Drakenhorst um 997 LZ

Luna wollte Kenneth am liebsten in der Luft zerreißen, doch sie kam ja gar nicht dazu. Papas Griff sagte ihr, das es gleich eine deutliche Standpauke geben würde, und so war es auch. Sie senkte den Kopf.
"Ich habe dich verteidigt,"
meinte sie und sah ihren Vater an.
"Er hat nicht aufgehört und dann getan, als wäre er ein gackerndes, flügelschlagendes, ängstliches Huhn. Er hat immer weiter gemacht udn dann bin ich so wütend geworden, das ich dachte, er braucht mal ne ordentliche Abreibung."
Sie verstand gar nicht, warum sie nun ärger bekam, wo Kenneth sie doch so gereizt hatte.
"Er macht das immer Papa und ich kriege den Ärger. Das ist nicht fair,"
jammerte sie nun schon fast.

Sie war ja auch erst Sieben. Wie sollte sie das auch verstehen, wo sie in ihrer Welt ja auch klar im Recht war. Drakon hörte sich alles an. Es verletzte ihn kein Stück, was andere über ihn sagten. Es war ihm sogar eigentlich völlig egal. Deswegen war es ihm auch unbegreiflich, wieso Luna darüber so wütend werden konnte. Aber was er durchaus verstand, war, DASS sie es war. Er hockte sich vor sie und sah ihr in das kleine rote zornige Gesicht. „Luna“, begann er nun, „Auch wenn er Sachen gesagt hat, die du nicht hören wolltest, darfst du nicht einfach auf ihn losgehen.“ Sie schmollte ein bisschen. „Du musst nicht mit ihm befreundet sein, aber du musst lernen, so etwas zu ignorieren.“
Vielleicht hätte sie das gekonnt, wenn Kenneth nur sie aufgezogen hätte, aber wenn es um ihn ging, wurde sie sofort fuchsig. Drakon hob ihren Arm an, an dem sich schon ein blauer Fleck abzeichnete. „Das hier, darf nicht passieren. Zumindest nicht so. Wenn du mit ihm kämpfen willst, dann auf dem Trainingsfeld und in der Begleitung eines Erwachsenen.“ Er setzte sich nun neben sie. Drakon spannte den Bizeps seiner stahlharten Muskeln an und zeigte sie Luna demonstrativ. „Was meinst du wäre passiert, wenn ICH jeden verprügelt hätte, der mir dumm gekommen ist?“ Drakon wusste, dass mit seiner gewaltigen Kraft eben auch eine Verantwortung mit einher ging. „So etwas darfst du nicht tun. Hättest du es dir verzeihen können, wenn du ihn ernsthaft verletzt hättest? Oder er dich? Wegen bloßen Worten?“

Das ihr Vater nun doch so reagierte und nicht schimpfte, war jedenfalls eine Erleichterung. Sie schüttelte den Kopf auf seine Frage hin, sah dann aber mit einem sonderbaren Feuer in den Augen auf.
"Auf dem Trainingsplatz? Und da darf ich ihm dann so richtig ... zeigen wie man mit Fäusten und Beinen und so um geht?"
Sie wollte eigentlich verprügeln sagen, hatte es dann aber doch unterlassen, um nicht vielleicht doch noch ärger zu bekommen.
"Aber ... wenn er so etwas sagt ... wie soll ich da nicht wütend werden?"
fragte sie nun ihren Vater.
"Wie kann man ignorieren, wenn jemand, den man so lieb hat, plötzlich schlecht geredet wird, von jemanden, den man gar nicht leiden kann?"
Sie wusste das es immer Grüppchen gab, die zusammen hielten. So machten sich die ersten Störenfriede und auch die ersten wirklichen Anführer bemerkbar. Nun zumindest glaubte Luna das noch. Sie wollte eben nur, das alle wussten, das sie nichts auf ihren Papa kommen lassen würde. Zu lernen sich zu beherrschen, war für sie nicht leicht. Es würde noch schwer für sie werden und sie würde sicher noch öfter solche Gespräche mit ihrem Vater führen. Sie grinste schließlich.
"Wenn du jeden Verprügelt hättest, würde die Festung leer stehen."

