Akt I - Cadis Etrama Di Raizel

Überrascht stellte Airi fest, das Keiji mal pünktlich an der Schul an kam. Natürlich zog sie ihn auch gleich damit auf.
"Na da hat Shu dich doch wohl aus dem Bett geschmissen oder kam ein Vöglein an und hat dich aus dem Bett gepickt?"
feixte sie. Zusammen gingen sie in die Klasse, wo Rai denn auch schon saß. Er begrüßte sie auf eine sehr förmliche Art, was Airi erwiderte.
"Na ihr könntet euch ruhig mal ne Scheibe von ihm abschneiden und euch auch mal höflicher verhalten. Immerhin gibt er sich Mühe und versucht sich an zu passen,"
nahm sie Rai gleich in Schutz, der aussah, als habe er irgendwas falsch gemacht.
"Nimm sie nicht ernst. Sie sind eben eher die Rüpelhafteren Jungs und nicht die, die die Höflichkeitsformeln waren. Ich finde es schön, das du dir Mühe gibst,"
lächelte sie und setzte sich schon zu ihm.

Immerhin schien eine Person zu wertschätzen, was er angewendet hatte. Wie erfreulich. Rai sah ihr auf den Mund und nickte dann. In der Pause hatte er eine Lunchbox dabei und in dieser waren die kulinarischsten Köstlichkeiten, die man sich vorstellen konnte. Er probierte alles und schien zufrieden zu sein. „Hast du dir das alles selbst gemacht?“, fragte Keiji.
„Nein.“
So viel dazu. Er schien auch nicht sagen zu wollen woher er es hatte. „Wollen wir nach der Schule wieder irgendwas machen?“ Rai sah in die Ferne. „Ja.“
„Und was?“ „Keine Ahnung. Hauptsache was, wo nicht wieder so ein Abschaum herum lungert!“, sagte Shu. Rai schien sich dazu nicht äußern zu wollen. Ihm schien es egal zu sein.
Und so verstrich auch dieser Schultag ereignislos und die vier machten sich auf in die Stadt. Sie gingen ins große Center und als sie durch die Schiebetür waren, blieb Rai stehen. Er drehte sich um und lief wieder hinaus. Dann drehte er sich wieder rum und lief wieder hinein. „Was treibt er da?“, fragte Keiji und Shu raunte ihm zu: „Vielleicht sieht er das erste Mal 'ne Schiebetür?“
Anschließend blieb Rai stehen und wartete er schien unzufrieden, denn nun gingen eine menge Leute rein und raus, sodass sie nicht wieder zu ging. Schnell schien er das Interesse zu verlieren und sah zu seinen Begleitern.

Airi wollte, das Rai merkte, das seine Bemühungen geschätzt wurden. Sie mochte es nicht, wenn sich Leute unwohl fühlten. Im Unterricht half sie ihm ab und an, wenn sie glaubte, er verstand etwas nicht. Anschließend, als die Schule zu ende war, wollten sie noch etwas unternehmen. Rai schien eigentlich immer noch nicht wirklich irgendwas zu irgendeinem Vorschlag sagen zu wollen. Er benahm sich immer noch wie der letzte Hinterweltler, aber Airi fand das irgendwie liebenswert. Er sah die Dinge mit anderen Augen, mit Augen, die solche Wunder der Technik nicht kannten. Er musste also noch abgeschiedener gelebt haben, aber so wie seine Haltung war, musste er aus edlem hause kommen. Gab es überhaupt noch ein Land, in dem es Herrscher gab, die noch keine Technik eingeführt hatten? Vielleicht Inseln? Immerhin gab es auch noch Naturvölker, warum also nicht auch so etwas?
"Scheinbar kennt er so was gar nicht. Irgendwie glaube ich, er stammt aus einem Adelsgeschlecht, wo sie ihn noch bedienen und es keine Technik gibt,"
flüsterte sie den Jungs zu. Sie wollte Rai nicht verletzen.
"Dann müssen wir ihm eben alles zeigen."
Sie sah zu Rai rüber. Natürlich waren auch hier Mitschüler und Schülerinen zu gegen.
"Komm. Wir gehen ein Eis essen. Das wirst du bestimmt mögen,"
meinte Airi und schon griff sie nach seiner Hand und zog ihn mit.

