Die Nördlichen Königreiche

Die Hexe die er pflügte? Das war ja wohl das unverschämteste, was sie je gehört hatte. Sie war so wütend, das sie sich noch wehrte, als Geralt sie schon am Handgelenk mit sich raus zog.
"DASEINSBERECHTIGUNG???? Und woher habt ihr die EURE?!"
Sie war schon draußen. Was hätte sie dem Kerl doch gern noch alles an den Hals gewünscht, aber dazu kam sie ja gar nicht mehr.
"Du hast ihm den Arsch gerettet! Warum sind Menschen so? Warum müssen sie alles, was anders ist so schlecht behandeln?"
Sie hätte heulen können vor Wut. Sie musste erst mal Luft holen und sich beruhigen.
"Ich ... woltle dir keinen Ärger einhandeln ... sondern ... "
ja was? Sie wollte Gerechtigkeit für Gerald.

Geralt musterte sie, als sie so vor ihm stand. Sie verstand nicht, wie es normalerweise lief, wenn er einen Auftrag erledigt hatte und dann solche wie der da für den Lohn verantwortlich waren. Er ließ sie jedenfalls wieder los und sagte nun: „Du bist weder mein Kindermädchen, noch musst du mich vor irgendwem verteidigen, Luna.“ Er sprach nicht zornig oder dergleichen sondern ganz gleichgültig. „Niemandem ist damit geholfen.“ Er deutete nun auf die Tür des Hauses. „Das einzige was du jetzt erreicht hast, ist, dass er wütend auf uns beide ist.“ Er schüttelte den Kopf. „Du hast nicht MIR Ärger gemacht, sondern dir selbst.“ Er sah zum Haus. Der Kerl beobachtete nun beide durch das Fenster. Sie erinnerte ihn sehr an jemanden, der ihm sehr wichtig war und den er sehr mochte. Er versuchte es ihr zu erklären. „Menschen haben Angst vor dem, was anders ist. Sie wissen es nicht besser.“ Er schien ja wirklich eine Engelsgeduld mit Menschen… oder besser Widerlingen wie diesem Mann zu haben. Er hatte ihn zwar bedroht, aber zumindest hatte er ihn nicht beleidigt. Außerdem konnte ER sich wehren. Luna wohl eher nicht. „Und jetzt kühl dich ab.“ Er kippte ihr nun den letzten Inhalt seiner Wasserflasche über.

Nein, das verstand sie wirklich nicht, aber ... sie hörte Geralt bereitwillig zu. Was er sagte, brachte sie zum Nachdenken. Sie wusste nichts von der Welt, nur von IHRER Welt, in der Intrigen und so etwas vorherrschten.
"Aber das ... also gut. Dann ... werde ich mich zurück halten."
Von wegen. Sie würde noch merken,d as es nicht so leicht war, sich vor ihn zu stellen, um ihn zu verteidigen. Zumindest würde sie sich nicht mehr bei seinen Lohnverhandlungen ein mischen. Naja ... sie hätte da vermutlich eh keine Gelegenheit mehr zu, ausser ihr Traum war so etwas wie eine versteckte Deutung der Zukunft gewesen. Sie wurde plötzlich aus den Gedanken gerissen, als Geralt ihr das Wasser über den Kopf schüttete. Es war nicht so kalt wie das Wasser aus dem Bach, aber immer noch kalt genug, um sie erschrocken nach Luft schnappen zu lassen. Wie ein begossener Pudel stand sie nun du.
"Ok ... das hab ich verdient ..."
aber das hieß nicht, das sie sich dafür nicht revanchieren würde.