Uhh… Drakon bereute es, dass er das mit dem Trainingsfeld gesagt hatte. Nun. War nicht sein Problem. Da mussten sich dann wohl die Ausbilder damit rumschlagen. Sie nahm das Gespräch am Ende sogar auf die leichte Schulter und Drakon seufzte. Er sah sie nun noch einmal streng an. Wenn Drakon wollte, könnte er jemanden totschlagen, das war ihm durchaus bewusst. „Das ist kein Witz, Luna. Ich meine es ernst.“ Er sah ihr abwechselnd in die Augen. „Wenn man jemanden wirklich liebhat, dann tut man das, was für diesen Jemand das Beste ist und nicht das, was man gerade möchte. Es ist in Ordnung, wütend zu werden. Nicht in Ordnung ist es aber, wenn man deswegen einen Kampf beginnt. Die besten Kämpfe sind die, die man nicht fechten muss, Luna.“ Er hatte das auch damals im Praktikum so gehalten. Er hatte NIE kämpfen wollen, nur weil er es konnte. Und er hatte nie getötet, wenn er nicht zwingend gemusst hatte.
„Ich möchte das nicht noch einmal erleben, hast du mich verstanden? Du darfst dich verteidigen, aber keine Kämpfe anfangen, auch wenn dich vorher jemand provoziert hat. Unsere Familie tut das nicht.“ Er wartete darauf, dass sie ihm nun sagte, dass sie es verstanden hatte.

Luna nahm das ganze Gespräch wirklich sehr ernst und nahm sich vor, nie wieder den ersten Schlag zu machen, außer es musste sein. Sie hörte ihrem Papa auch am Ende noch ganz ruhig zu. Schließlich schob sie sich von der Bank und umarmte ihn kräftig.
"Ja Papa. ich hab verstanden und werde versuchen mich zu beherrschen. Aber was mache ich, wenn ich ihm dann nicht aus dem Weg gehen kann? Wenn er mich solange provoziert, bis ich es nicht mehr aushalte? Eine Petze will keiner sein."

Drakon wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er hatte dieses Problem nie gehabt. Es war ihm einfach immer egal gewesen. Er seufzte und erwiderte die Umarmung. Schließlich sagte er das für ihn einzig sinnvolle: „Du musst es lernen, es auszuhalten.“
Was sonst konnte er sagen? Vielleicht könnte Tessa das besser lösen als er, aber natürlich wollte niemand eine Petze sein. Drakon nahm sie nun an der Hand. Auch der Vater des Jungen war nun da. Er hatte den Sohn an die Hand genommen und sah Drakon an. Drakon zuckte die Schultern. „Kinder.“ Der Mann – Marten – musterte Drakon und sagte: „Du hättest sie vielleicht besser erziehen sollen.“ Drakon kannte den Mann zu gut. ER wusste genau, wieso dieser Kerl an der Mauer war. Drakon sagte nur: „Ich war selten hier.“ Marten schnaubte und schien auf etwas zu warten. Drakon schlug nun aber vor: „Vielleicht verlassen du und Kenneth die Feier lieber, ehe es zu noch größeren Auseinandersetzungen kommt?“
„Sollte sie sich nicht entschuldigen?“, fragte Marten und Drakon sah seine Tochter an. „Möchtest du dich entschuldigen?“ Er erwartete es keineswegs von ihr. Hätte er auch nicht gemacht.

Luna liebte ihre Eltern so sehr. Sie drückte Drakon fest und lauschte auch weiter seinen Worten. Wieder nickte sie und schließlich kam Kenneth mit seinem Vater an. Luna sah ihren Vater an. Sie wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte. Als dieser bescheuerte Kerl nun so einen überflüssigen Mist von sich gab, sah Luna Kenneth an. Ihr Vater fragte sie, ob sie sich entschuldigen wollte. Nun ... es gab wohl keinen Grund sich zu entschuldigen, wobei ... nein. Sie biss sich auf die Zunge und schüttelte den Kopf. Sie hatte versprochen sich zu bessern und sich an die nicht-zuerst-zuschlagen-Regel zu halten. Dazu gehörte dann wohl auch Provokationen zu unterlassen. Wie gerne hätte sie Kenneth gesagt, das es ihr leid tat, das er NICHT so einen tollen Vater hatte, wie sie. Auch Marten mochte sie nicht. Die ganze Familie war sonderbar. Von wegen entschuldigen. Dafür das er so ein Idiot war? Und wieder biss sie sich auf die Zunge. Der Drang das raus zu lassen war groß, aber die Liebe zu ihren Eltern war viel stärker.

