken, damit es keinen Verdacht erregt. Wir müssen auch die anderen Auszubildenden unterbringen. Es soll eine groß angelegte Aktion werden, damit das für alle normal wirkt.“ Er ging während er sprach schon mit ihr zurück zu ihren Unterkünften.

Gesagt getan! Liam machte sich gleich daran, alles aufzuschreiben. Er wendete den ganzen Tag und die ganze Nacht dafür auf, fertig zu werden. Drakons Anhörung sollte in nun mehr zwei Tagen sein und er hatte nicht noch einmal einen so seltsamen Schlaf gehabt. Zum Glück. Wichtig war auch, dass der Erwachsene Teamleiter von der ganzen Sache erfuhr, damit er nicht erschrak und das ganze abblies. Demnach brauchten sie jemanden, der Drakon nichts erzählen würde und auch sonst niemandem, aber dennoch eingeweiht war. Liam fiel Ausbilder Ares ein, aber … nun er war eben Ausbilder. Er wollte also auch erst mal auf Ayas Rückmeldung warten.

Während sich Liam also mit der Planung herumplagte, versuchte Aya einen passenden Teamleiter zu finden. Sie sprach mit ihrer Mutter noch am selben Abend und hatte Glück. Jetzt mussten sie nur noch mit der guten Dame sprechen. Kajira war eine alte Freundin Lyras. Sie hatten damals ind er Ausbildung oft zusammen gehangen und Unsinn gemacht. Kajira war zu den Söldnern gegangen, weil sie dort ihre Fähigkeiten am besten einsetzen konnte. Aya wartete den nächsten Tag ab und ging dann erst zu Liam. Sie klopfte an seine Tür, wartete auf sein ok und trat ein.
"Meine Mutter kennt eine Söldnerin. Sie haben zusammen die Ausbildung bestritten. Mutter sagt, sie ist absolut vertrauenswürdig und wird sicher nicht nein sagen, wenn sie hört, was wir vor haben."
Jetzt mussten sie sie nur noch informieren. Das sollte allerdings das kleinste Problem sein.

Liam hatte zwar dicke Augenringe, aber bat Aya herein, als es klopfte. Sie berichtete gleich, was los sei und Liam schien ein wenig wacher zu werden. Er sprang auf. „Perfekt!“ Er trug den Namen für ihr Team ein. „Dann ist es fertig!“, sagte er.
Liam lief auf Aya zu, um ihr den Plan auszuhändigen, damit sie ihn vorlegen konnte. Er selbst wollte wohl endlich mal ein wenig schlafen. Schließlich mussten sie am nächsten Tag ja auch mit zur Anhörung. Drakon sollte ja schließlich Teil dieses Unterfangens werden. Damit der Lordkommandant aber noch alle weitere in die Wege leiten konnte, musste der Plan so schnell wie möglich vorgelegt werden.
…

Der Morgen der Anhörung:

Drakon wurde unten in seiner Zelle wiedr mit Handschellen versehen. Er fragte: „Ist das wirklich notwendig? Ich hau euch schon nicht ab.“ Die beiden Wächter sahen ihn nur an und einer sagte: „Das sagen sie alle.“ Dabei grinste er aber, sodass klar war, dass sie Drakon nur aufzogen. Er nahm es hin und folgte brav. Das war so was von lächerlich!
Sie gingen hinauf und betraten den großen Saal, wo sie nun über ihn richten würden. Der Lordkommandant und seine vier unterstellten Kommandanten saßen dort: Ragnar Dracaris – Kommandant des Aufklärungstrupps, Shalelu Donnerbach – Kommandantin der Diplomateneinheit, Jarven Leonhardt – Kommandant der Söldner und schwarzen Garde sowie Garen Demasian – Kommandant der Festungsgarnison. Drakon hielt den Blick gesenkt, bis er an seinem Podium stand. Dort sah er auf und blickte jeden der Kommandanten ein Mal an.
„Drakon Dracaris. Bist du dir der Anschuldigung bewusst, die dir vorgeworfen wird?“, begann Darius. Und Drakon sagte nun ein wenig missgelaunt: „Ja.“
„Und du plädierst auf?“
„Unschuldig.“ Er klang sogar fast gelangweilt. Das war doch wohl ein Witz. Darius fragte Ragnar so laut, dass es jeder hören konnte: „Was haben die Untersuchungen ergeben?“
„Wächter Drakon Dracaris hat angegeben einen freizeitlichen Ausflug hinter die Mauern unternommen zu haben, Lordkommandant. Abzeichen und Umhang des Aufklärungstrupps wurden in seinem Quartier gefunden. Er hatte keine Möglichkeit, diese dort vor der Verhaftung zu deponieren, da er unter ständiger Beobachtung durch Kammeraden und Vorgesetzte stand. Demnach ist offensichtlich, dass er nicht als Aufklärungs-Einheit gegen das Verbot des Ausrückens verstoßen hat und seiner eigenen Aussage Glauben geschenkt werden darf.“ Drakon sah seinen Vater mit halb offenem Mund an. Er hatte nicht damit gerechnet, dass er es ihm so leicht machen würde. Im Gegenteil. Er hatte geglaubt, dass er nun hier auf Biegen und Brechen seine Unschuld beweisen müsste.
„Demnach plädiert auch die Untersuchungskommission für Unschuldig.“ Darius nickte und fragte: „Gibt es Anträge seitens der anderen Einheiten?“ Kurzes Schweigen. „Keine?“ Wieder Schweigen. „Dann bitte ich um Abstimmung.“
„Unschuldig“, sagte Ragnar und dann ging es Reih um, wobei auch die anderen Kommandanten das gleiche sagten. Letztlich schloss Darius Nox mit den Worten: „Unschuldig. Ich spreche dich von der Anklage frei. Du kannst gehen.“
DAS hatte Drakon nicht erwartet.

Liam sah so müde aus und Aya war so fit. Sie nahm den Plan entgegen und verschwand auch gleich, um ihn an Darius Nox weiter zu leiten. Lyra hatte Kajira bereits benachrichtigt und sie gebeten, die Aufgabe an zu nehmen. Die Antwort war ein klares Ja. Wie könnte Kajira ihrer Freundin schon was abschlagen? Die Same am Empfang brachte das Schreiben sofort in Nox Arbeitszimmer. Ein voller Erfolg auf ganzer Linie, wie Aya hoffte. Jetzt mussten sie nur die Anhörung noch gut überstehen und anschließend sehen, wie sie Drakon überzeugen könnten.

Die Anhörung war einfach lächerlich. Selbst Aya fand es bescheuert da zu sitzen und zu zu sehen, wie Drakon frei gesprochen wurde, trotzdem er von vorn herein nichts getan hatte. Jetzt aber, konnten sie endlich wieder was unternehmen. Aya fing Drakon ab, ehe er den Saal verließ.
"Schön das sie ein Einsehen hatten. Was willst du jetzt machen?"
Vermutlich würde er gleich wieder abhauen wollen.
"Liam und ich werden an einem Praktikum bei den Söldnern Teil nehmen. Hättest du Lust, mit zu machen?"
Mal direkt mit der Tür ins Haus fallen.

Das hatte sie sich so gedacht. Drakon sah Aya auf sich zu kommen und blieb stehen. Er sagte: „Lächerlich. Findest du nicht?“ Doch dann erklärte sie gleich das nächste Vorhaben. Drakon sah sie einen Moment nur an und dann sah es so aus, als hielte er sie für nicht ganz dicht. „Was? Wozu? Du warst doch dabei! Meinst du nicht es gibt gerade wichtigeres zu tun?“ Er schob sich an ihr vorbei und wollte wohl zu seinem Zimmer. Liam sah ihm nach und dann sagte er zu Aya: „Hätte ich dir gleich sagen können.“ Dann wendete er sich ab und sagte amüsiert: „Er wird sich wundern.“