Rai sah seine Mitschüler an und Keiji fragte: „Und? Bist du ein Adeliger?“ Er lachte jedoch. Er glaubte nicht daran. Auf der anderen Seite war Rai schon sehr würdevoll. Doch bevor er antworten konnte, wurde er schon mitgezogen. Er blickte auf die Hand die ihn festhielt und musterte sie im Gehen. Das war ungewohnt. Sehr sogar. Sie liefen nur ein Stück und Rai löste ihre Hand geschickt von seiner. Was fasste sie ihn denn bitte ungefragt an? Er sah irgendwie ärgerlich aus. Vielleicht würde sie ihn mit einem Eis bestechen können. Sie setzten sich und Keiji fragte: „Was ziehst du denn für ein Gesicht?“ „Sie hat mich angefasst.“, antwortete er wahrheitsgemäß. „Na und?“ „Na und?“, fragte Rai ihn nun auch? Es schien ihn zu verwirren, dass Keiji das nicht komisch fand. Er sah auf den Tisch und Shu schob ihm die Eiskarte ins Blickfeld. „Such dir eins aus. Weißt du, wir wissen so wenig über dich, wie du über uns. Du musst nur sagen, wenn dir was unangenehm ist.“ Rai nickte. Offensichtlich war ihm anfassen unangenehm. „Also nun Eis!“, sagte Keiji und schon studierte Rai die Speisekarte. Irgendwann kam der Kellner und alle bestellten. „Und sie, junger Mannß“, fragte er Rai, der sich die Karte förmlich vors Gesicht hielt. „Ähm... Rai?“ Er ließ die Karte sinken. „Was möchtest du?“
„Ramen...“, antwortete er und die Jungs sahen ihn verdutzt an. Dann fing Keiji an zu lachen. „Bringen sie ihm nur eine Kugel Eis. Wir gehen danach in einen Ramen-Laden.“ Rai schien zufrieden damit und da er sich immer noch nicht äußerte mussten sie wohl für ihn festlegen, was er essen wollte.

Airi spürte, wie er seine Hand löste, dachte sich jedoch nichts dabei. Wenn er eben nicht wollte, war das völlig ok. Sie hatte natürlich ihre Überlegung auch schon über den Haufen geworfen. Als sie nun da saßen und Rai kund tat, das es ihm nicht passte, das Airi ihn an die Hand genommen hatte, war es Airi wirklich unangenehm.
"Also das .. ich ... ich wusste nicht ... bei uns ist es hier so normal. Es tut mir leid Kommt nicht wieder vor."
Irgendwie bedrückte es sie doch schon. Sie wollte nur freundlich sein. Jedenfalls bestellte sie sich einen Milchshake. Mehr brauchte sie nicht. Passte ja auch ganz gut, wo sich dann noch heraus stellte, das sie noch Ramen essen wollten. Wie trocken er das über die Lippen brachte, war wirklich erstaunlich. Sie aßen jedenfalls ihr Eis, tranken ihren Milchshake und konnten sich wieder auf den Weg machen. Ramen bekam man schließlich an jeder Ecke, aber nicht an jeder bekam man auch guten. Keiji, Shu und sie hatten bereits eine eigene Liste derer, wo man guten Ramen bekam und so schlenderten sie in einen unscheinbaren Laden im Untergeschoss.

„Und hier mein lieber Rai, gibt es die aller besten Ramen überhaupt!“ Rai sah das mickrige Lädchen an und konnte nicht glauben, dass es hier am besten schmecken sollte, aber es roch schon sehr verführerisch. Er wendete den Blick ab und sah zu einem größeren Konkurrenten, der deutlich größer war aber Keiji stellte sich in den Weg. „Denk nicht mal dran!“ Rai war so verdattert, dass er ihm einen Moment in die Augen gesehen hatte. Er zog die Brauen zusammen und wich einen Schritt zurück. „Komm schon. Wir wissen was gut ist.“ Shu schob ihn nun einfach auf einen der Hocker. Wieder ungefragt angefasst! Rai stieß resignierend die Luft aus. Dann setzte man ihm eine Schale vor und er starrte hinein. Er schien auf etwas zu warten.
„Was denn? Nun sei nicht beleidigt. Iss schon!“, grinste Keiji und Rai schüttelte den Kopf. „Sturer Esel.“ Erst nach einer Weile nahm er die Stäbchen und fing an. Er hatte gewartet, bis die Nudeln aufgequollen waren.
Am späten Nachmittag wollten sie sich nun trennen. Und Shu fragte: „Sag mal, wo wohnst du eigentlich?“ Rai griff in seine Jacke und zog ein Bild vom Rektor hervor. Er gab es den anderen und hinten drauf stand die Nummer des Rektors und eine Notiz: Ich habe mich verlaufen, bitte Kontaktieren sie folgende Nummer. Keiji sah in verwirrt an. „Du wohnst beim Rektor?“
„Ja.“