Drakon zuckte die Schultern. „Sie will nicht.“ Marten funkelte ihn an. Drakon lächelte. „Sie sollte aber. Ist es bei eurer Familie üblich, dass alle machen dürfen, was sie wollen?“ Drakon verschränkte nun die Arme. Er hatte noch immer ein gewaltiges Kreuz und wenn er die Arme verschränkte, sah er noch muskulöser aus. „Ist es nicht. Aber das hier ist lächerlich. Es war ein kleiner Kampf unter Kindern. Es ist nichts Wesentliches passiert und ich habe sie bereits zurechtgewiesen. Solltest du auch mal versuchen. Es war offenbar nicht das erste Mal, dass Kenneth Luna absichtlich reizt.“
„Und woher willst du das wissen, wenn du nie da bist?“ Drakon hörte nicht auf zu lächeln und beugte sich etwas nach vorne. „Sie hat es mir erzählt.“
Erst mal war Marten sprachlos, dann schüttelte er leicht den Kopf. „Glaubst du ich hab Angst vor dir, nur weil dein Vater mein Kommandant ist?“ Oh man. Wirklich? Kenneth sah betreten zur Seite. Offenbar behagte es nicht mal ihm, wie sich sein Vater verhielt. Drakon jedoch blieb gelassen. „Keineswegs. Ein Waffenbruder, wie du es bist sollte generell keine Angst vor mir haben, Marten. Wir sind alle eine Familie und in Familien streitet man und ist sich nicht immer einig. Aber am Ende des Tages hält man doch immer zusammen. Wir haben alle dasselbe Ziel.“ Marten sah ihn merkwürdig an und nun ließ sich Drakon doch hinreißen: „Auch wenn es einige Freiwilliger haben als andere.“ Marten war ein Krimineller gewesen. Das war lange her, aber Drakon wusste es. Luna würde das nicht verstehen, aber Marten verstand durchaus, was Drakon damit sagte.
„Komm Kenneth!“, sagte er nun. „Aber… ich wollte noch bleiben.“, jammerte er. „Komm jetzt!“, fauchte Marten und Drakon winkte zum Abschied.

Luna himmelte ihren Vater an. Sie war begeistert, wie er diese Sache nun gelöst hatte. So wollte sie auch mal werden. Sicher. sie wusste, das auch manchmal ihre Eltern stritten, aber sie legten Streit immer schnell bei. vermutlich lag es in der menschlichen Natur, ab und an mal seine schlechte Laune an irgendwem ab zu lassen. Aufgefallen war Luna allerdings, das Kenneth sich scheinbar gar nicht wohl fühlte, als sein Vater so große Reden geschwungen hatte. Irgendwie tat er ihr fast ein bisschen leid.
"Ich glaube, ich kriege das auch hin."
Sie nahm es sich jedenfalls vor.
"Können wir nun zurück gehen? Ich muss mich bei Mama ja auch noch dafür entschuldigen, das sie Kenneth die Wange kühlen musste."
Zusammen gingen sie zurück. Tessa wartete schon auf sie und sie sah nicht begeistert aus. Drakon an Lunas Seite zu sehen, ließ die strenge, ja fast wütende Mimik Tessas aber wieder fallen. Sie wusste, das er Luna die Leviten gelesen hatte. Luna eilte zu ihrer Mutter.
"Es tut mir leid Mama. Ich weiß einfach nicht, wie ich damit umgehen soll, wenn jemand schlecht über euch redet und einfach nicht damit aufhört."
Tessa nahm ihre Tochter in die Arme.
"Manchmal muss man so etwas einfach ertragen mein Schatz. Du kannst weg gehen, oder einfach versuchen ihn zu ignorieren, aber kämpfen, war noch nie eine gute Lösung meine kleine Maus, aber das wird Papa dir bestimmt schon gesagt haben. Manchmal hilft es, einfach auf einen Strohsack ein zu prügeln, anstatt jemanden anderen zu verletzen. Vielleicht sollten wir dir so einen mal irgendwo aufhängen, hm?"
Nun in ihrem Alter brauchte sie wohl kaum mehr als Stroh, oder?

Eine hervorragende Idee! Drakon hatte sich auch immer and en Übungspuppen abreagiert. Da war er auch das erste Mal wirklich überrascht gewesen, wie stark er tatsächlich war. Der Abend verging jedenfalls und Luna verlebte einen wundervollen Tag.
Zwei Tage später, war Drakon wieder zu Darius zitiert worden, als Luna und Tessa gerade bei ihren Trainings waren. Er hatte ja noch überlegen müssen, wo er Drakon am besten einsetzen wollte. Auch Aya und Liam waren gerade bei der Ausbildung neuer Rekruten. Sie teilten sich häufig ein Trainingsfeld, da in letzter Zeit viele neue Rekruten zu ihnen gekommen waren. Auch Ares war nebenan. Und so konnten alle sehen, wie Drakon nun herauskam. Er trug keine Rüstung, sondern ein Stirnband und eine… Uniform der Mauergarnison. Bewaffnet war er mit einem Besen und einem Eimer mit Kehrschaufel. Liam klappte der Mund auf und Ares kassierte einen Holzschwertstreich von einem Rekruten, weil er alle Deckung fallen ließ. Schien ihm aber wohl nichts auszumachen. Auch einigen anderen Rekruten fiel mal alles aus dem Gesicht. Drakon sah zum Trainingsfeld und erkannte natürlich gleich seine Freunde. Er gab ein knappes: „Morgen.“ Von sich und machte sich an die Arbeit, die Wege zu fegen.

