Dunkelheit… Es war still und schmerzlos. So war es zu sterben? Varus konnte sich nicht umsehen, weil einfach alles schwarz war… Schwarz, leer und kalt. Aber er fror nicht. Es fühlte sich an, als hinge er an Fäden, als habe er sie selbst in der Hand. Einfach los lassen. Einfach nur loslassen, dann wäre es für immer vorbei. Er hatte genug gelebt. Er hatte genug getan und er hatte genug Leid erfahren. Er war müde.
Nanami zerrte seinen toten Leib zu ihrem Baum sie flehte um sein Leben, rief nach ihm, wollte ihn zurück holen und Varus rührte sich nicht. Er blieb tot, reglos, still…
“Stillstand ist tot!“, donnerte eine Stimme. Sie war verzerrt und Varus riss die Augen auf. Nichts… nur Dunkelheit. „Erwache!“ Varus sah sich erneut um und erblickte ein Licht. Die Fäden seines Seins zogen schmerzhaft an seinen Muskeln. „Ein Leben für ein Leben… Kind, du weißt es besser.“ Varus wollte etwas sagen, doch da war nichts, was seine Kehle verließ. Sie ruft nach dir. Leise drang Nanamis stimme an seine Sinne. Sie war verzweifelt und flehte ihn an, nicht zu gehen. Wieso nicht, er konnte ihr nicht helfen. Er hatte seine Lebenskraft aufgebraucht um seine Schöpfung zu retten… Seine Schöpfung. Die Schwerelosigkeit verschwand und ein Drückendes Gewicht lag auf seiner Brust. Die Schöpfung. Varus Verstand arbeitete langsam. Er hatte stets und ständig nur zerstört, genommen, verheert und verbrannt, aber… Zyra, SIE hatte er erschaffen und heute… hatte er ein Leben geschenkt, anstatt es zu nehmen. „Mein Kind… du sollst meine Gnade erfahren. Dein Opfer soll nicht ungesühnt sein.“ Der Drück wurde stärker, die Fäden schnitten in seine Seele und er wollte einfach aufhören zu existieren. Varus konnte schemenhaft seinen Körper erkennen, die große Wunde auf seiner Brust, sie leuchtete mit jedem Herzschlag. Sein menschliches Herz. Ein Herz, dass nicht das seine war. Er schrie auf und sein eigener Schrei erschütterte die Finsternis, weißes Licht explodierte, als er in die Wirklichkeit gerissen wurde.
Nanami weinte um ihn, sie wünschte ihn ins Leben zurück und ihr Wunsch war nicht ungehört geblieben. Sie spürte diesen Drang, spürte, dass es der einzig Richtige Weg war, jetzt zu handeln und noch bevor ihre Lippen, die von Varus berührten, strömte etwas goldenes aus ihrem Mund in seinen. Als würde sie ihm die Seele zurück hauchen. Dann trafen sich ihre Lippen und einen furchtbar langen Moment geschah absolut nichts, während ihre Tränen weiter liefen. Und dann ganz plötzlich riss Varus die Augen auf. Er bewegte sich sonst nicht und seine Pupillen verengten sich zu hauchdünnen schlitzen. Sein Herz fing an zu schlagen und einen furchtbar langen Moment, wollte sich seine Lunge nicht dehnen. Doch dann, als Nanami von ihm abließ, holte er tief und keuchend Luft. Er schloss die Augen und versuchte zu Atem zu kommen. Alles, was er erlebt hatte, begann zu verschwimmen. Seine Erinnerung ans Jenseits verblasste schon, wie nach einem Traum und schließlich war sie gänzlich gelöscht. Er öffnete die Augen wieder und sah Nanami an. Dieser Moment… Der Moment seines Erwachens, ihr Tränenverschleiertes Gesicht… Er würde ihn nie wieder vergessen.
Was noch keinem aufgefallen war: Der Baum hatte eine einzelne Blüte sie strahlte in einem so warmen und wundervollen rot, wie keine andere Blüte dieser Welt. Sie war wunderschön und kein Wesen würde auch nur einen Gedanken daran verschwenden, diese Blume zu brechen.