Am Zimmer angekommen standen zwei Wachen vor seiner Tür. Echt jetzt? Sie schienen jedoch nichts von ihm zu wollen. Drakon konnte ungehindert passieren und als er nun eintrat stand dort eine Person in seinem Zimmer. „Hallo Drakon.“, sagte sie und Drakon versteifte sich leicht. „Vieze…kommandantin Raija Karmanath?“ fragte Drakon hölzern. Sie war… aufreizend war leicht untertrieben. Sie machte keinen Hehl um ihren Körper und stellte ihn, wann immer es ging zur Schau. Nicht zuletzt war ihr riesiger Vorbau legendär. Sie war leicht bekleidet, aber nicht nuttig. Irgendwie verstand sie es trotzdem so auszusehen, dass sich nahezu jeder Kerl unweigerlich beschämt fühlte, wenn er sie betrachtete. Drakon sah schräg in eine obere Ecke seines Zimmers und fragte: „Was… was kann ich für euch tun?“
„Oh, nett dass du fragst, mein Lieber.“ Drakon sah sie kurz an, als sie näher kam. Schließlich sah er ihr direkt in die Augen. Sie lächelte ihn an und sagte dann leise und hauchzart: „Ich wollte nur mal wissen, wie mein neuer Praktikant so wohnt. Ist ja nicht sehr häuslich eingerichtet hier.“
„Wie meinen?“, brachte er nur hervor.
„Oh? Hat man dir noch nicht gesagt, dass du mir ab jetzt für eine Weile unterstellt bist? Hast du kein Schreiben bekommen?“ Doch, es lag auf seinem Schreibtisch, weil sie es dort hin gelegt hatte. Dann tat sie ganz überrascht. „Ach stimmt ja, du warst weggesperrt.“ Sie lächelte liebevoll und dann drückte sie Drakon an sich, wobei sie ihn herab zerrte und in ihr Dekolleté drückte. Ihr Blick wurde nun gruselig und ihre Kämpfernatur kam zum Vorschein. „Wir werden viiieeel Spaß haben…“ Zwar würde sie ihn an ihre Schwester Kajira weitergeben, aber nun ja. Drakon fuchtelte mit den Armen und versuchte loszukommen. Sie ließ ihn schließlich auch und sagte: „Willkommen! Dein Schreiben liegt dort hinten.“ Sie schlenderte aus dem Raum und drehte sich noch mal um, wo sie ihm ein Augenzwinkern und einen zugeworfenen Kuss schenkte. Drakon lief eine Gänsehaut hoch und wieder runter.

Natürlich war es lächerlich, aber auch Drakons Verhalten war nicht gerade normal. Er tat ja so, als hinge das Leben der Welt nur von ihm ab. Er ging und Liam bemerkte, das er es ihr auch hätte sagen können. Aya sah Liam an, als er erklärte, Drakon würde sich wundern.
Sie kniff die Augen zusammen und musterte Liam misstrauisch.
"Was hast du getan?"
Sie hatte das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Erst später erfuhr sie von Raija Karmanath und ihrem Auftritt, jedoch nicht in allen Einzelheiten.

Drakon nahm seine Pflichten eben sehr ernst. Und zwar hing nicht alles ausschließlich an ihm, aber er war doch ein Teil des Aufklärungstrupps. Jetzt stand er sinnlos in seinem Zimmer herum und sah zur Tür. Diese Frau war gruselig. Was hatte sie denn da gefaselt? Ihr unterstellt?! So weit käme es noch!
Er stiefelte zu seinem Schreibtisch und zog das Schreiben aus dem Umschlag.

Information zur Lage der Streitkräfte:

Aufgrund verschiedener Ereignisse ist es dem Aufklärungstrupp erst nach gründlicher Prüfung der Fakten und sachdienlicher Planung eines Einsatzes gestattet, eine neue Expedition in das vom Feind besiedelte Gebiet vorzurücken.
Es liegt daher eine allgemeingültige Ausgangssperre in die sogenannten „Dunklen Lande“ vor. Es ist Mitgliedern der Schwarzen Garde, des Aufklärungstrupps und der Führungsriege in ausdrücklich genehmigten Ausnahmefällen gestattet Aufklärungsausflüge zu vollziehen.

Information für ausgewählte Rekruten und Mitglieder der Streitkräfte:
Drakon Dracaris_______
(Name bitte hier einsetzen)

Aufgrund eines neuen, taktischen Programms, wird allen Rekruten und Wächtern ein Sonderurlaub oder Sonderaufenthaltsrecht gewährt. Dies bezieht sich auf einen Zeitraum von 1-3 Monaten und ermöglichtes allen derzeitigen Absolventen und Auszubildenden einen Einblick in die anderen Abteilungen unserer Streitkräfte zu bekommen.