Ja, wirklich alle konnten ihn sehen. Tessa wollte erst gar nicht glauben, was sie da sah, musste sich dann aber das Lachen verkneifen. Es fiel ihr schwer nicht laut los zu lachen, aber sie beherrschte sich, allein schon wegen Ares, der eben einen Streich mit dem Holzschwert ab bekommen hatte. Und da glaubte man doch wirklich, den alten Haudegen konnte nichts um hauen. Tessa hätte nie gedacht, ihren Mann mal als Hauswart zu sehen oder eben nur als Kehrer. Sie versuchte sich wieder in die Übungen zu versetzen, während alle Anderen noch dumm da standen und glotzten.
Aya hatte eben Anweisungen für die neuen Positionen und die nächsten Schritte gegeben, als sie Drakon daher spazieren sah. Auch ihr blieb für einen Moment der Mund offen stehen. Das war doch jetzt nicht Darius Ernst, oder?
"Was zum ... Also gut! Genug gestarrte. Wer ihn noch nicht kennt, wird sicher schon Geschichten gehört haben. Wie ihr seht, können auch hochrangige Mitglieder dazu abkommandiert werden, diverse Hausarbeiten machen zu müssen! Das hat nichts mit dem Rang zu tun, sondern kann wirklich jeden treffen und wenn ihr weiter starrte, garantiere ich euch, das ihr alle nacheinander dran seid, die ganze Festung auf Hochglanz zu polieren!"
Man der Junge machte aber auch wirklich was mit. Armer Kerl. Nun, das Training musste weiter gehen und Drakon nahm seine neue Aufgabe ja scheinbar wirklich ernst.

Und wie! Wenn Drakon eine Aufgabe hatte, erledigte er sie auch gewissenhaft. Allerdings… stellte sich das Ganze als schwieriger heraus als gedacht. Er sollte die Wege säubern. Aber sowohl Wind, als auch unachtsame Wächter machten ihm einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Eben war er mit dem einen Weg fertig, da lief einer Blutend drüber und saute alles wieder ein. Drakon sah ihm unzufrieden nac, widmete sich dann aber wieder seiner Arbeit. Tatsächlich wurde er von seinem neuen Kommandanten auch zu anderen Bereichen der Festung gerufen und schließlich war er Abend vollkommen fertig bei seinen Freunden beim Abendessen. Es war noch nichts aufgetischt und eben wollte sich eben setzen, als einer der Mauergarnison sagte: „Ah ah. WIR sind dafür verantwortlich alles aufzutischen. Also auch DU.“ Drakon sah die Frau an und seufzte. „In Ordnung.“ Also tat er auch das noch und setzte sich danach. Ares und Liam saßen da wie die Mäuschen, aus Angst ihn nicht jeden Moment auslachen zu müssen.

Es tat Tessa außerordentlich leid, das Drakon nun dazu verdonnert worden war, das er die Reinigungskraft, aber auch die Küchenhilfe spielen musste. Überhaupt wusste sie ja, das die Arbeit wirklich hart sein konnte. Sie sagte nichts, sondern ließ ihn einfach machen. Luna wunderte sich nur, warum ihr Papa nicht mehr in Rüstung unterwegs war. Nun Aya betrachtete das ganze recht nüchtern. Sie wartete, bis Drakon sich zu ihnen gesellt hatte und sah ihn fragend an.
"Warum nun das? Hat er wenigstens eine Begründung gehabt oder will er dich damit nun strafen?"
wollte sie von Drakon wissen. Tessa kaute auf einem Stück Fleisch herum, sah aber auch neugierig zu ihrem Mann auf. Der Arme sah völlig fertig aus. Besser er aß eben, half vermutlich beim Abräumen und ging dann schlafen. Er würde eine Weile brauchen, ehe es ihm eben s leicht fallen würde, wie das Wache schieben. Luna sah ihren Papa auch mit großen Augen an.
"Warum hat er dich denn nicht zum Ausbilder gemacht?"
wollte sie in ihrer Kindlichen Unschuld wissen.

