Drakon Mo Aug 15, 2022 3:16 am
Liam sah dem ganzen zu. Er war angefressen und Drakon wurde nun auch abgeführt. Wobei das wohl kaum so genannt werden konnte. Eigentlich ging Drakon los und die beiden Wachen folgten IHM. Liam drehte sich zu Tessa. „Wie auch? Wir wissen doch überhaupt nichts!“ Er stimmte Drakon jedoch nicht zu. Ragnar war der Kommandant des Spähtrupps. ER könnte Drakon auch suspendieren. Ihn als untauglich einstufen oder sonst irgendwas. Sie mussten Drakon da doch rausholen! „Wir können nicht „nichts“ tun!“ Er sah den Flur entlang.
Drakon saß später immer noch in seiner Zelle. Ragnar hatte natürlich Wind davon bekommen und er kam nun herein. Tessa hatte ihm alles erzählt und er hatte ihr versprochen, dass Drakon nicht im Kerker bleiben würde. Jetzt trat er ein und sagte zu den Wachen: „Lasst uns allein.“ Sie nickten und schrieben in ein Protokoll, dass Ragnar den Gefangenen besucht hat.
„Bist du noch ganz bei Trost?“, fragte er rund heraus. „Kommandant.“, sagte Drakon nur und erhob sich. „Schwachsinn! Du hörst mir jetzt genau zu. Darius hat dich hier eingebuchtet, weil du seinen Befehl verweigert hast. Und warum hast du das getan? Weil du dich an ein ominöses Versprechen erinnert hast, von dem du nicht mehr zuordnen kannst, wem du es gabst?“ Drakon sah ihn mit zornigen Augen an. „So ist es, Vater.“ Ragnar kam näher und packte ihn am Schlafittchen. „Erspar mir dein so ist es!“
„Lass mich los!“, kommentierte Drakon.
„Denkst du nie an deine Familie?!“ Drakon packte Ragnars Hand und zwang ihn, ihn loszulassen, wobei er ihn leicht zurückdrückte. „Ich denke IMMER an meine Familie!“, antwortete Drakon.
„Wohl kaum, dann wärst du nicht so ein Vollidiot!“ Drakon fletschte die Zähne. Ragnar sah ihn herausfordernd an. „Ich werde dir jetzt sagen, was du tun wirst: Du wirst morgen bei der Anhörung, die ich verlangt habe, jedem sagen, dass du deine Tochter aufwachsen sehen willst, dass du lange genug dort draußen warst und dass du dich nicht mehr in der Lage fühlst dort hinauszugehen.“
„Das werde ich nicht tun!“, sagte er trotzig. „Nein?“, fragte Ragnar zurück. „Nein! Weil es nicht stimmt!“ Ragnar sah ihn noch einmal stumm an. „Ist mir scheißegal. Ich werde dabei sein und ich werde das Behaupten und falls das nicht zieht, muss ich deine offenkundige Geistige Umnachtung feststellen.“
„Ich werde nicht Lügen.“ Ragnar packte ihn erneut. „Ist es eine Lüge? Willst du Luna nicht aufwachsen sehen, hm?“ Drakon schwieg. Doch wollte er schon, aber das war nicht der primäre Grund. Ragnar funkelte ihn an. „Ich habe dein Pflichtgefühl immer gern betrachtet, Drakon, aber du hast nicht nur eine Pflicht dem Wächterbund gegenüber. DU hast auch Tessa etwas versprochen: DU hast versprochen, sie zu lieben, sie zu ehren und sie glücklich zu machen. Wie glücklich ist sie wohl, wenn du im Kerker versauerst? Nein Drakon. Ich werde nicht zulassen, dass du alles wegwirfst, was du dir mühsam aufgebaut hast, nur weil du in deinem falschen Stolz Entscheidungen triffst, die alles gefährden!“ Drakon hatte keine Worte dafür und er konnte auch gar nichts entgegnen. Er spürte, wie seine Augen etwas nass wurden. Er war verwirrt und er fühlte sich verloren. Er hatte keine Antwort auf das, was vor ihm lag und sein Vater bot ihm einen Weg. Eine Hand die er nur ergreifen musste. Ragnar sah streng aus und schließlich ging er und ließ Drakon zurück, der sich auf seine Liege setzte und einfach leise weinte.
