Kiransal hatte es sich auf dem Wagen bequem gemacht, als sei er der Chef und die Gruppe seine Untertanen. Zugegeben, es sah aber auch merkwürdig aus, wie sich dieser Haufen zusammengefunden hatte. Kiransal der Magier, der er schlank und gutaussehend war, als Muskelbepackt. Tryndamere, der Barbar, der stolz und majestätisch neben dem Wagen her lief und ein wahrer Berg von einem Mann war. Dann der geflügelte Dämon, der einen stinknormalen Karren zog... Es war schon ein merkwürdiges Gespann. Auch Ailish stach hervor, denn SIE hatte nicht auf ein schönes Kleid verzichtet, sondern hatte sich richtig aufgetakelt, als sie die Möglichkeit gehabt hatte ihm Schloss. Dass ihre Schwester zum re3isen bequeme Kleidung anzog, verstand sie völlig, aber Ailish hatte auch nicht vor zu arbeiten, das würde sie eben so wie Kiransal Tryn und Kylar überlassen. Sie lächelte über den Gedanken.
Kiransal sah zu Liv herüber und antwortete ihr sogar. „Wenn wir in die Stadt wollen, dann sind wir bereits auf dem richtigen Weg. Wenn wir so dem beschrieben Ort wollen, dann müssen wir uns wohl noch ein wenig mehr nach Süden ausrichten. Er setzte sich aus seiner halb liegenden Position auf und fragte dann: „Du hast doch das Buch. Also was fragst du mich?“ Wie unhöflich er war. Ailish sah sich zu ihm um und meinte: „Sei gefälligst ein wenig freundlicher.“ Tryndamere sah sie an und dachte sich dabei, dass das ausgerechnet sie sagte... Greta kicherte und Albert seufzte leise. „Ailisch. Das war nun aber auch nicht besonders höflich.“ Ihr schien das bewusst zu werden und sofort neigte sie den Kopf und murmelte: „Ähm... tut mir leid.“
Kiransal musterte sie einfach nur und legte sich dann wieder hin. „Ich habe nur die Wahrheit gesagt. Oder verlangt ihr etwa von mir, dass ich mir das alles gemerkt habe?“, Er schloss die Augen und fühlte die Sonne auf seinem Gesicht, wobei er wirklich schön lächelte, dann wuchs dieses Lächeln zu einem überheblichen Grinsen. „Nicht dass es nicht so wäre...“
„Angeber...“, murmelte Ailish und sah wieder nach vorne. Kylar blieb plötzlich stehen. „Was ist? Warum halten... oh je...“ Tryndamere ging nach vorn und begutachtete die vollkommen zerstörte Brücke. Er zog sein Schwert und meinte: „Das sieht nach einem Hinterhalt aus.“, nüchtern trocken und sehr sachlich, stellte er das fest. Ailish machte sich ganz klein und dann trat auch schon ein junger Mann auf die Straße. Er hatte einen Bogen in der Hand und der Pfeil richtete sich auf Tryn. Kiran lag immer noch in der Sonne und es schien ihn so gar nicht zu stören, dass sie überfallen wurden.
„Guten Tag, werte Reisende. Ich möchte euch lediglich ein wenig um eure Habe erleichtern. Ihr seht mir doch so aus, als hättet ihr zu viel davon. Gebt einem armen Mann doch etwas davon ab.“ Er grinste charmant und er sah wirklich gut aus. Er wirkte nicht wie ein skrupelloser Halsabschneider, sondern eher wie ein Robin Hood aus den Geschichten, die Liv und Ailish gehört hatten. Immer noch schien ihr toller Magier nichts unternehmen zu wollen. Tryn brummte und Kylar trat nun hinter den Wagen, wo der Mann in gebührendem Abstand den Bogen haltend stand. Er fletschte die Zähne. Würde er ihn jetzt töten, würde der Pfeil Tryn ganz sicher treffen. Außerdem... War der Mann sicher nicht alleine.
„Also? Wenn ich bitten darf? Edle Damen haben doch sicher Geschmeide. Nur eine kleine Aufmerksamkeit für einen armen, armen Mann?“
Ailishs Wangen röteten sich, als sie ihn so ansah. Schnell drehte sie sich schüchtern weg und fing auch noch kurz an zu kichern. Sofort riss sie sich zusammen, erhob sich und sagte streng: „Dann such dir eine Arbeit! Wir sind auch nur Bauerntöchter!“
„Sicher... Im Burgfräuleinkleid.“
„Was ist denn das hier für ein Lärm?“, protestierte nun Kiransal endlich und machte ein Auge auf. „Seid gefälligst etwas leiser!“
Verdattert sah er nun aus und die unausgesprochene Frage sah ihm ins Gesicht geschrieben. Er schien es nicht oft zu erleben, dass sich Reisende so gegen ihn auflehnten. Er zielte weiterhin auf Tryndamere, der ihn fast gelassen anschaute. Offenbar war es ihm egal, wenn er einen Pfeil einstecken müsste. Ailish sah wütend aus, wenngleich sie auch ein wenig eingeschüchtert war. Tryndamere zuckte die Schultern und machte einen Schritt auf den Kerl zu.