Drakon hatte überhaupt keine Lust, darüber zu reden. „Ich hab nicht gefragt.“, sagte er nüchtern auf Ayas Frage, warum er nun ausgerechnet dieser Einheit zugeteilt wurde. Dann aß er ein bisschen was und dann stellte Luna ihre Frage und Drakon sah zu ihr. „Ein Ausbilder braucht eine spezielle Ausbildung.“ Irgendwie klang das falsch in seinen Ohren. Wie musste es erst Luna damit gehen? Aber es stimmte. Drakon war ein ausgezeichneter Kämpfer. Besser vermutlich als die meisten hier. Vielleicht sogar besser als jeder hier. Aber er hatte keine Ausbildung zum Ausbilder abgeschlossen. Aya und Liam hingegen schon.
Vielleicht sollte Tessa Darius selbst fragen, wieso Drakon nun dieses Schicksal ereilt hatte. Oder war das nur eine vorrübergehende Strafe? Auch Ragnar saß beinahe reglos an der großenTafel, als er Drakon Geschirr herbringen sah. Er machte eine gute Mine zum bösen Spiel, aber man sah ihm an, wie steif er dabei war. Vielleicht hatte er ja auch nicht davon gewusst? Darius hingegen tat, als ginge ihn das alles gar nichts an. Als Drakon nun abräumen helfen musste, standen die meisten Schon auf und gingen, aber Marten blieb sitzen und beobachtete Drakon. Schließlich lief dieser zu seiner Tafel und Marten fragte: „Vom gefeierten Krieger, zum Tellerwäsche. Was für eine Karriere.“ Drakon ignorierte es. „Wie ist das so?“ Drakon sah ihn an. „Gewöhnungsbedürftig.“, antwortete er. Marten sah unzufrieden aus. Vielleicht, weil er Drakon nicht reizen konnte. „Bist bestimmt stolz auf dich, hu?“, etzte er nun nach und Drakon hielt inne. Er richtete sich auf und sah Marten von oben herab an. „Ja. Ich bin stolz. Denn ich bin ein Wächter.“ Marten sah hinauf. „Du bist eine Küchenhilfe.“ „Stimmt. Ich verteile das Essen. An jeden hier. Auch an dich.“ Marten musterte Drakon, der das allerdings nun einfach so stehen ließ. Nun erhob sich Marten. „Du ziehst es vor, dich in der Burg zu verkriechen und dich in das Nest deiner Familie zu setzen, anstatt mit uns dort draußen zu kämpfen!“ Warum hasste Marten ihn nur so? „Schon als du losgezogen bist, um uns zu helfen, die Gegend zu erkunden! Niemand weiß, was du getrieben hast, aber du wirst gefeiert, wie sonst niemand. Was hast du denn schon geleistet?!“ Uh… der musste getrunken haben. Drakon war wieder stehengeblieben. Zu schade, dass die Kommandanten schon weg waren.

Ja, das hatte Tessa wohl auch vor. Drakon gehörte überall hin, aber nicht in die Küche, oder zur Putzkolonne. Sie würde das alles sicher nicht so stehen lassen. Wenn Darius den lieben Drakon auf Grund seiner Entscheidung demütigen wollte, hat er das wohl kaum geschafft. Drakon war stolz und er war, selbst wenn er hierzu verdonnert worden war, ein Wächter. Luna saß noch neben ihrer Mutter, als Drakon den Tisch ab räumte. Sie bekam also auch mit, wie Marten sich ihrem Vater gegenüber benahm. Er war ein echter Stinkstiefel und er machte seinen Sohn ebenfalls zu einem. Luna knurrte, als sie hörte, wie der Mann mit ihrem Vater sprach. Tessa legte ihr die Hand auf die Schulter ihrer Tochter. Sie würdigte Marten keines Blickes. Auch sie wusste, das er einst kriminell war, doch sie sah darüber hinweg. Natürlich hätte sie etwas sagen können, doch das tat sie nicht, allein schon, weil es eh keinen Sinn ergab. Luna höre auf zu knurren. Sie erinnerte sich an das Gespräch mit ihrem Vater. Hierfür konnte sie nicht mal Kenneth büßen lassen. Es war besser, das alles einfach zu ignorieren, doch Luna kochte innerlich schon wieder und es war schon zu spät, sich noch an den Strohpuppen zu versuchen. Dieser alte Säufer war so unzufrieden mit sich selbst, das er die Fehler anderer suchen musste.
"Mama? Warum muss man eigentlich kämpfen? Die Wesen da draußen wollen das sicher auch nicht."
Tessa lächelte.
"Weißt du, manchmal glauben Menschen, das Angriff die beste Verteidigung ist, anstatt, wie dein Vater, erst mal mehr über sie heraus zu finden."
Sie sprach nicht laut, aber laut genug, das Luna sie verstand.