Geralt betrachtete ihre Reaktion. Ja… Sie war genau wie sie. Er schloss die Augen kurz und sagte dann: „Fein. Dann gehen wir jetzt in Ruhe was essen und trinken.“ Abgehakt. Er zog Plötze nun weiter und band sie vorm Gasthaus an, wo es eine Tränke und Stroh gab. Er ging hinein und verschaffte sich einen Überblick. Es waren einige Stammgäste – wie er vermutete – zugegen. Die Kellnerin wuselte umher. An manchen Tischen wurden Karten gespielt oder die Würfel gerollt. Er ging mit Luna also direkt an einen freien Tisch. Er setzte sich und stellte die Schwerter neben sich ab, indem er sie gegen den Tisch lehnen ließ. Eine misstrauische Blicke gingen zu ihnen herüber. Andere ignorierten sie eher. Geralt sah auf, als die Kellnerin kam. „Gütige Göttin!“ Sie hatte sich vor seinen Augen erschreckt. „Verzeihung. Ihr seid der Hexer, stimmt’s?“ „Ich bin ein Hexer, ja.“ Sie errötete leicht. „Also der uns von dem Monster befreit hat.“ Er sah sie einfach an. Würde da noch was kommen? „Ich möchte euch eine Runde Bier spendieren.“ „Das ist nett, danke.“ Sie knickste höflich und brachte Bier. Dann bestellte Geralt Essen für sich und Luna und sie verschwand. Nicht jedoch ohne ihm vorher einen Blick zuzuwerfen, den Luna schon oft gesehen hatte. Sie schien ziemlich auf ihn zu stehen. Trotz der Augen oder vielleicht genau deswegen.

Sie sagte nichts, sondern folgte ihm schließlich einfach. Das würde er ihr noch büßen. Sie mochten nicht mehr lang gemeinsam Zeit verbringen, aber sie würde ihm in dieser kurzen Zeit auch noch .... nen. Er hatte genug zu erleiden. Vielleicht aber doch? Vielleicht wenn sich eine Gelegenheit ergab. In einem solchen Gasthaus war sie noch nie gewesen. Ihre Eltern hatten immer dafür gesorgt, das sie nicht in so etwas rein musste. Neugierig sah sie sich um, während sie Geralt weiter folgte. Er steuerte einen freien Tisch an, an dem sie gleich beide Platz nahmen.Tatsächlich bestellte er für sie das Essen mit und die Bedienung brachte ihm Bier. Das hatte sie auch noch nie trinken dürfen. Es war ganz schön bitter und schmeckte nicht sonderlich toll, aber es hatte durchaus was. Jedenfalls besser, als dauernd Wein. Die Schankmaid schien Gefallen an Geralt zu finden. Ja, so sahen die Mägde oft die Burschen an, ehe sie irgendwo im Stroh oder Heu verschwanden, wo sie sich unbeobachtet fühlten. Sie verdrehte die Augen, aber wenn Geralt sich mit dem Weib abgeben wollte, war das seine Sache.
"Sind alle so zu dir? Ich meine ... die Männer scheinen dich zu hassen und die Frauen ziehen dich schon mit Blicken aus,"
bemerkte sie recht leise, um nicht wieder Aufmerksamkeit auf Geralt und sich zu ziehen.

Sie fragte ihn erneut, wie die Gesellschaft ihn sah und Geralt musterte sie. Er antwortete ihr prompt. „Du bist nicht so.“ Sie gehörte doch auch zu allen. Oder nicht? Aber ja. Scheinbar lösten Hexer bei den Frauen irgendwas aus. Er war mal in ein Dorf gekommen, da hatte jemand gerufen: Ein Hexer ist im Dorf! Versteckt eure Frauen! Es hatte ihn amüsiert. Wenngleich er natürlich niemanden verführte, aber wenn sie schon freiwillig zu ihm kamen? Er hatte auch Bedürfnisse. Und… nun ja krank werden konnte er nicht. Auch nicht da unten.
Er wartete bis das Essen kam. Dann sagte er zu ihr: „Du hast mich gefragt, ob du nicht bei mir bleiben kannst. Und ich kann das nicht verantworten. Das Leben eines Hexers ist nichts für eine Blume, wie dich. Du wirst zurück nach Hause müssen oder jemanden finden, der dich aufnimmt.“ Was sollte er sonst sagen? Er hatte lange drüber nachgedacht. Er sah keinerlei Vorteil darin, sie mit sich zu nehmen. Wirklich keinen.