Ragnar hatte Recht. Luna hatte Recht und auch Tessa. Er wollte hier nicht versauern. Er wollte nicht für etwas bestraft werden, was er nicht mal verstand, aber… Er wollte auch nicht Lügen. Schon gar nicht wollte er seinen Lord Kommandanten belügen.
Am nächsten Tag begann die Anhörung schon mittags. Es waren alle Kommandanten oder deren Stellvertreter da. Drakon stand vor ihnen und Tessa, wie auch Freunde und andere Wächterkollegen und Freunde saßen dabei.
„Die Anhörung findet auf Wunsch des Kommandanten Ragnar Dracaris statt.“, begann Darius. „Drakon Dracaris, aufgrund deiner Befehlsverweigerung habe ich dich persönlich inhaftiert. Du sollst jedoch eine Möglichkeit bekommen dich zu rechtfertigen.“ Drakon schwieg. „Erneut.“ Und Drakon schwieg weiter. Darius seufzte. „Aus welchem Grund verweigerst du es deine Mission fortzuführen.“ Drakon sagte fest: „Ich kann nicht zurück in die Schwarzen Lande gehen. Deshalb.“ Darius musterte ihn. „Und wieso nicht?“ Drakon biss die Zähne zusammen. „Weil… ich es versprochen habe.“ „Wem?“ Drakon schwieg einen Moment. „Das kann ich nicht sagen.“ Er konnte es ja wirklich nicht.
„Du sagst, du hast ein Versprechen gegeben. Und was ist mit dem Wächterbund? Schworst du nicht auch uns einen Eid?“ Drakon sah den Lordkommandanten an. „Ja, das tat ich und ich werde diesen Schwur niemals brechen.“ Draius musterte ihn. Drakon wollte ja nicht vom Wächterbund entbunden werden. Nur vom Dienst in den schwarzen Landen.
Ragnar erhob sich und Darius erteilte ihm das Wort. „Ich als Drakons Kommandant empfehle, ihn von seinem Dienst zu suspendieren und ihn mit anderen Aufgaben zu betrauen.“ Darius sah nun rüber und fragte erneut: „Weshalb.“
„Offenkundig ist es Drakon nicht selbst so bewusst, aber es gibt noch einen Grund, wieso Drakon nicht mehr hinaus gehen kann.“ Er sah zu seinem Sohn, dieser senkte den Blick. „Seine Familie.“ Ragnar erläuterte was er meinte: „Drakon war Monat um Monat dort draußen. Immer weitere Strecken und weitläufigere Gebiete hat er für den Aufklärungstrupp untersucht, kartographiert und zugänglich gemacht. Seine Tochter und seine Frau haben ihn nur sehr selten zu Gesicht bekommen. Als Kommandant, sehe ich es, wenn ein Untergebener nicht mehr für den Dienst geeignet ist.“ Drakon ballte die Fäuste. „Das… trifft auf Drakon nicht zu.“ Drakon sah nun etwas überrascht zu ihm und Ragnars Gesicht weichte etwas auf. „Aber als Vater sehe ich, wie ihn und seine Familie das belastet. Drakon ist einer meiner besten Leute und ich würde es nur ungern sehen, dass ich ihn von seiner Pflicht entbinden muss, aber unter den Gegebenen Umständen, kann ich keinen anderen Antrag stellen, als die sofortige Versetzung in den Innendienst.“
Darius sah nun zu Drakon, der dastand und keinen Ton sagte. Er hatte den Blick gesenkt.
„Ist das wahr?“ Drakon schloss die Augen. „Stimmt es, dass du deiner Familie näher sein möchtest und deshalb nicht mehr hinausgehen willst?“ Drakon schwieg weiter. Den ersten Teil dieser Frage hätte er bejahen können. Aber den Zweiten nicht. Darius musterte Drakon und Ragnar hielt den Atem an. Schließlich sagte Darius: „Ich werte dein Schweigen, als schweigende Zustimmung.“ Drakon ballte die Fäuste. „Du kannst gehen. Ich werde dem Versetzungsgesuch von Kommandant Dracaris zustimmen. Ich werde dich rufen lassen, sobald ich weiß, wohin ich dich versetzen werde. Drakon hielt den Blick weiterhin gesenkt. „Die Anhörung ist vorbei.“ Man nahm ihm die Handschellen ab, die eh nur symbolisch waren und Drakon ging wie betäubt hinaus.