„Du und dein Scheiß… Wir sterben da draußen und du sagst, dass wir sie erforschen sollen. Abschlachten müssen wir sie!“ Drakon drehte sich um, packte Marten am Schlafittchen und zischte: „Du solltest jetzt den Mund halten.“ Marten riss sich los und Drakon ließ ihn gewähren. „Sonst was?! Erschlägst du mich mit deinem Besen?“ Drakon sah ihn nur an. „Nein.“, antwortete er gelassen. „DU hast uns im Stich gelassen, um Träumereien nachzulaufen! Und jetzt sieh dich an. Nicht mal das kannst du mehr…“ Daher lief der Hase. Nun gut. Drakon konnte darüber hinwegsehen. „Ich habe niemanden im Stich gelassen, Marten. Du hast dein Schicksal gewählt und ich das meine.“ Marten kam dicht vor ihn. „DU hättest sie beschützen können.“ Drakon konnte sich denken, dass es hier um die Schwester Martens ging, die ihn zur Mauer begleitet hatte. SIE aber hatte es aus Überzeugung getan. „Bist du nicht der große Drakon, der alle Bestien erlegen konnte. Bist du nicht… du bist lieber ein Feigling.“ „Du solltest jetzt schweigen.“, sagte Drakon nun. Doch Marten hörte nicht auf. „Nein… ich schweige nicht! Hast du eine Ahnung, was sie hatte durchmachen müssen? Aber der feine Herr Dracaris musste uns ja im Stich lassen.“ „Sei still jetzt!“, warnte Drakon ihn ein zweites Mal. „Konstrukteure, Lange Schatten, D-“ Drakon schlug ihn derart hart zu Boden, dass er einfach bewusstlos liegen blieb. Kenneth schaute Drakon einfach nur vollkommen verstört und verängstigt an. Marten regte sich nicht und Drakon sah böse auf ihn herab.
Alle Anwesenden blieben stumm. Marten hatte nicht laut geredet, aber Tessa hatte es zumindest noch gehört. SO kannte sie ihren Ehemann gar nicht. Auch Luna musste sich wohl nun fragen, ob Drakon seinen eigenen Worten überhaupt Bedeutung zumaß. Es war, als wäre ihm einfach eine Sicherung durchgebrannt.

Tessa hatte geglaubt, niemand könnte Drakon so schnell aus der Ruhe bringen. Sie hatte sich wohl geirrt. Sie hatte gehört, worum es ging und hatte schließlich nichts weiter gesagt, doch nun ... Marten hatte seine Schwester verloren, was ihm alles Recht gab, wütend zu sein. Es gab ihm aber nicht das Recht jemanden dafür verantwortlich zu machen. Als Drakon nun Marten so nieder schlug, war Luna völlig entsetzt. Sie hatte keine Ahnung, was nun wirklich richtig war und was nicht, aber ihr Vater hatte offensichtlich die Beherrschung verloren. Sie konnte Kenneth nicht ausstehen, aber sie stand nun doch auf, ging zu ihrem Vater und stellte sich vor ihn.
"Papa ... erinnerst du dich an unser Gespräch? Ich weiß jetzt genau was du meintest. Sieh dir Kenneth an. Er ist ganz verstört."
Das er Angst hatte, wollte sie nun nicht auch noch sagen. Das hätte nur wieder zu Reibereien geführt.
"Komm Papa. Wir räumen ab und dann gehen wir Heim."
Tessa war so stolz auf ihre Tochter. Sie war aufgestanden und hatte zwei Wachen heran geholt, die Marten nun mit seinem Sohn Heim brachten. So .. es war um die Schwester gegangen. Fühlte Drakon sich für sie verantwortlich? Sie half jedenfalls freiwillig mit, alles ab zu räumen, um dann mit ihrer Familie heim kehren zu können.

Drakon schwieg die ganze Zeit. Er hatte die Beherrschung nicht verloren. Er war ganz ruhig. Er wirkte nun, wo er sich zu ihnen gedreht hatte, sogar sehr ruhig. Er hätte Marten überhaupt auch selbst ins Krankenlager gebracht. Der Mann hatte nicht hören wollen. Tessa machte ihm keine Vorwürfe und Luna schien zu glauben, er habe die Beherrschung verloren.
Schließlich kamen sie zuhause an und brachten Luna ins Bett. Drakon setzte sich an den Tisch der kleinen Küche und streckte sich. Der Tag war anstrengend gewesen. Nichts deutete darauf hin, dass er einen Fehler gemacht haben könnte. Kenneth hatte es nicht verstanden, die Umstehenden nicht und auch Marten scheinbar nicht. Drakon hatte nicht ohne Grund so gehandelt und letztlich würde das nur eine weitere Strafe nach sich ziehen. Wächter durften nicht einfach zur Gewalt untereinander greifen. Besonders keine Erwachsenen.
„Ich muss morgen früh aufstehen.“, sagte er nun leichthin und sah zu seiner Frau. Es schien, als sei überhaupt nichts vorgefallen.