„Ah, ah, ah! Ich werde dir einen Pfeil durch die Stirn jagen, das verspreche ich dir.“
„Das glaube ich nicht.“, sagte Tryndamere und Kylar nahm das offenbar als Stichwort. Er schoss nach vorne und riss den Mann um, wobei er ihn dabei Bewusstlos schlug. Tryndamere kassierte den Pfeil, aber es schien ihn nicht zu stören und er war auch nicht in seiner Stirn gelandet, sondern in seinem Bauch. Ailish schrie auf und hielt sich die Hände vor den Mund. Aus den angrenzenden Büschen flogen nun auch ein paar Pfeile, aber Tryn wehrte sie mit seinem Schwert ab und Kylar fing sie auf. Die anderen blieben unverletzt, nur Livs Pferd bekam einen Pfeil ins Hinterteil. Doch das treue Tier, was sich schon an Liv gewöhnt hatte brannte nicht durch, obschon es sich schon erschreckte und kurz versucht war, zu fliehen.
„Tu was!“, rief Ailish nun zu Kiransal, der sie gelangweilt an sah. „Tu doch endlich was!“
Kylar und Tryn waren im Dickicht verschwunden und man hörte Kampfgeräusche. Es dauerte nicht sehr lang und sie beide kamen zurück. Kiransal lächelte nur und sagte dann: „Wozu denn? Ist doch alles in Ordnung.“ Ungläubig sah Ailish ihn an. Ja fast betäubt und dann sah sie ihre Schwester an. Sie wusste nicht so recht, was sie sagen sollte, während versuchte sich Tryndamere den Pfeil aus dem Leib zu ziehen, als sei es nur ein Spreißel, der in einem Finger... Abgebrochen.
Verdutzt sah er auf den Abgebrochenen hinteren Teil des Pfeils und schien darüber nachzudenken, was passiert war. Dann sah er auf und Ailish hielt sich nur die Hände vor den Mund unfähig etwas zu sagen. Auch Greta sah ihn geschockt an und Albert schloss irgendwie wissend die Augen.
„BIST DU DENN TOTAL WAHNSINNIG???“, rief Ailish nun und Tryn sah sie einfach nur an.
„Das war doch keine Absicht.“, sagte er ruhig.
„Wie kannst du da so ruhig rum stehen?!“, sagte sie nun und Tryndamere fragte sich, was er sonst tun sollte. „Sollen wir lieber weiter und einen anderen Weg suchen?“
Nun war sie vollkommen verstört. „Ob wir...?“, sie konnte das einfach nicht ertragen. So viel Dummheit auf einem Haufen, war ihr zu viel. Sie sprang vom Wagen und sagte dann: „Jetzt werd' nicht auch noch frech!“
Dabei wusste sie nicht, dass Tryndamere das wirklich ernst gemeint hatte. Er sah auf sie herab und fragte sich, was er nun wieder falsch gemacht hatte. Offensichtlich ging es ihm nicht so schlecht, wie es jemandem gehen würde, der gerade einen Pfeil in den Bauch bekommen hatte. Entweder war Tryn wirklich verdammt hart im nehmen, oder er empfand keine Schmerzen... Das jedoch hatten sie ja schon mal widerlegt. Nämlich, als Greta ihn behandelt hatte. Ailish erinnerte sich schweren Herzens daran, wie er da geschrien hatte und die Erinnerung saß tief und schmerzlich. Sie sah ihn besorgt an.
„Tryndamere... Wir müssen den irgendwie da raus kriegen.“
„Das weiß ich.“, gab er zurück und sie betrachtete die Wunde. Er blutete nicht stark. „Offenbar hat der Pfeil nichts wichtiges zerstört.“, sagte Greta. „Du hattest Glück. Wenn ein Organ Beschädigt ist, blutet es stärker, ich werde trotzdem versuchen dich zu heilen, wenn der Pfeil entfernt ist.“
„Kiransal! Du kannst den doch bestimmt raus holen?“
„Warum sollte ich?“, fragte er zurück.
„Warum du...?“ Nun das war nun nicht mehr einfach nur verblüffend, sondern echt grotesk. „Na sag mal, wofür nehmen wir dich mit, wenn du nichts für uns tust?!“
„Ich nehmt mich nicht mit. Ich habe mich dazu entschlossen euch zu begleiten. Das ist etwas anderes.“
Sie konnte so viel Dreistigkeit einfach nicht fassen. Sie sah zu Liv und irgendwie war sie nun ganz sprachlos.