Nun zumindest hatten sie etwas gemeinsam. Auch Airi ließ sich gern Zeit dabei, ihre Ramen zu essen. Allerdings nicht ganz so lang wie Rai. Sie mochte sie nicht matschig. Keiji war wirklich wie ein großer Bruder zu Rai. Ein wirklich lieber Kerl. Später, sie wollten sich verabschieden, kam die Frage auf, wo Rai eigentlich wohnt. Er zog das Bild des Rektors hervor. Welch Überraschung. Airi sah ein wenig verwirrt aus, doch erklärte es wohl, warum der Direktor so um Rais Sicherheit und Bedürfnisse besorgt war.
"Das liegt in meiner Richtung. Wenn du willst, können wir zusammen da runter laufen."
Sie verabschiedeten sich also und Airi ging mit Rai in eben ihre Richtung.
"Du sprichst wohl nicht gern, hm? Irgendwie bist du so vollkommen verschwiegen. Wann hast du denn Geburtstag und wo wurdest du geboren?"
War doch langsam mal Zeit etwas mehr über ihn zu erfahren.

Rai lief neben dem Mädchen mit dem Namen Airi her. Sie fragte nach seinem Geburtsort und seinem Geburtstag. Das war schwer zu beantworten. Und warum sollte er ihr überhaupt Rede und Antwort stehen? Er sah kurz zu ihr herüber.
„Das kann ich dir nicht sagen.“, antwortete er nur. Frankenstein hatte gesagt, dass das nur zu Fragen führen würde. Er fragte nun: „Und was ist mit dir?“
Sie hörten ein Geräusch in einer Nebengasse. Es klang, als würde dort jemand angegriffen werden und Rai sah in die Richtung. Was war da los? Sie waren erst ein paar Meter gelaufen, als sie sich von Keiji und Shu getrennt hatten und nun hörten sie einen erstickten Schrei. Etwas spritzte auf den Boden und Rais Blick verfinsterte sich zunehmend. Er war stehengeblieben. Es klang irgendwie animalisch und ziemlich gruselig. Dann sahen sie einen Umriss. Wie ein Mann, der ihnen nun entgegen kam.

Er konnte es ihr nicht sagen? Was war los mit ihm? Hatte er eins auf die Rübe bekommen und sein halbes Leben vergessen? Airi sah Rai fragend an. Was war mit ihr?
"Ich bin am ..."
weiter kam sie nicht. Das Geräusch, das sie aus einer Gasse hörten, ließ Airi zusammen zucken und erschaudern. Irgendwas spritzte da. Airi hoffte nur, das es sich dabei nicht um Blut handelte. Diese Geräusche da, waren furchtbar. Airi war starr vor Angst. Sie sah da einen riesigen Kerl auf sie zu kommen. War das ein Verbrecher? Hatte dieser Mann da gerade jemanden zusammen geschlagen und liegen lassen? Schlimmer noch ... jemanden ermordet? Nein doch nicht am Spätnachmittag. So etwas geschah nicht am Spätnachmittag. Sicher hatte sie sich das nur eingebildet.
"Wir ... wir sollten ... weiter gehen,"
meinte sie, ohne Rai an zu sehen.

Einen Moment sah Rai noch in die Gasse und dann wendete er sich ebenfalls von dieser Ab. Er ging zusammen mit Airi weiter und nach einer Weile sahen sie Direktor Lee. „Ah, hier steckt ihr! Habt ihr euch amüsiert?“ Rai sah seinen Diner an und sagte dann: „Ich habe Eis gegessen.“ „Oh wirklich? Na, wie schön! Danke, dass ihr euch so um ihn kümmert.“ Lee sah Airi an und irgendwann fragte er: „Möchtest du vielleicht noch kurz mit rein kommen?“ Der Direktor war zwar immer nett zu den Kindern gewesen, aber eine Einladung hatten sie noch nie bekommen! Dieser Raizel schien ihm sehr wichtig zu sein.
Es wurde schließlich auch schon langsam dunkel, er könnte sie dann nach Hause fahren. Rai ging schon mal ins Haus und der Direktor sagte zu ihr: „Er scheint dich zu mögen. Vielleicht noch auf einen Tee?“
Er sah an ihr vorbei, die Straße hinab. Drinnen angekommen saß Rai bereits auf einem Sofa. Er schien auf den Tee zu warten und Shinji bereitete auch gleich einen zu. Er schien gute Laune zu haben.