Drakon hatte plötzlich Herzrasen. Er konnte nicht glauben, was er da las und außerdem wollte er auch nicht weiterlesen, da er ahnte, was nun kam. Dennoch tat er es.

Für die Zeit des Austausches, seid ihr Vizekommandantin Raija Karmanath unterstellt und werdet mit der Einsatzleiterin Kajira Karmanath eine Mission ins Inland übernehmen. Dieser und allen folgenden Anweisungen seitens K. Karmanath ist unbedingt Folge zu leisten. Eine Nichteinhaltung wird als Befehlsverweigerung eingestuft und entsprechend geahndet.
Die Aufteilung erfolgt kommenden Mondtag auf dem Exerzierplatz.

Mit freundlichen Grüßen

Lordkommandant Darius Nox

Drakons Augen waren weit geöffnet. Der Brief in seiner Hand zitterte und er stand da, wie zu Stein erstarrt.

Liam sah wieder zu Aya herüber. Er sagte nur: Die Vizekommandantin Raija ist in seinem Zimmer. Der Lordkommandant war wohl der Meinung, seine eigentlichen Kommandanten nicht damit zu belästigen. Vielleicht hatten DIE auch nur keine Lust.“ Er zuckte die Schultern und nickte in die Richtung, wo es zu den Quartieren ging. „Wir sollten mal nach ihm sehen, nicht?“
Ihnen entgegen kam eine fröhlich pfeifende Raija. Sie grinste und flötete ein: „Hi~“ Doch sie ging auch einfach weiter.

Aya hörte die Worte, doch es dauerte einen kleinen Moment, ehe sie begriff, was er da sagte. Im nächsten Moment kam Raija auch schon vorbei, flötete ein Hi und verschwand. Diese Frau war eben bei Drakon gewesen? Der Arme muss sich doch wirklich in Grund und Boden geschämt haben.
"Ja, ich denke das sollten wir ... ganz schnell."
Sie packte Liam am Arm und zog ihn hinter sich her.
"Er wird irgendwann noch mal ein Trauma von diesen Aktionen bekommen. Hoffen wir mal, das er es gefasst auf nimmt."
Es dauerte nicht lange, ehe sie an Drakons Zimmer waren. Die Tür war nicht ganz geschlossen und so sahen Aya und Liam, wie Drakon da stand, zitternd einen Brief in der Hand hielt und offensichtlich alles andere als Begeistert war. Aya schob die Tür vorsichtig auf.
"Drakon? Alles ok? Gehts dir gut? Du siehst aus, als habest du eben einen geist gesehen."

Drakon kämpfte innerlich mit dem Drang einfach loszubrüllen. Er war frustriert. Wie konnte die Führung die offensichtliche Gefahr einfach wegignorieren? Oder ging es hier um Dinge, die Drakon nicht begreifen konnte? Ging es um etwas Größeres, was nur der Führung vorbehalten war? Heckten sie schon einen Plan zum Gegenangriff aus? Würden sie der Gefahr Einhalt gebieten und mit einem Trupp von sehr erfahrenen Leuten losziehen? Drakon war verwirrt, verärgert und fassungslos. Er merkte nicht mal, wie sich die Tür aufschob. Bei Ayas Stimme zuckte er leicht zusammen und gab ein überraschtes leises Quieken von sich.
Er stand mit dem Rücken zu ihnen und jetzt drehte er sich mechanisch um und auf seinem Gesicht zeichnete sich ein … nun man hätte es als Lächeln bezeichnen können. Die Augen waren dabei geschlossen. Liam wich einen Schritt zurück, denn das „Lächeln“ sah unfassbar gruselig aus. Dann piepste Drakon ein: „Klar.“
Nun verstand er auch, warum Aya ihn gefragt hatte. Drakon drehte sich gänzlich zu ihnen und der Brief in seiner Hand erlag einer grausamen Krüpfelattacke. „Ich bin wieder frei.“ Er krüpfelte den Brief weiter zusammen. „So zusagen.“ Liam blieb einfach draußen stehen und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. Man… Der Kerl kann einem wirklich Angst machen… Es war lange her, dass Liam so etwas gedacht hatte.
Um Drakon hatte sich förmlich eine Nachtschwarze Dämonische Aura gebildet. Er lächelte immer noch wie ein Dämon, obwohl er sich zwang, freundlich auszusehen. „Sag mal Aya…“ Er kam nun auf sie zu und bückte sich hinab, sodass sein Gesicht direkt vor ihrem war. „Du hast keine Ahnung, was das hier soll oder?“ Schließlich hatte sie ihn ja schon darauf angesprochen gehabt. „Hm?“, bohrte er direkt nach.