Sie war anders. Schön. Das hatte sie zu Hause auch immer zu hören bekommen. Offensichtlich passte sie in gar keine Sparte. Weder in die der Adeligen, noch in die der Bauern. In was passte sie aber dann. Als das Essen kam, suchte sich Geralt ausgerechnet diesen Moment aus, um ihr mit zu teilen, das sie entweder verheiratet wurde, oder aber anderweitig an ein Heim gebunden werden müsste. Nun für sie war nichts anderes möglich. Die wenigstens Mädchen ihres Alters hatten die Freiheit zu wählen. Sie kaute nachdenklich ihr Essen, sah Geralt dann an und meinte:
"Hab ich das? Nein."
Sie würde das Essen jetzt nicht verschmähen, nur weil es ihr nicht passte, was er sagte.
"Dann werde ich wohl einen frühen Tod haben. Hoffentlich erinnerst du dich daran, wenn du das nächste Mal in irgendwelchen Sachen liegst, die mit Gift und Säurehaltigem Blut durchtränkt sind, das jemand für dich da war, um dir zu helfen."
Es machte sie ein wenig traurig, aber dann müsste sie eben ihre eigenen Wege gehen.

Sie reagierte genauso, wie er es vermutet hatte. Er brummte und fragte sich, wieso dauernd Frauen wie sie seinen Weg kreuzten. Sie antwortete ihm schnippisch. Er musterte sie, während sie im Essen stocherte. „Ja. Hast du.“ Dann erklärte sie ihm, dass sie eines frühen Todes sterben würde. „Nicht mein Problem.“ Er konnte sich doch nicht um JEDEN kümmern. Er war ein Hexer und kein Armenhaus oder die Kirche der Melitele. Er würde sich nicht die Schuld hieran geben lassen. „Und ohne mein Zutun,wärst du längst tot, also sei nicht gleich eingeschnappt. Wenn ich dich mitnehmen würde, würdest du über kurz oder lang auch sterben und ich vermutlich auch.“ So wie er es darstellte, war das ganz schön verletzend. Als ob sie zu nichts taugen würde, aber so meinte er es gar nicht. Konnte sie nicht ein wenig dankbarer sein und versuchen ihn zu verstehen? Auch dieses Mal sprach er vollkommen ruhig, als würde er über das Wetter reden.

"Aha? Verstehe. Du meinst also, das ich unnütz bin. Schön. Tja, ich denke Plötze sieht das anders, aber sie ist ja nur ein Pferd, nicht wahr? Weißt du ... ich könnte zurück nach haus gehen, ja, könnte dieses beschissene Leben führen, was man mir zu gedacht hat. Ich könnte auch hier bleiben, versuchen jemanden zu finden,d er mich aufnimmt und am besten mit dem nächst besten Idioten verheiratet, weil ich ja, genau wie meine Eltern es sehen, nur zum Gebären und Hauswirtschaften gut bin. Weißt du was? Ich verzichte. Dann werde ich lieber auf der Straße versuchen zu überleben, als das ich mich in eine dieser Szenarien schieben lasse. Geh nur. Nimm Plötze, das einzige Wesen,d as dein Vertrauen offensichtlich verdient, und geh. Schließe jeden aus deinem Leben aus, der es vielleicht mal gut mit dir meint und vielleicht von dir lernen möchte, dir beistehen, als Freund vielleicht. Natürlich willst du diese Verantwortung nicht und ja, ich verstehe sogar deine Sorge gejagt zu werden. Es war wirklich eine dämliche Idee zu hoffen, du würdest mich nicht ausliefern, aber gut, dann ist es eben so. Wenigstens war ich gut genug, dir die Klamotten aus zu ziehen und Plötzes Hufe zu schrubben."
Überraschender Weise blieb sie wirklich ruhig, wenn auch immer noch etwas schnippisch. Sie verstand,d as er Sorge hatte, ihre Eltern würden nach ihr suchen lassen, sie Jagen, aber ... da sie in der Wildnis entführt wurde, würden sie wohl davon ausgehen, das sie nicht mehr lebte.