Erleichtert ging Airi weiter. Raizel hatte sich dazu entschlossen, ihrem Rat zu folgen. Wer wusste schon, was der Kerl da gemacht hatte und was er vor hatte. Besser sie gingen jedem Ärger aus dem Weg. Der Direktor kam ihnen schon wieder entgegen. Wieder bedankte er sich bei Airi, das sie sich so um Raizel kümmerten.
"Gern doch. Er ist ... etwas schwierig, aber ich denke, er gibt sich Mühe."
Eine Einladung zum Tee? Es wurde schon dunkel und sie müsste nach hause, aber ... warum eigentlich nicht? Der Direktor bot ihr an sie später zu fahren, also war es doch ok, wenn sie nicht sofort Heim ging. Da wartete doch eh niemand auf sie. Der Direktor wohnte eigentlich sogar recht schön. Er meinte Raizel mochte sie? Nun den Anschein machte ER ihr nicht gerade.
"Meinen sie? Ich weiß nicht. Kann ich ihnen bei dem Tee helfen?"
Vermutlich war er da so Eigen, wie jeder der Gäste hatte. Sie sah zu Raizel.
"17ter Oktober. Ich wurde hier geboren."
Sie wollte doch wenigstens noch seine Frage beantworten, ehe sie gegebenen Falls Shinji Lee helfen würde.

Der Direktor sagte: „Nein, nein. Schon gut.“ Sie beantwortete Rais Frage und Shinji erstarrte. Was sagte sie da? Er sah zu Raizel, der wieder den Kopf auf der hand aufstützte. Dennoch sah er dabei sehr würdevoll aus. Er nickte auf ihre Aussage und nun fühlte er sich in der Pflicht, ihr auch zu antworten, er sah zu Shinji. „Ahm... Geburtstage? Nun, Rai wurde am 12. Januar geboren. Und zwar in... ahm. Wo war das noch. Irgendwo in Europa. Ich hab's vergessen.“ Er lächelte wunderschön und Raizel nickte zuversichtlich. Wie waren sie denn auf diese Unterhaltung gekommen?! Er stellte den Tee ab und Rai nahm seine Tasse vorbildlich. Er spreizte den Finger ganz leicht ab und sah wie immer aus, wie von edler Herkunft.
„Sie findet, dass ich schwierig bin.“, erklärte Rai unverblümt und Direktor Lee verschluckte sich. Ja das hatte sie gesagt, aber da war er schon drinnen gewesen. „Nun... Sie hat aber auch gesagt, dass du dir Mühe gibst.“ Wieder nickte Rai. Er stellte die Tasse ab. Er stand auf und sah Airi nun direkt in die Augen. Sein Blick sah streng aus und sie fühlte regelrecht, wie sie immer kleiner wurde und dass sie zu verschwinden drohte unter diesem Blick. Dann entließ er sie aus seinem Blick und ging den Flur hinab in ein Zimmer, wo er die Tür hinter sich schloss. Frankenstein atmete irgendwie erleichtert aus und sagte: „Er hat wohl keine Lust auf Besuch. Ich werde dich gleich heim bringen, wenn du fertig mit dem Tee bist.“

12 Januar ... und keiner der Beiden wusste wo er geboren wurde? Das war jetzt ... unerwartet. Egal. Airi fühlte sich ertappt, als er so offen ausplauderte, was sie über ihn gesagt hatte. Sprachlos sah sie ihn an. Sein Blick ... diese Augen ... Was war das? Sie fühlte sich, als würde sie schwinden und dann verschwand er einfach. Das war ... sie sah den Direktor verwirrt an, der eben fest stellte, das Raizel scheinbar keine Lust auf Besuch hatte.
"Ich verstehe ihn nicht,"
erklärte Airi leicht verzweifelt.
"Ich würde ihm gern helfen sich zurecht zu finden, aber ... ich bin bisher niemandem begegnet, der so war wie er. Er will nicht angefasst werden und ich dumme Kuh hab ihn an die Hand genommen. Er scheint mir eher wie ein Adeliger zu sein, der aus dem Mittelalter in unsere Zeit geschubst wurde, in der er sich nun zurecht finden muss. Direktor Lee mach ich denn alles falsch?"
Irgendwie ging es gerade mit ihr durch. Sie stellte die Tasse hin und legte die Hände vor ihr Gesicht. Sie hätte heulen können. Raizels Blick hatte ihr eben den Rest gegeben. Nie war sie sich so minderwertig vor gekommen, wie in dem Moment.

