Alec Blake Di Dez 13, 2022 3:29 am
Alec jedenfalls genoss die wunderbare frische und klare Luft. Er fühlte sich, seitdem er Mira bezwungen hatte, so viel freier. Es schien, als könne seine Lunge plötzlich mehr Volumen fassen und als sei die Welt wieder etwas farbiger geworden. Adam hatte ihm verziehen, Lizzy war glücklich, dass er Zeit für sie hatte und … Nun, er HATTE faktisch viel mehr Zeit. Er arbeitete, wenn überhaupt, nur halbtags, ließ sich auf keine Geschäfte mehr ein und war schon dabei, seinen Nachfolger zu bestimmen. Das Auswahlverfahren war langwierig, denn obwohl ihm seine Firma überhaupt nichts bedeutete, so trug sie seinen Namen und es wäre sicherlich nicht verkehrt, wenn er trotzdem weiterhin davon leben konnte. Er konnte Vorsitzender des Aufsichtsrates werden. Das und seine Anteile an Blake Industries würden für seine und Lizzys Zukunft sorgen.
Alec lächelte leicht, als er einen Penner auf der anderen Straßenseite sah. Er zückte seine Brieftasche und nahm 100 $ raus. Er überlegte noch mal. Alec steckte das Geld wieder weg und kniete sich herab. Der Mann war noch nicht alt und er wirkte, als sei er erst seit kurzer Zeit obdachlos. Sein Schild trug die Aufschrift: Ich habe Hunger. Gott schütze Sie! die ranzige Decke, die seine Beine bedeckte, war löchrig und die Mütze, die der Mann trug verbarg sein ungewaschenes halblanges Harar nur mäßig. Er sah auf, als Alec dort so hockte und betrachtete ihn müde, aber auch überrascht.
„Was ist passiert?“ Der Mann schien einen Moment zu begreifen. „Was?“ Wieso sind sie obdachlos?“ Der Mann sah zur Seite. „Ich… hatte Schulden.“ „Weswegen?“ Der Mann druckste herum und wollte es wohl nicht sagen. „Wie heißen sie?“, fragte Alec und der Mann sagte: „Aziz Said.“ Der Mann war nicht von hier und hatte arabische oder ägyptische Züge. Alec bohrte nach. „“Wie kommen sie auf die Straße? Ihre Kleidung. Sie ist zerschlissen, aber sie konnten sich mal Armani leisten.“ Alec erkannte sowas schließlich auf den ersten Blick. Wieder sah ihn der Mann mit einem wehmütigen Blick an. „Meine Frau wurde sehr krank, Mr. Blake.“ Oh? Er hatte ihn erkannt? Alle Alarmglocken schrillten plötzlich in Alecs Hinterkopf. „Ich habe nicht schlecht verdient, aber sie… Sie war eine schlecht bezahlte Aushilfskraft. Wir konnten gut von meinem Verdienst leben, aber mit ihrer Krankheit und der fehlenden Versicherung.“ Alec ahnte, worauf es hinauslief. „Sie hat ihren Kampf verloren. Und mit ihr, ging mein Licht und mein Herz.“ Tränen traten in die Augen des Mannes und Alec hatte zwar Mitleid dachte aber: … und dein Geld…. Alec sah zur Seite. „Sie kennen meinen Namen, aber… ich war es hoffentlich nicht, der sie entlassen hat, oder?“ Der Mann musste durch die Tränen kurz auf glucksen. „Nein, Sir.“
Alec wusste, dass es viele Obdachlose gab, die nur deshalb nicht mehr auf die Beine kamen, weil sie nirgendwo mehr eine Chance bekamen. Wer stellte schon einen Penner ein? Alec betrachtete den spärlich gefüllten Hut und streckte die Hand nach dem Mann aus. „Kommen sie.“, sagte er. Aziz sah ihn verwirrt an. Irgendwie… er hatte ein Déjà-vu-Erlebnis. Er war schon mal mit einem Penner um die Häuser gezogen. Man, war Kayla da stinkig geworden. „Na kommen sie schon! Ich lad sie zu nem Hot-Dog ein.“
Aziz schaute sich kurz auf seinem Platz um und Alec sagte: „Lassen sie es einfach da.“ „Aber-“ „Bitte.“, forderte Alec nachdrücklich. Dann zückte er sein Telefon und rief Kayla an. „Hey, ich verspäte mich. Wartet nicht auf mich. Ich bin in drei…“ Er musterte Aziz. „Oder eher vier Stunden Zuhause.“ Er ließ Kayla kurz sagen, was sie zu sagen hatte und meinte dann: „Jaa, alles ok. Keine Sorge.“ Dann hatte er einen Geistesblitz. „Als Entschädigung, können wir heute Abend essen gehen. Bring Jack, Lizzy und Adam mit.“ Wieder lauschte er ihr und verabschiedete sich mit: „Jaha, ich passe auf mich auf. Bis dann.“ Er seufzte und sah zu Aziz, der ihn fragend, aber auch etwas unterwürfig musterte. „Was… haben sie denn mit mir vor?“ Alec grinste. „Sehen sie schon. Erst mal: Hot-Dog mit Würstchen oder Veggi?“
Sebastian fuhr hingegen mit Kayla zur Schule. Sie kamen gerade etwa zehn Minuten vor Schulschluss an der Schule an, als Kaylas Telefon klingelte. Alec erklärte sich gerade und Sebastian sagte: „Fragen sie ihn, ob alles in Ordnung ist.“ Sebastian hatte ein ganz mieses Gefühl bei alledem. Er hasste es, wenn er nicht bei Alec war, schließlich war ER sein Schützling und nicht Kayla. „Er soll auf sich aufpassen. Sagen sie es ihm!“ So kannte man Sebastian selten, aber nach allem, was geschehen war, war er nun mal unruhig, wenn er nicht in unmittelbarer Nähe zu Alec war. Zumal ihn dieser Kerl sonst immer in alles eingeweiht hatte! Sebastian jedenfalls stellte den Motor ab und sah dann zu Kayla nach hinten durch den Rückspiegel. „Verzeihen sie.“ Ihm war durchaus klar, dass er sich ungebührlich verhalten hatte. „Kommt nicht wieder vor.“ Und doch. Sebastian wurde das Gefühl nicht los, dass was auch immer Alec vorhatte, es vermutlich wieder in einem Desaster enden würde!
Lizzy kam kurz nach dem Klingeln aus der Schule gestürmt und rannte schon auf die Limo zu. Sie freute sich immer, wenn ihr Vater sie abholte. Auch über Kayla freute sie sich immer sehr, aber sie hing nun mal echt an ihrem Vater. Sie riss die Tür auf. „Kayla!“, jauchzte sie und hopste ins Fahrzeug. Sie sah sich um und fragte: „Papa noch nicht da?“
„Er hat zu tun.“, knirschte Sebastian, der regelrecht beleidigt war, dass Alec ihm nicht gesagt hatte, was er gerade trieb. Kurz trat ein Ausdruck auf Lizzys Gesicht, der sehr enttäuscht aussah, dann aber strahlte sie Kayla an und meinte: „Egaaal. Hast du frei? Machen wir was?“