Geralt sah die Kleine an. Was wollte sie eigentlich von ihm? Sie kannten sich gerade mal drei Tage. Geralt war ein Hexer und er vertraute generell niemandem blind. War es etwa jetzt seine Schuld, dass ihr ihr Leben nicht passte? Von wegen. Er beugte sich also leicht nach vorn und sagte: „Nein.“ Kurz ließ er es wirken und es war die Antwort auf ihr erstes und zweites Wort ihrer Tirade. „Du versteht gar nichts.“ Er lehnte sich wieder an. „Es könnte mir nicht egaler sein, wo du deine Nachkommen zur Welt bringst. Ob hier oder dort. Wenn du mit mir kommst, wirst du keine Nachkommen haben. Denn wie ich bereits sagte: Du wirst über kurz oder lang sterben. Du wirst in der Gesellschaft von Hexern sein, die sich nach einem jungen Mädchen wie dir die Finger lecken. Du wirst und ständiger Angst leben und du wirst viele schlimme Dinge sehen.“ Geralt war seiner Ansicht nach ein Pechmagnet. „Ich habe außerdem nie gesagt, dass ich dich ausliefern werde. Ich habe dir nur auf deine Frage da draußen geantwortet. Mach aus deinem Leben was du möchtest. Mir ist es gleich.“ Ja und so kam es auch rüber. Vollkommen gleichgültig. Auf die anderen Dinge ging er gar nicht ein. Was glaubte sie denn auch, wer sie für ihn war? Sie war eine Fremde. Würde er jeden mitschleppen, der es gut mit ihm meinte, hätte er schon längst die Krise bekommen. Rittersporn hatte ihn eine Weile begleitet und es war äußerst anstrengend und gefährlich gewesen. Für Rittersporn und für Geralt.

Sollte se locker lassen? Nein bestimmt nicht.
"Aber du könntest mich unterrichten."
Mehr als ein Fremder war er auch für sie nicht ... aber er wusste ja auch nichts von ihrem Traum. Wie auch immer. Sie sah, das er sich nicht weich klopfen ließ und seine Worte machten ja auch durchaus Sinn.
"Tut mir leid. Ich bin wohl so besessen davon aus diesem scheiß Leben aus zu brechen, das ich dich nun auch noch damit belästige. Es war einen versuch wert. Ich danke dir jedenfalls, das du mich nicht einfach bei diesen Banditen gelassen hast. Ich werde dafür sorgen, das du eine großzügige Belohnung erhältst."
Nun war ihr der Hunger schließlich doch vergangen. Viel war eh nicht mehr übrig. Es hatte gut geschmeckt. Besser sogar, als zuhause, aber die Köche dort hatten ja auch Anweisungen, die sie hier nicht hatten. Was sollte sie nun machen? Geralt brächte sie mit etwas Glück Heim, aber wie sollte es da weiter gehen? Natürlich wollte sie kein Opfer von Männern werden, die sich auf sie stürzen würden, wie auf ein Stück frisches Fleisch während einer Hungersnot. Irgendwas würde sie sich einfallen lassen müssen, aber was? Wenn sie doch nur ausbrechen könnte aus alle dem.

Geralt musterte sie. Sie schien ja wirklich traurig ihn nicht begleiten zu können. Sie verstand nicht, dass es ihm nicht darum ging, ob er verfolgt wurde, sondern darum, dass er ihr dieses Leben nicht antun wollte. Sie wollte aus ihrem Leben fliehen, dabei wusste sie gar nicht, wie schwer es außerhalb ihres Käfigs war.
„Ich bin ein schlechter Lehrer.“ Stimmte nicht. Aber er war ungern ein Lehrer und hielt auch nicht viel von sich. Er holte den Geldsack hervor und sagte: „Hier.“ Er gab ihr 100 Orens und fügte an. „Mach damit was du möchtest.“ Sie könnte für die Reise nach Hause bezahlen, sie könnte ein neues Leben anfangen oder es als Aussteuer bei einer Familie benutzen, damit sie sie aufnehmen. Es war die Hälfte seines Lohns. Und da sagte noch mal jemand, er sei gierig. Dann stand er auf. „Leb wohl und viel Glück.“
Er nahm seine Schwerter und ging an die Bar, wo er nach der Kellnerin verlangte. Sie kam irgendwann hervor und kurz unterhielten sie sich, dann nahm sie seine Hand und zog ihn hinter sich her. Und da waren sie verschwunden.