Ach, her je... Das hatte ja passieren müssen und dann kratzte sie auch noch so gefährlich nah an der Wahrheit. Er stellte seine Tasse ab und ging zu ihr herüber. Er legte seine Hand auf ihre Schulter und setzte sich neben sie. „Nein. Du hast nichts falsch gemacht. Er ist den Umgang mit Leuten einfach nicht gewohnt. Er … war sehr viel alleine und es ist eben alles neu für ihn in dieser großen, modernen Stadt. Ich bin froh, dass er … nun er verbringt Zeit mit euch. Das freut mich sehr, auch wenn ihr es als schwierig empfindet, so glaube ich doch, dass es ihm sehr hilft.“ Du hast ja keine Ahnung Airi. Du hast keine Ahnung, wen ihr da vor euch habt. Er schloss die Augen und seufzte leise. JEDER fühlt sich in seiner Gegenwart wertlos, wenn er seinen Blick berührt. „Na komm. Ich bring dich nach Hause. Gib ihm etwas Zeit, sich einzugewöhnen.“
Er ging mit ihr Zum Auto und brachte sie nach Hause. Wieder alleine. Es brannte kein Licht in ihrem Haus. Sie war so oft allein. Er blieb am steuer sitzen und fragte: „Kommst du denn klar? So alleine heute?“

Airi fand es so nett, das sich der Direktor so um sie kümmerte. Er war wirklich väterlich. Airi war froh, jemanden wie ihn zu haben, an den sie sich wenden konnte, falls es wirklich mal nötig war. Sie nickte auf seine Worte hin und sah zur der Tür, durch die Raizel gegangen war.
"Sie haben sicher recht. Schließlich kennen sie ihn und seine Geschichte besser. Es ist nicht, das ich aufgeben will und ihn stehen lassen. Er gibt sich Mühe und das zeigt doch, das er nicht unwillig ist zu lernen."
Sie musste sich schon ein wenig zusammen reißen und selbst auf bauen. Schließlich trank sie ihren Tee aus und wurde Heim gebracht. Als sie ankamen, war das Licht natürlich aus. Niemand war da.
"Wird schon, Ich kenn es nicht anders. Danke für alles. Kommen sie gut nach Hause. Wir sehen uns Morgen."
Damit stieg sie aus, schloss die Tür und ging zum Haus. Sie hörte, wie das Auto davon fuhr und schloss die Tür auf. Zeit noch Hausaufgaben zu machen und dann ab ins Bett. Morgen wäre ein neuer Tag und sie würde Raizel nicht einfach auf geben.

Zuhause saß Raizel auf dem Sofa. Der Tee war kalt, aber er trank ihn trotzdem. „Frankenstein.“ „Master?“ „Dieses Mädchen. Airi.“ „Was ist mit ihr?“
„Sie ist traurig.“ Der Direktor sah auf den Boden. „Ja, ein bisschen.“ „Wegen mir.“ „Ja, Master.“ Raizel stand auf. Er ging zum Fenster und sah hinaus. Er schwieg eine Weile. „Es gefällt mir nicht.“ Shinji lächelte und sagte dann: „Warum nicht?“ Rai zuckte die Schultern und dann drehte er sich um. „Ich will, dass sie aufhört traurig zu sein. Du musst mir erklären, wie ich mich, wie ich mich als Schüler verhalten muss.“ Wieder lächelte er und nickte. „Ja, Master.“

Am nächsten tag saß Rai erneut wieder auf seinem Platz, als sei er nie weggewesen. Als Airi ankam sah er zu ihr herüber. Nicht in die Augen, aber in ihr Gesicht. Er stand auf und wartete bis sie da war. Auch Keiji und Shu waren schon da und als Airi an ihrem Platz war, nahm er ihre Hand und sagte: „Ich nehme es zurück. Es ist in Ordnung, wenn du mich berührst.“

Vollkommene Reglosigkeit im Klassenzimmer. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Die Damen der Klasse erlitten den nahem Herzod und die Jungs der klasse waren zu stein erstarrt. Ein Riss ging durch das Bild und alles zersprang in tausend Scherben. (Natürlich nur Bildlich gesprochen)
„Sie... ihn... berühren?“ tuschelte es durch die Klasse und Rai sprach einfach weiter: „Tu es nur nicht überraschend.“ Eeeeek! Keiji und Shu standen in der Tür und schienen gelähmt. Was hatten die beiden denn gestern noch gemacht?