Das er aufquiekte, war ja doch irgendwie ganz niedlich, aber was dann kam, sein ganzes Verhalten, seine Bewegungen ... Liam war schlau genug gewesen sich raus zu schleichen so lange er es noch konnte, aber Aya war ja noch immer im guten Glauben, Drakon würde ihr kaum den Kopf abreißen. Ihre Augen weiteten sich, als Drakon so bescheuert grinste. In diesem Moment hätte man tatsächlich glauben können, die Schatten haben ihn beseelt oder etwas schlimmeres mit ihm angestellt. Aya wich glatt mit dem Oberkörper ein wenig zurück, als Drakon sich zu ihr runter beugte. Er sah so unheimlich dämonisch aus, sie hätte hier vermutlich gut einen Exorzisten brauchen können.
"Nein?"
piepste sie nun ihrer Seits.
"Ich dachte ... also ich wusste nicht, das es ein Befehl sein wird. Ich dachte es sei Freiwillig,"
erklärte sie verunsichert lächelnd.

Drakon nahm zur Kenntnis, dass sie zurückwich und trat noch einen Schritt näher. „So?“, fragte er. „Du dachtest, es sei freiwillig, hu?“ Er öffnete seine Augen nun ganz und flötete: „Nun, es ist ein Befehl und damit unumstößlich, nicht?“ Er deutete auf das Papier, was er wohl am liebsten atomisiert hätte, so wie es zerknüllt war. Liam raufte sich draußen die Haare und entschied, dass er einschreiten musste, ehe noch ein Unglück geschah. Er flutschte förmlich um den Türrahmen und stand nun an die Wand gedrückt im Zimmer. Er suchte nach Worten und das Bild, was sich ihm zeigte, war wie aus einer Gruselgeschichte. Drakon nahm ihn gar nicht wahr und grinste immer noch, wie ein Dämon. Wieso eigentlich stellte er jede Aussage als Frage?
Liam wollte gerade etwas sagen, als ihn Drakons Messerscharfer Blick traf. Er versteifte sich und Drakon sagte: „Und du warst wohl das Hirn hinter der Sache, hm?“ Liam versuchte irgendwas zu erläutern mit irgendwelchen Handzeichen, weil er keinen Ton rausbrachte und Drakon ließ ihn ja gar nicht zu Wort kommen. Er hatte sie durchschaut und ertappt. „Also…“, begann Liam und Drakon unterbrach ihn. „Wieso?!“ Der Brief fiel nun als Knüllkugel zu Boden und Liam brachte schließlich hervor: „Befehl!“ Das zeichnete Drakon nun die Fragezeichen ins Gesicht. „Ist doch egal wie, es ist ein Befehl, dem wir alle Folge leisten müssen.“ Drakon wäre am liebsten explodiert.

Aya beugte sich noch weiter zurück und ging dabei schon fast in die Knie. Das Drakon sie so schnell durchschaut hatte, war wirklich alles Andere, aber nicht das was sie erwartet hatte. Schließlich widmete er sich Liam, der nun ebenfalls nicht wusste, wie er reagieren sollte. So viel zu Ausbilder lassen sich nicht einschüchtern. Nun andere Ausbilder hatten auch keinen Drakon vor sich, der wütend auf sie war, weil sie ihm etwas eingebrockt hatten, was er so GAR NICHT wollte. Aya beschloss sich nun doch durch zu ringen und Drakon die Stirn zu bieten.
"Ach nu hör auf. Es ist ein befehl und fertig. Wir wussten wirklich nicht das es als Befehl raus geht und auch nicht wer die Kommandanten sind. Durch den Streit mit Cana kam das alles. Es soll Missverständnisse ausräumen und einen Einblick in die Arbeit Anderer geben. Die haben den genauen Bericht von dir und mir vorliegen. Was sollen sie tun? Wild drauf los stürmen und alles niedermetzeln, was sie vor sich sehen? Das muss durchdacht und geplant werden. Bis sie wieder raus gehen, bist du wieder zurück. Es ist ja nur ein kurzes Praktikum."