Luna konnte Geralt nicht mal böse sein. Er hatte ihr die Hälfte seines Lohns gegeben. Das hätte er nicht tun müssen, aber er hatte es getan. Sie sah ihm nach, als er zur Bar ging und mit der Schankmaid redete. Klar ... er verschwand mit ihr. Luna nahm das Geld, steckte es in eine Tasche in ihrer Kleidung und verließ die Schenke. Sie brauchte jemanden,d er sie von hier weg brächte. In diesem Dorf grassierte eine sonderbare Krankheit und die Elfen und Zwerge hatten nichts für Menschen übrig. Kein Wunder. Draußen, ein Stück die Straße hinunter, sah sie eine Gruppe von Männern, die offenbar gerade in ein Gespräch vertieft waren. Sie hatten Pferde und auch einen Karren dabei. Luna hielt direkt auf sie zu, stellte sich zu ihnen und fragte:
"Verzeiht bitte, aber ich suche eine Mitreisegelegenheit in die nächste Stadt. Ihr reist nicht zufällig da hin und hättet Platz für mich? Ich kann euch auch bezahlen."

Die Männer unterbrachen ihr Gespräch und gafften Luna kurz an. Dann fragte einer: „In welche nächste Stadt möchtest du denn kleine? Richtung Ard Carraigh oder Vengerberg?“ Sie wusste das Vengerberg die nächste Stadt zu Aldersberg war. Ard Craigh hingegen war die Hauptstadt von Keadwen, wo sie ja nicht hin wollte. Geralt wollte da hin. Zumindest hatte er gesagt, dass Aldersberg im Süden genau die gegengesetzte Richtung zu seiner gewünschten war.
„Was für ein Zufall. Wir wollen auch nach Süden. Wie heißt du, junge Dame?“ „Fiona Bergen.“, antwortete sie und die Jungs schienen ihr zu glauben. Wieso auch nicht. „Wir reisen aber erst morgen früh los.“ Es war ja auch schon spät. „Willst du nicht auf ein Bier mit uns ins Wirtshaus?“ Wo sollte sie auch sonst hin?

Geralt jedenfalls vergnügte sich und auch die Kellnerin hatte ein großes Vergnügen bei der Sache. Dann aber ging er hinaus. Er musste mal dem Ruf der Natur folgen. Er hörte Stimmen. Männerstimmen. Sie unterhielten sich über ein Mädchen. „Die hat Nerven.“, sagte der eine. „Lass doch. So wird die Fahr etwas amüsanter.“, antwortete ein anderer. „Wir können ihr jedes Loch füllen. Ein bisschen Wein und Schnaps und schon ist sie willig, wie na Hafennutte.“ Sie lachten Dreckig und Geralt schüttelte den Kopf.
Er ging zurück ins Wirtshaus. Sie saß dort bei zwei weiteren Männern. Sie unterhielten sich, aber Geralt erkannte einen lüsternen Blick, wenn er einen sah. Er sah zurück zur Tür, wo er eben reingekommen war. Die Kerle hatte von IHR gesprochen? Sie waren wohl auch eben vom Pinkeln gekommen, als sie nun wieder rein kamen und sich zu ihren Kammeraden setzten. Wie kam sie nur auf die glorreiche Idee, sich ausgerechnet DIE auszusuchen? Geralt setzte sich auf einen Stuhl und bestellte noch ein Bier. Finster sah er aus und er ließ den Blick nicht von diesen beiden, die so dreckig gesprochen hatten.

An sich wirkten die Jungs jedoch eher nett. Sie machten zumindest den Eindruck. Sie fragten sie nicht weiter aus und akzeptierten, dass sie ihre Beweggründe für die Reise vielleicht nicht unbedingt preisgeben wollte. Sie erzählten ein paar Geschichten und es schien, dass einer den anderen übertrumpfen wollte, was die eigenen „Heldentaten“ betraf. Ja, sie baggerten wie blöde, hielten sich aber zurück und fassten sie nicht an.