Der nächste Morgen nahte und hätte Airi auch nur andeutungsweise gewusst, was sie erwartete, hätte sie sich wohl krank gemeldet. Da sie es nicht wusste, tappte sie voll ins Fettnäpfchen, als sie die Klasse betrat und Rai ihre Hand nahm und ihr erklärte, das es ok war, wenn sie ihn berührte. Airi starrte ihn völlig überrumpelt an. Das konnte jetzt nicht sein Ernst sein. Airi spürte regelrecht, wie die Hitze zu Kopf stieg. Ihr Blut rauschte regelrecht durch ihren Kopf und verursachte dabei das Geräusch eine Sturms in ihren Ohren. Gleich drauf wurde sie aschfahl, als sie das Getuschel in der Klasse hörte. Sie wusste ja gar nicht, was sie da sagen sollte. Airi räusperte sich. Sie musste sich jetzt irgendwie hier raus retten.
"Also soll ich dir vorher sagen, das ich deine Hand nehme um dich zum Eisessen mit zu nehmen? Wäre das dann weniger überraschend?"
Jetzt lächelte sie ihn sogar an. Er kam nicht von hier, rief sie sich ins Gedächtnis. Er hatte nicht viel mit anderen zu tun. Das musste sie ihm schon verzeihen und das tat sie auch. Jedenfalls freute sie sich sehr, das er nun nicht mehr böse auf sie war.

Nun jeder hier machte sich trotzdem ein eigenes Bild von dem Ganzen. Trotz Airis Rettungsversuch. Es war beschämend. Zumindest für sie. Raizel ließ sie los und starrte ihr noch eine Weile ins Gesicht. Dann senkte er den Blick und lief hinaus. Nun das trug nicht gerade zur Klärung der Sache bei. Shu und Keiji gingen gleich zu ihr und fragten: „Was ist denn nur passiert gestern?!“
Airi versuchte alles zu erklären und die Jungs waren erleichtert. Keiji sagte zu Airi: „Ihm nach. Er hat es ganz falsch verstanden. Sicher ist ihm das jetzt peinlich!“
„Ich beruhige die Schüler!“, sagte Shu und scheuchte die beiden raus.
Raizel ging zum Büro des Rektors und mit einer Handbewegung wischte er die Tür auf. Schockiert wurde er vom Rektor betrachtet, der den sofortigen Tod erwartete. „Frankenstein...“ Raizel klang wirklich böse. Was war denn nur passiert. Die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
„Jetzt hasst die ganze Schülerschaft sie.“ „W-Was? Master! Was habe ich getan, was ist geschehen, dass ihr sol... wütend... auf mich seid?“ Er ging auf ein Knie und legte die Hand auf die Brust. Raizel schaute erbarmungslos auf ihn herab. Der Fußboden bekam Risse und Shinji schloss die Augen. Was immer er getan hatte, er musste es verdient haben. Dann jedoch beruhigte er sich schlagartig. Es klopfte an der Tür... Vermutlich retteten Keiji und Airi ihrem Direktor gerade das Leben. Raizel stand mit dem Rücken zur Tür und der Direktor erhob sich, als Rai nun den Blick von ihm abwendete und sich auf ein Sofa setze er sah reichlich angefressen aus.

Das hatte sie doch auch nicht gewollt. Er war aber auch wirklich schwierig. Nachdem Airi erklärt hatte, was wirklich gemeint war und das wirklich nichts schlimmes gewesen war, hasteten sie Rai hinterher. Der Rektor war der Einzige, den er hier kannte. Sicher war er zu ihm gelaufen und genau das taten sie nun auch. Sie klopften, wurden herein gebeten und da saß Raizel auch schon. Airi achtete erst gar nicht auf den Rektor, sondern ging sofort zu Rai. Sie kniete sich vor ihn, ergriff ganz sanft und vorsichtig seine Hand und meinte:
"Danke. Sollen sie alle denken was sie wollen. Ich wollte dich nicht kränken oder verletzen. Ich meinte diese Frage wirklich ernst, aber du hast mich so sehr damit überrascht und jeder hat es vermutlich falsch aufgefasst ... was ich sagen will ... es tut mir leid."
Es tat ihr wirklich leid, sollte sie ihn irgendwie verletzt haben.
"Weißt du ... sie haben schlechte Gedanken und wollen vermutlich auch nichts gutes dabei denken, wenn sie so was hören. ich werde mich vor sehen, dich nicht zu sehr zu überraschen, falls ich nach deiner Hand greifen sollte."