Natürlich sagte er nichts. War auch nicht anders zu erwarten. Sie sah ihren Mann an, als sie Zuhause waren und fragte sich, was in seinem Kopf vor gegangen war.
"Das müssen wir doch alle,"
antwortete sie nun.
"Was wolltest du damit bezwecken? Du hast noch nie jemanden nieder geschlagen. Vor allem nicht nachdem du unserer Tochter kurz vorher noch gesagt hast, das sie so etwas nicht tun soll."
Tessa wollte das so nicht einfach stehen lassen und Drakon hätte doch wissen müssen, das sie es nicht einfach so auf sich beruhen lassen würde.
Luna lag bereits im Bett. Der Tag war anstrengend gewesen und sie war müde, also bekam sie das Gespräch ihrer Eltern gar nicht mit.
"Ich habe viel Verständnis für wirklich viele Dinge, aber das ... Drakon was ist passiert?"

Nun, Drakon hatte tatsächlich damit gerechnet, dass Tessa es nicht auf sich beruhen lassen würde. Er verstand es, und wollte es ihr auch erklären. „Ich habe ihn beschützt.“; gab er zurück und Tassa sah ihn fragend an. „Du weißt, dass es Wächtern im Aufklärungstrupp untersagt ist, über ihre Arbeit zu sprechen. Nur an bestimmte Seelsorger darf sich gewandt werden. Marten ist nicht wie Wir. Einstige Verbrecher dürfen sich keine Fehler erlauben. Besonders nicht solche. Darius hat keine gute Laune und Marten hat einen Sohn, für den er sorgen muss. Selbst wenn Darius ihn NUR in den Kerker gesteckt hätte, wäre das fatal gewesen.“
Er sah Tessa an und hatte das ganz beiläufig erzählt. Luna muss das nicht wissen. Sie hat ihre Lektion auch so gelernt. Du weißt, dass ich niemals einfach die Beherrschung verlieren würde.“ Er erhob sich, packte sie neckisch an den Hüften und trug sie ins Schlafzimmer. Dann grinste er süffisant: „Meistens zumindest“ Beherrschung verlieren… Wenn dann wohl höchstens ob ihrer weiblichen Reize. Er hatte ihr damals schon nicht entkommen oder widerstehen können. „Luna schläft, lass uns Erwachsenensachen machen.“ Es war doch eigentlich wie ein Traum. Drakon machte überhaupt nicht den Eindruck, als würde ihn irgendwas an seiner neuen Lage stören.

Natürlich. Nun ging Tessa ein Licht auf. Drakon beschützte seine Familie. Beide Familien. Er hatte dafür gesorgt, das der Junge auch weiterhin einen Vater hatte. Vielleicht keinen guten, aber einen Vater eben. Sie nickte bedächtig, sah ihn dann aber auf sich zu kommen. Diesen Blick kannte sie doch. Sie quickte kurz auf, als er sie so packte und ließ sich bereitwillig ins Schlafgemach tragen. Das Thema war damit durch und Beide waren mit ihren Gedanken ganz woanders. Sicher ... es würde eine Strafe geben, aber das würde Drakon weniger aus machen, als Jemanden verurteilen zu lassen.
"Aber Drakon ... Erwachsenensachen?"
Siegrinste und spielte mit der Schnur an seinem Hemd.
"Du meinst so richtig, mit streicheln ... und küssen ... und so weiter?"
Nein ... sie hatte ihm nie widerstehen können. Dazu müsste er sie schon wirklich wahnsinnig wütend machen. Sie konnte sich gar nicht vor stellen, wie eine Welt ohne ihn wäre.

Sie flachste mit ihm herum und er fand das wirklich schön. „Das Band da in deiner Hand… Zieh doch mal dran.“ Tessa ließ sich natürlich hinreißen und das Band wurde aus den Ösen gezogen und so sperrte sein Hemd nun auf. Die Narben seiner Kämpfe waren zu sehen, aber auch seine perfekten Muskeln. Er setzte sie auf dem Bett ab und entledigte sich seines Hemdes.
„Und ja…“ Er strich ihr über den Körper. „So richtig mit Streicheln“, Er schob ihr Oberteil hoch und küsste ihren Bauch, „und Küssen…“, dann zog er es ihr einfach aus und drückte vorsichtig ihre Brust, „und so weiter.“ Er stützte sich über ihr ab und sein Körper war wie immer traumhaft. Wie konnte ein einzelner so schön, so lieb und doch so stark sein? Das gleiche hätte Drakon aber auch über seine Frau gedacht. Sie war für ihn ein perfektes Wesen. Sie ertrug ihn und liebte ihn dafür, wer er war.