Liam hüstelte leicht, als Aya so los legte und nickte an den entsprechenden Stellen. Er nahm seine übliche Fassung wieder auf und straffte sich. Drakon hingegen sah Aya nun fest an und schließlich stieß er resignierend die Luft aus. Er hob das schreiben auf, entfaltete es wieder und starrte auf die Zeilen. Schließlich sagte er nur: „Das ist Zeitverschwendung.“ Er sah auch wieder vollkommen normal aus und fragte: „Und ihr werdet teil des Teams sein, wie?“ Liam nickte. Erneut stieß Drakon die Luft aus. „Also fein.“
Er glättete den Brief wieder und legte ihn auf den Schreibtisch. Mondtag war am nächsten Tag und raus gehen durfte er sowieso nicht, wie er dem Brief entnehmen konnte. Wie nervig. Was sollten sie also nun tun? Drakon hatte sich in der Zelle schon halb tot gelangweilt. Liam trat nun vor und sagte nüchtern: „Schön das du ein Einsehen hast.“ Drakon funkelte ihn an, aber dann schloss er die Augen seufzte ein drittes Mal und fragte: „Und? Ist noch was?“

Aya sah Drakon nur schweigend an. Was sollte sie dazu noch sagen? Die Truppe musste sich erst organisieren, ehe sie da raus gehen könnten und wer wusste denn schon, was mit Drakon da draußen geschehen war? Nun Aya war froh, das er sich beruhigte.
"Hier herum zu sitzen und zu warten, bis ihr wieder raus geht ist Zeitverschwendung. Sei froh, das du noch was zu tun hast. Und wenn es dir um heute geht ... Ich könnte noch ein wenig Training gebrauchen ... falls du lust hast. Sonst ..."
Sie sah fragend zu Liam. Er wäre nach Drakon der nächste, dem sie vertraute und dem sie vor allem zutraute, ihr helfen zu können.
"Sieh es mal von der positiven Seite. Auch im Inland werden Krieger gesucht, die so aufmerksam und zuverlässig sind, wie du es bist. Du sollst da ja nicht hin wechseln, sondern nur mal reinschnuppern. Mehr nicht."
Er hatte ja schon klein bei gegeben, aber Aya wollte noch mal verdeutlichen, das es kein endgültiger wechsel wäre.

Oh man… Liam konnte die Ablehnung förmlich schmecken, die Drakon ihm entgegenbrachte. Aya schlug Training vor und Liam hätte sich gern die Hand auf die Stirn geschlagen. Wenn DER jetzt trainieren würde… das würde doch nur Verletzte geben. Drakon sah auf Aya herab und sagte: „Von mir aus…“
Liam schlug sich innerlich noch mal die Hand gegen die Stirn und wollte eben sagen, dass er noch Vorbereitungen treffen könnte, als Drakon sagte: „Wollen wir doch mal sehen, was der Ausbildertrupp draufhat. Technisch gesehen, wäre ich ja auch erst im ersten Jahr der Ausbildung.“ Wieder dieses Lächeln. Es sah zwar nicht gruselig, sondern wirklich freundlich aus, aber Liam traute dem Frieden nicht. Drakon fügte an: „So zu sagen… mal reinschnuppern.“
Liam antwortete kühl: „Gute Idee. Mal sehen, was der frischgebackene Grenzgänger so draufhat. Man hört ja allerhand.“ Die Zwei wollten wohl einen Wettstreit draus machen? Das konnte nicht gut gehen. Drakon nahm schon seine Sachen und lief los zum Trainingsplatz.