Atemlos sah der Direktor zu, wie das Mädchen zu Raizel ging. Er hatte seine Wut unter Kontrolle, aber... WAS machte sie da?! So wie sie da kniete und zu ihm aufsah, seine Hand hielt. Es war, wie eine Prinzessin, die ihrem König jeden Moment einen Kuss auf die Hand geben würde. Raizel sah auf sie herab. In ihre Augen, aber er sah überrascht aus. Tse... Diese Menschen. Wie töricht ihre Gedanken waren... Er schloss die Augen und erhob sich.
Sie stand dabei mit ihm auf und Keiji sagte: „Das war doch alles nur ein Missverständnis.“
„Verstehe.“, sagte Rai. Er sah nun zur Tür. Airi hatte ihn wieder losgelassen und er sagte nun, als er zu dieser ging: „Sie waren nicht wütend auf mich.“, klärte er Airi auf, als er zur Tür ging in der Keiji noch stand. Er wollte eben platz machen, als Rai stehen blieb und einen messerscharfen Blick zum Direktor warf. Dann aber weichte er wieder auf und er ging hinaus. Hinunter in die Klasse. Das war vielleciht ein Hin und Her und nun stellte sich Rai an seinen Platz. Er wollte die Lage aufklären, wie es schien, als er sagte: „Airi hat nichts falsches getan.“ Er schien zufrieden mit der Aussage. Ob es das nun besser machte, war fraglich. So etwas war hier noch nie passiert...

Airi verstand Rai nicht. Er war eben sehr sonderbar. Machte sie eigentlich überhaupt irgendwas richtig? Schon wieder hatte sie das Gefühl, sie habe Rai irgendwas an getan, von dem sie noch nicht wusste, was es war. Als er aufstand, stand sie mit auf. Er sah noch mal zum Direktor und ging hinaus. Das die Schüler nicht auf ihn sauer waren, war Airi auch schon klar, aber darum war es ihr doch nicht gegangen. Noch einmal sah sie untröstlich zu dem Direktor. Aufgeben war allerdings ein Wort, welches in ihrem Wortschatz nicht vor kam. Zusammen mit Keiji kehrte sie nun zurück zur Klasse, wo Rai eben noch erklärt hatte, das sie nichts falsches getan hatte. Nun das lag im Auge des Betrachters. Allein das er sie nun vor der Klasse verteidigte, setzte sie bei den Mädchen vermutlich auf die erste Stelle ihrer Hassliste. Airi setzte sich wieder auf ihren Platz. Sie blieb dabei. Sollten die Anderen denken, was sie wollten. SIE wusste sie hatte nichts angestellt und schon erst recht nichts unsittliches. Dann sah sie zu Rai.
"Danke,"
flüsterte sie. Er hatte versucht es wieder gerade zu biegen und das fand sie wirklich sehr nett von ihm. Hoffentlich wäre nun wenigstens der Rest des Tages nicht so peinlich, obwohl sie wetten könnte, das dies nicht die einzige Blamage sein würde, die sie durch Raiz noch zu verkraften hätte.

Die Stunden schleppten sich mal wieder und in der letzten Stunde hatten sie bei ihrem Klassenlehrer Akamura Unterricht. „Wie ihr alle wisst, geht es Bald auf Klassenfahrt. Dieses Jahr haben wir überraschender Weise als zweiten Lehrer Herrn Lee dabei.“ Erstaunen ging durch die Klasse. Der Direktor kam sonst nie irgendwo mit hin! „Ich hoffe ihr freut euch auf die Klassenfahrt. Ich habe mir viele schöne sportliche Betätigungen für euch Stubenhocker ausgedacht. Bahahaha!“ Er erklärte noch ein Weil über Kosten Unterbringung und dergleichen und natürlich den Termin. Es würde an die Küste gehen. Dort konnte man aber auch wandern und Rad fahren.
Keiji war schon ganz aufgeregt und Shu war wie immer seeeehr verstimmt. „Ich melde mich einfach krank.“, sagte er.
Rai betrachtete seine Mitschüler und behauptete gleich: „Das wird bestimmt ein Spaß!“ Sie sahen ihn verdutzt an. „Siehst du Shu! Selbst Rai will, dass du mitkommst.“ „Mhaa....“
Es würde nur noch einige Tage dauern. Und wie es schien taute Rai ja auch offensichtlich auf. Gut so!
Nach der Schule gingen sie wieder in den Park und genossen die Sonne. Es war schon fast September, aber es war dennoch sehr angenehm. Sie saßen wieder bei der Bank. Rai saß drauf und die anderen tummelten sich im Gras. War eh viel bequemer. Und Rai sah ihnen auch in die Augen, wenn sie miteinander sprachen. Das war ebenfalls ungewöhnlich für ihn. Er tat dies aber nur, wenn sie auf dem Boden saßen, sobald sie aufstanden, senkte er den Blick wieder. Keiji war es egal und Shu legte keinen Wert auf Augenkontakt.

