Kanata nickte bedächtig. Er wusste nicht so Recht, was sie nun tun sollten. Er konnte schlecht dauernd mit Rei, als Leibwache bei ihnen rumhängen. Das war alles ein bisschen verzwickt, dann nickte er langsam und sagte: „Ich werde eine Freistellung erwirken.“ Dann mussten sie gar nicht mehr zur Schule und Kaname sagte darauf: „Ist das klug? Wegzulaufen?“
„Ist dir ein Schulwechsel lieber?“
„Sie können – wie wir gesehen haben – auch außerhalb der Schule lauern.“ Das stimmte wohl. Kanata seufzte. „Wir sollten erst mal eine Nacht darüber schlafen. Morgen werde ich euch zur Schule fahren und wieder abholen. Wir werden eine Lösung finden.“ Kaname nickte und schließlich gingen alle zu Bett. Kanata sagte Ariel, dass er noch nach Silver sehen wollte.
Dieser saß unten an Azazels Bett und schien nachzudenken. Kanata klopfte leise, um ihn nicht zu erschrecken und Silver sah nicht auf. „Hey…“
„Ich habe ihn allein gelassen.“
„Du konntest es nicht wissen, du…“
„Ich HÄTTE es aber wissen müssen!“
„Und wieso? Woher? Es waren Menschen.“
Silver schwieg und Kanata kam näher, um ihm die Hand auf die Schulter zu legen. „Silver… Du magst ihn wirklich sehr, was?“
„Ich liebe ihn.“, antwortete er, ohne zu zögern und als gäbe es keine größere Wahrheit. Er strich Azazel eine Strähne aus dem Gesicht und sagte dann leiser. „Auch wenn es seltsam ist.“
„Ist es nicht.“
„Aber wir sind beides Jungs und ich habe… nie zuvor so für einen… anderen Mann…“
„Es ist in Ordnung, Silver. Nichts daran ist falsch oder irgendwie merkwürdig.“ Silver sah nun endlich auf und Kanata strahlte ihn an. „Du bist mein ganzer Stolz und ein wirklich guter Junge, Silver.“ Silver fing schon wieder an zu weinen und stand auf. Er umarmte seinen Vater und dieser schloss ihn ebenso in die Arme. Sie beide bekamen gar nicht mit, dass Azazel schon wieder erwachte. Er betrachtete die Zwei einen Augenblick und dann klärte sich sein verschwommener Blick. Er versuchte auszumachen, was in seinem Körper nicht in Ordnung war und stellte fest, dass der Schaden nicht all zu groß war. Er sagte schließlich ein wenig neben der Spur: „Nehmt euch ein Zimmer…“
Silver erschrak heftig und drehte sich augenblicklich zu Azazel um. Er kniete sich ans Bett, nahm seine unverletzte Hand und quietschte: „Alles… in Ordnung?!“
„Sieht… ganz so aus.“, antwortete der Dämonenprinz und brachte tatsächlich ein Lächeln zu Stande. Er fühlte sich schlaff und matt. Er blickte auf Silvers und seine Hand und stellte unzufrieden fest, dass der Kerl immer noch nicht aufgeben wollte. Er hatte aber keine Kraft, sich dem Griff zu entziehen, noch hatte er das übermäßige Verlangen dazu. Er war immer noch müde und sagte dann leise. „Du weißt wirklich nicht, wann es zeit ist, aufzugeben, hm?“ Kanata grinste und tätschelte Silvers Schulter. „bring ihn in sein richtiges Bett, er hat es überstanden.“ Damit ging er und ganz vorsichtig und unter Protesten Azazels nahm Silver ihn auf die Arme. Er lächelte still bei Azazels halbherzigen Versuchen freizukommen und schaffte ich nach oben. Er bette ihn in seinem Bett und erklärte: „Du bleibst heute Nacht besser bei mir, ehe dir nur wieder ein Unglück widerfährt.“
„Das einzige Unglück, was mir widerfährt ist dein elender Starrsinn, du… du… DU!“ Er stellte fest, dass er sich besser nicht aufregte. Er stöhnte leise und Silver deckte ihn zu. Er lächelte still und sagte dann: „Gute Nacht, Azazel…“ Azazel hörte es gerne, wenn man seinen Namen sagte, war er ihm doch eigentlich genommen worden. Er blickte nur kurz auf, ehe ihm die Augen zu fielen und Silver ihm leicht über die Stirn streichelte, um ihn anschließend erneut zu küssen. Azazel öffnete nun wieder die Augen und sah Silver entgeistert an. So weiche Lippen. Ungewöhnlich für einen Mann. Er drückte Silver zurück und sah ihn einfach an. Silver blickte zurück und Azazel wusste gar nicht, was er sagen sollte, außer wüsten Beschimpfungen. Seine Hand lag auf Silvers Brust, wo er ihn weggedrückt hatte und beinahe erschrak er sich vor dem heftig schlagenden Herzen. „Nicht…“, sagte er leise, als Silver sich erneut leicht dagegen stemmte. „Silver… du wirst dich nur unglücklich machen, ich…“ Doch er kam gar nicht dazu weiter zu sprechen, als Silver erneut seine Lippen auf die Azazels legte. Ganz zart nur. Azazel schloss die Augen fest und drückte erneut gegen Silvers Brust, ehe er den Kopf zur Seite drehte und rief: „Hör auf!!“
Silver betrachtete ihn noch eine Weile und ließ dann von ihm ab. Er setzte sich in einen Sessel und Azazel richtete sich auf, wobei er ein wenig gegen die Wand rutschte. Sprachlos sah er Silver an und er hatte auch wirklich keine Idee, was er sagen konnte. Silver musterte ihn nur ausdruckslos. Irgendwann legte Azazel sich die Finger auf die Lippen und sah auf seinen Schoß. „Hör auf damit…“ Silver legte nun die Wange auf die Faust, wobei er den Ellenbogen auf der Lehne des Sessels aufstützte. Er blickte Azazel nur an, was diesen nur noch mehr verunsicherte. Verdammt noch mal! Er war ein Dämon!! Wieso machte ihm das hier so viel aus?!