Luna war es egal. Sie hörte den Geschichten zu und das wars. Sie wollte nichts weiter, als weg von hier. Was hatte sie schon für eine Wahl. Geralt hatte ja recht. Es war zu gefährlich da draußen für sie und sie taugte doch ohnehin für nichts, als das, was sie bei Hofe gelernt hatte, nämlich brav zu sein, zu tun, was man ihr sagte und einem künftigen Mann den Rücken zu stärken. Geralt hatte es ja auf den Punkt gebracht. Sie taugte eben zu gar nichts. Die Männer waren freundlich, doch Luna zeigte keinerlei Interesse an ihnen. Nun zumindest nicht in der Hinsicht, das sie auf die Redenschwingerei herein fiel. Einzig interessierte es sie, von A nach B zu kommen und das möglichst unbehelligt. Geralt bemerkte sie nicht. Ihn vermutete sie noch immer mit der Schankmaid irgendwo in einem Strohhaufen oder Bett. Ihre Wege hatten sich getrennt, so viel war sicher. Nun sie wünschte ihm alles Gute auf seinem Weg, wohin er ihn auch führen mochte.

Geralt beobachtete die Kerle den ganzen Abend. Schließlich wurde es wohl aber für alle Zeit. Ins Bett zu gehen. Luna hatte ein Strohlager von der Wirtin bekommen, nachdem sie ein paar Orens gelassen hatte. Die Männer hatten ein Zimmer und Geralt hatte sich noch nicht um ein Zimmer bemüht. War ihm auch egal. Er folgte den Männern und belauschte, was sie noch so erzählten. Er fragte sich erneut, was ihn das eigentlich anging, konnte aber nicht von seinem Vorhaben ablassen. Sie unterhielten sich noch über Luna und sie fanden sie schön, aber dann sagten sie wirklich eklige Dinge. Geralt hatte schon oft gesehen, wie es jungen Elfinen ergangen war. Menschen waren abstoßend. Etwas so schönes so dermaßen zu beschmutzen, fand Geralt wirklich nicht in Ordnung.
Was sollte er jetzt machen? Sie ihrem Schicksal überlassen? „Oh Geralt… du hast dich schon wieder eingemischt…“ Sie hatte ihm ganz schön böse Worte entgegengeschleudert. Sie war keine gute Diplomatin. Vielleicht hätte sie ihn einfach überreden können, sie mitzunehmen, aber nein stattdessen hatte sie mit Zorn und Trotz reagiert. War nun aber auch egal.

Am nächsten Morgen beluden die Männer den Karren und warteten auf Luna. Sie war von der Schankmaid geweckt worden. Geralt und Plötze waren verschwunden. Luna hatte keine Wahl mehr, als diesen Männern zumindest so weit zu vertrauen, dass sie sie dorthin brachten, wo sie hin wollte.
Sie alle waren aufgestiegen und fuhren nun los. Sie kamen ein ganzes Stück weit. Luna konnte nicht mal wissen, ob sie in die Richtige Richtung fuhren. Am frühen Nachmittag ging bereits die Weinflasche herum. „Na komm. Zier dich doch nicht so.“, sagte einer zu Luna.

Armes dummes Mädchen. Da war sie nun wieder in Gefahr, ohne es zu ahnen. Nun ... sie war nicht völlig bescheuert und naiv. Männer waren meist aufdringlich und waren hinter jedem Rock her, den sie sahen, vorausgesetzt, er war hübsch genug für sie. Das Strohlager reichte Luna völlig aus. Es war besser, als gar nichts zu haben. Klar. Ein Bett wäre wesentlich schöner gewesen, aber sie würde sich gewiss nicht beschweren. So lernte sie die Seiten des Lebens kennen, die andere Menschen ... Ärmere führten. Am Morgen wurde sie geweckt. Sie gab der Schankmaid noch ein wenig Geld, für einen Dolch,d en sie in ihren Sachen verstecken könnte. Sie traute den Kerlen nicht. Bei Geralt war es ... warum hatte sie ihm vertraut? Weil er sie gerettet hatte und keine Anstallten gemacht hatte, ihr was an zu tun. Er hatte sie nicht beeindrucken wollen, sondern los werden. Deshalb hatte sie ihm vertrauen können. Die jungen Kerle hier, waren anders. Sie wollten imponieren, wollten mit Geschichten prahlen. Besser sie war vorsichtig. Schließlich stieß sie zu den Kerlen, setzte sich auf den karren und es ging los. Luna wusste nicht, in Welche Richtung es ging. Sie hatte mal gehört,d as Moos immer an der Nordseite von Bäumen wuchs, nur hatte sie darauf bisher nicht geachtet, allein weil sie ein Auge auf diese Typen haben wollte. Am Mittag ging der Wein herum.
"Nein, danke. Mir ist nicht nach Wein,"
erklärte sie höflich, aber bestimmt.