Eine Klassenfahrt an die Küste. Das war ja mal die große Ausnahme und dann noch mit dem Direktor? Sorgte er sich nicht ein wenig viel um Rai? Airi war sich nicht sicher, ob das so gut war, aber anders herum fand sie es besser er kam mit, als irgend ein anderer Lehrer, der sie alle Nase lang wegen irgendwas an maulte. Sie freute sich, das Rai endlich auftaute und lächelte auf seine Aussage hin. Am Mittag waren sie wieder im Park an der Bank, auf der Rai sich gern nieder ließ. Airi lag da und sah in den Himmel. Ein paar vereinzelte Wolkenschleier zogen dahin.
"Also an die Küste. War schon mal einer von euch da? Könnt ihr euch vorstellen, was unser werter Herr Akamura uns da durch machen lässt? Radfahren, wandern ... das wird keine Erholung sondern das reinste Bootcamp."
Nun sie ging gern spazieren und fuhr auch gern mal mit dem Rad, nur wenn Akamura schon was geplant hatte, konnte es nur hart werden.

„Ich bin sicher unser lieber Direktor wird da ein wenig die Hand drauf haben.“, sagte Shu. Er sah zu Keiji, der ja wohl absolut kein Problem damit haben sollte. Dann sah er hoch zu Rai. „Sag mal, du siehst auch nicht sehr sportlich aus. Hast du schon mal Sport gemacht? Außer in der Schule mein ich?“ Rai sah auf Shu herab und hielt kurz Blickkontakt dann erklärte er: „Nein.“ Keiji grinste. „Keine Sorge, ich werde euch schon mit antreiben!“ Er lachte und Shu sagte: „Bitte nicht!“ Es war eine schöne Stimmung. Die Sonne fiel auf Raizels Gesicht und er schoss die Augen, wobei er sich leicht in ihre Richtung reckte. Er war wirklich unglaublich schön.
Und wo nun alle lachten und abgelenkt waren, verdunkelte sich die Sonne abermals. Die kerle von neulich und noch drei Verstärkungen standen vor ihnen. „Na sieh mal an.“
„Eeek!“, machte Shu und Reiji stand gleich auf. „Ihr habt eure Lektion wohl nicht verstanden?“, fragte er rund heraus. Rai sah verstimmt aus, aber er sah zu keinem der Leute auf. Er blieb einfach sitzen und sah zur Seite. Sechs... das würde selbst Keiji nicht alleine schaffen oder? Wieso wollten diese Kerle sie denn nicht in Frieden lassen?! „Shu... nimm Airi und Rai und lauf.“ Rai erhob sich und wollte wohl gehen, aber einer der Schläger wollte ihn wohl aufhalten. Keiji schlug jedoch seine Hand weg und Rai ging unbehelligt weiter.

Airi beobachtete Rai dabei, wie er die Sonne auf sich scheinen ließ. Er war so wunderschön. Für einen Moment verlor sie sich in dem Anblick, doch verdunkelte sich das ganze Bild leider auch gleich. Eben hatten sie noch so schön gelacht und jetzt? Da standen sie wieder. Dumm, Dümmer, am Dümmsten mit ihren Freunden wenig Hirn, noch weniger Hirn und gar kein Hirn. Keiji war wie immer ritterlich.
"Keiji nicht ... bitte."
Sie hatte Angst um ihren Sandkastenkumpel, auch wenn sie wusste, das er wirklich gut war. Rai ging einfach weg. Er schien wirklich so gar nicht sportlich zu sein und sah auch nicht gerade kräftig aus.
Shu wir können ihn doch nicht allein mit diesen Kerlen lassen,"
wandte sie sich hilfesuchend an Shu.