„Ich liebe dich.“, sagte Silver unvermittelt und Azazel glotzte ihn an, wie der Ochs vorm Berg. Wie… konnte er das immer einfach so sagen?! „Hör auf… das zu… sagen!“
„Nur wenn ich aufhöre es zu sagen, wird es dadurch nicht unwahrer.“, sagte Silver nun wieder lächelnd. Wie selbstbewusst er damit umging, trotzdem es ihn eigentlich selbst ein wenig verunsicherte. „Aber…“ Azazel sah wieder auf seinen Schoß legte sich wieder hin. Ihm war ganz elend zu Mute und irgendwie spürte er ein unbestimmtes Ziehen in seiner Brust.
„Ich liebe dich.“ Wiederholte sich Silver nun und beobachtete Azazel, der fast genervt die Augen schloss. „Ich habe es schon beim ersten Mal verstanden, du musst es nicht dauernd wiederholen!“
„Ich sage es so oft es mir gefällt, Azazel. Ich liebe dich!“ Azazel legte sich nun die unverletzte Hand auf die Stirn und brummte. Dann sah er zu Silver herüber und war überrascht, wie weich dieses Lächeln des Jungen war. Und wie aufrichtig, während er die Brauen zusammen zog. Ja… definitiv weiß… „Du bist nicht ganz dicht…“, sagte er unzufrieden und Silver grinste. Dann ließ er ihn in Ruhe. Erst als Azazel schlief, näherte er sich vorsichtig und betrachtete ihn. Irgendwann schlief er dann auf der Bettkante ein.
Byakuya und Yuki hatten von dem ganzen Drama überhaupt nichts mitbekommen und so verlief es bei ihnen auch recht ruhig. Byakuya hatte sehr wohl verstanden, dass die Großmutter Yukis nicht in einem normalen Hotel absteigen wollte, aber gerade hier gab es auch alte Tempel, die zu Hotels umgebaut worden waren. Dennoch interessierte es ihn nun auch recht wenig, was aus der alten Frau wurde, schließlich ging ihn das nun wirklich nichts an. Er richtete sich jedoch selbstverständlich darauf ein, dass sie mal zu Besuch kommen würde. Die alte würde sich in seinem Teezimmer ganz sicher sehr wohl fühlen.
Gerade machte Yuki noch den letzten Rest in der Küche sauber, bevor sie schlafen gehen konnten, als er in einen Zeitungsartikel vertieft nebenher sagte: „Sie wird dich besuchen wollen, hm?“ Er sah nicht auf und Yuki würde vermutlich erst mal gar nicht wissen, wovon er sprach, schließlich konnte sie seine Gedanken ja auch nicht lesen. „Ich möchte nicht, dass irgendwelche Missverständnisse aufkommen.“ Er meinte natürlich, dass die Frau nicht denken sollte, dass sie ein Paar waren. Außerdem fand er auch den Gedanken merkwürdig, sollte die Dame glauben, Yuki würde hier nur seine Haushälterin sein… Aber irgendwie waren beide Varianten von außen betrachtet… eigenartig. Er sah nun doch auf. Eigentlich… Er war deutlich älter als Yuki und hatte sie hier aufgenommen, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Ausdrücklich zu verlangen. Es wirkte schon ein wenig… pervers… wenn man sich das durch den Kopf gehen ließ. Byakuyas Gesichtsausdruck spiegelte diesen Eindruck irgendwie wider, denn es wurde ihm gerade bewusst, wie sein Name darunter leiden konnte. Wo war eigentlich Kaname? Er räusperte sich nur und nahm die Zeitung wieder in die Hand, sodass Yuki sein Gesicht nicht sehen konnte. Wie blöd er gerade aus der Wäsche geschaut haben musste. Peinlich! Hoffentlich hatte sie es nicht gesehen. Seine Wangen röteten sich sogar leicht. Verfluchte…! Er stand auf und ging in sein Schlafzimmer, mit den knappen Worten: „Gute Nacht!“
Peinlich… Vielleicht konnte er auch einfach anbauen und sie… Nein ausquartieren wäre nur noch anstößiger! Er legte sich angezogen auf sein Bett und starrte an die Decke. Dann stand er wieder auf, schob den Teppich zur Seite, holte sein Katana hervor und ging nun wieder auf den Flur. Er rief Yuki zu: „Ich bin bald zurück!“ wobei er gerade seine Schuhe anzog.