Tessa ließ sich dazu hin reißen, neckisch das band heraus zu ziehen,. was natürlich zu weiteren, sehr schönen Überraschungen führte. Oh sie liebte ihren Drakon so sehr. Kaum zu glauben, das er sie anfangs nicht mit nehmen wollte. Es war wirklich traumhaft, wie er sie umgarnte, wie sie mit ihm spielte, wie sie sich streichelten, küssten, liebkosten. Sie hatten so selten Zeit dazu, das keiner von ihnen auch nur auf den Gedanken gekommen wäre, das hier ausfallen zu lassen. Luna schlief und sie waren somit ungestört. Beide ahnten nicht, was in dieser Nacht geschehen würde. Es würde wohl eine freudige Überraschung werden, oder nicht? Tessa ließ sich voll und ganz auf ihren Mann ein, eben so wie er auf sie und so hatten sie einen der wunderschönsten Abende, seit langer Zeit.

Natürlich waren ja beide trotzdem nicht dämlich und wussten, was passieren konnte, wenn zwei Erwachsene sich so liebten. Drakon jedenfalls war sich der Konsequenzen durchaus bewusst. Und Tessa war immer noch jung und stark, sodass sie eine Schwangerschaft ohne weiteres überstehen würde.
Die Tage vergingen jedenfalls und Tessa musste leider mit ansehen, dass ihr Liebster die ganze Zeit irgendwelche Putzarbeiten machen musste. Ergab sich wirklich Mühe, aber irgendwie schien er dafür nicht wirklich ein Händchen zu haben. Außerdem hatte er wohl auch eine andere Auffassung von sauber. Also wurde er zum Koch geschickt, der ihn sofort wieder rauswarf, als er ihn nur gesehen hatte. Dann wurde er zur Mauerinstandhaltung geschickt. Es war heiß heute und Drakon hing oberkörperfrei an einem Seil, um die Fugen neu zu verputzen. Seine Muskeln spielten bei jeder Bewegung sichtbar. Auch dabei dachte er sich natürlich nicht das geringste. Viele Rekruten waren schon jetzt sehr diszipliniert, aber Drakons freier Oberkörper lenkte die meisten jungen Frauen derart ab, dass die Ausbilder ihre liebe Not hatten, sie zur Disziplin zu bewegen.
Darius stand an seinem Fenster, welches in den Festungshof zeigte und schlug sich die Hand vor das Gesicht.

Tessa war auch klar, das es so kommen konnte und eigentlich, würde sie sich darüber wirklich euren, denn dieses Mal würde Drakon WIRKLICH alles von Anfang an mit erleben. Nun musste sie mit an sehen, wie man Drakon ein ums andere Mal woanders hin schickte. Die Instandhaltung der Mauer war sicher auch nicht unbedingt die beste Lösung. Tessa war nicht sauer, weil die jungen Frauen schauten. Schließlich gehörte das alles, im übertragenen Sinne, ihr. Sie würde Drakon nie als ihren Besitz bezeichnen, aber er würde immer zu ihr kommen und sie nie betrügen. Dessen war sie sich mehr als bewusst. Tessa meisterte ihr Training, so gut es ging. Zwischendurch machte sich ein wenig Erschöpfung bemerkbar, doch das schob sie auf den Stress der letzten Zeit. Offensichtlich fiel es den Damen heute sehr schwer, sich zu konzentrieren. Tessa ließ sich nicht davon ablenken. Sie hatte diesen Anblick jeden Abend und konnte ihn immer genießen, wenn ihr danach war. Luna war auch beim Training. Sie vermöbelte gerade eine Strohpuppe. Das arme Ding wurde hin und her gewippt und verlor auch ein paar Strohhalme, die Luna gnadenlos aus ihm heraus prügelte. Aya unterrichtete heute andere Rekruten. Es war schon interessant zu sehen, wie sie sich machten. Auch sie musste die Damenwelt daran erinnern, das sie sich auf das Training konzentrieren mussten, da sie sonst getroffen wurden. Sie hatte ihnen heute bewusst Holzschwerter in die Hand gegeben, nachdem sie Drakon and er Mauer arbeiten gesehen hatte. Nur so lernten sie, was Disziplin wirklich war und wie sie sich schützen konnten. Aya erinnerte sich daran, wie sie mit einer anderen Rekrutin damals im Streit lag, wegen Drakon. Sie wollte Drakon damals schließlich auch, wie viele andere junge Wächteranwärterinen. Letztlich hatte keine von ihnen Drakon bekommen, aber darum war Aya nicht böse. Tessa hatte ihn erobern können und er liebte sie so sehr, wie Aya es sich auch gewünscht hätte. Er war noch immer ihr bester Freund und sie würde ihn verteidigen, wie man seinen Bruder eben verteidigen würde.