Die Jungs gaben vorerst Ruhe, aber gegen Abend hin wurden sie auch aufdringlicher. „Was ist eine Reise ohne einen guten Tropfen? Jetzt trink doch mit uns.“ Sie verneinte. „Willst du uns etwa beleidigen?“ Zwei der vier Leute waren schon tüchtig dabei. Nur der, der die Zügel hielt, schien nüchtern zu sein. Sie wollten nun auf jeden Fall wohl rasten, denn er hielt an.
Einer der Kerle legte nun den Arm um ihre Schulter und sagte: „Komm schon, das wird lustig. Vertrau mir.“ Einer lachte leise und stieß auf. Dann sagte er: „Ich geh mal pissen…“ Er stieg vom Karren.

Sie hatte es ja geahnt, aber hatte sie denn eine andere Wahl gehabt? Geralt war fort und sie war auf sich gestellt. Sie hatte vieles zu Geralt gesagt, was gemein gewesen war, aber sie hatte ihn nicht beleidigen wollen, oder ihn kränken. Er war ihrer Meinung nach ein Guter Kerl, im Gegensatz zu diesen vieren, denen sie einfach so ins Netz gegangen war. Nun ... sie würde sich zu ehren wissen, wenn auch nicht so, wie Geralt es konnte. Der Hexer ... Luna musste an seine Augen denken. gelbe Katzenaugen ... wunderschön. Dagegen kamen die hier alle nicht mit. War auch egal. Sie würde ihn nicht wieder sehen, fertig.
Gegen Abend ging es weiter mit dem Versuch, sie zum Trinken zu verleiten.
"Nein! Akzeptiert das. Ich mag keinen Wein und Bier brauche ich auch keines,"
erklärte sie recht energisch und wand sich aus dem Arm des Kerls. Sie sprang von dem Karren herunter, griff nach dem Dolch, ließ ihn aber noch versteckt. Schließlich wollte sie den Überraschungseffekt auf ihrer Seite haben.

Der eine, der den Arm um sie gelegt hatte sah ihr verdutzt nach, als sie abgesprungen war. Der Kutscher drehte sich nun um. Er musterte die Kleine. Ihr „Überraschungseffekt“ verrauchte ins nichts, denn die Bewegung ihrer Hand unter den Stoff war so offensichtlich, als hätte sie den Dolch bereits gezogen. „Komm runter, Sven. Die Kleine sticht dich sonst noch ab.“
„Widerspenstiges Ding, hu?“ Was hinderte die Leute sie nicht einfach umzubringen und ihr das Geld abzunehmen? Sie hatten nur in der Stadt keinen Ärger haben wollen. Aber hier draußen? Es schien ihnen egal zu sein. „Komm auf meinen Schoß!“, lachte Sven nun. „Musst ja nicht gleich so aus der Haut fahren. Wir wollen doch alle nur etwas Spaß haben. Sei doch nicht gleich beleidigt. Musst auch nichts trinken.“ Er grinste und klopfte neben sich auf die Sitzbank.

Sehr geschickt war sie eben nicht vor gegangen. Denn noch. Sie ging nicht auf den Mist ein, den der Kerl von sich gab.
"Dann habt Spaß miteinander, aber ohne mich. Behaltet das Geld. Ich werde allein weiter gehen."
Sie ließ die Kerle nicht aus den Augen. Die waren ihr viel zu suspekt, als das sie ihnen den Rücken zu drehen wollte. Allerdings verließ sie sich nicht nur auf ihre Augen. Sie hatte gelernt, in sehr kurzer Zeit, das das Gehör oftmals ein besserer Freund war, als die Augen. Alle vier könnte sie ohnehin nicht in Schach halten. Inzwischen hielt sie den Dolch in der Hand.
"Ehrlich ... ihr Menschen seid doch echt erbärmlich. Einen Hexer verflucht und beschimpft ihr, dabei seid ihr viel schlimmer, als es ein Hexer jemals sein könnte."
Klar .. sie war selbst ein mensch .. zumindest soweit sie wusste, aber sie verabscheute, was sie sah und gesehen hatte. Menschen die glaubten besser zu sein als Andere, sich nehmen zu können, was ihnen beliebte.

„Wir Menschen?“, fragte einer? „Ehrlich, Kleine, für wen hältst du dich eigentlich? Jungs erinnert ihr euch dran, einen Hexer beleidigt zu haben?“ Sie schüttelten den Kopf. „Du musst uns verwechseln und jetzt mach nicht so ein Theater. Sven ist besoffen, hör einfach nicht auf ihn. Sven, du lässt die Finger von ihr.“ Es war der Kutscher, der zu ihr sprach. „Geht klar Boss…“, sagte er nun niedergeschlagen. Der andere kam aus den Büschen zurück. Er schwankte leicht. „Hab ich was verpasst?“
Der vermeintliche Anführer stieg nun ab und sagte: „Wir richten hier ein Lager ein. Sei nicht so dumm, wegzulaufen. Da draußen sind böse Kreaturen am Werk und Sven hier wird seinen Schwengel im Zaum halten. Kein Problem.“

Hatte sie wirklich überreagiert? Nein. Sie würde vorsichtig bleiben und sich von den Kerlen fern halten. Das war wirklich nicht mehr feierlich. Luna sah zu dem Anführer. Er schien nett zu sein, aber ... war er das auch wirklich, oder tat er nur so, um später selbst an sie heran zu treten? Ja, sie hatte die Typen wirklich beschuldigt ohne Grund, aber sie hatte die Blicke der Menschen gesehen, die Geralt gesehen hatten. Den Dolch legte sie nicht aus der Hand, kam aber ein wenig näher. Sie würde sich von den Typen fern halten und sicher nicht einfach so warten, bis ihnen langweilig wurde. Sie hörte nichts weiter, als den Lärm, den die vier machten. Wie konnten die denn nur so laut sein?

Nun. Sie waren eben betrunken. Da war man lauter, als sonst. Sie kam gerade etwas näher, blieb aber vorsichtig. „Benehmt euch Jungs.“, sagte der Kerl und meinte dann lächelnd: „Ich bin übrigens Hadim.“ Sie hatten sich nicht vorgestellt und Luna hatte nicht gefragt. Die anderen beiden hießen Carlos und Ebert. Sie schienen sich jetzt jedenfalls zusammenzureißen.
Es wurde später und sie tranken weiter auch Hadim trank nun mit und so saßen sie bei dem Lagerfeuer. Hadim stand auf und schließlich meinte er. „Ich denke wir haben jetzt lang genug getrunken.“ Seine Jungs sahen ihn an und er meinte. „Hättest vielleicht mittrinken sollen.“ Er zog sein Schwert. „Weg mit dem Dolch und du siehst das Tageslicht vielleicht wieder.“ Er hatte zwar mitgetrunken, war aber nicht betrunken.

War irgendwie nicht anders zu erwarten gewesen oder? Die die anfangs am freundlichsten waren, waren hinterher immer die, die am schlimmsten waren. Das hatte sie auch schon oft genug bei Hofe erlebt. Intrigen waren dort an der Tagesordnung, nur waren sie da hinterlistiger und nicht so offensichtlich falsch. Luna funkelte Hadim an.
"Eher sterbe ich, als das ich mich von euch anrühren lasse."
Sie hatte schließlich auch ihren Stolz. Was nun folgen sollte, war ihr durchaus klar. Sie konnte jetzt nicht mal weg rennen, weil der Scheißkerl ihr das Schwert zu nah am Leib hielt. Allerdings würde sie sich nun auch nicht groß wehren können, würde ein anderer ihr den Dolch ab nehmen.