Das Fest jedenfalls war für alle beteiligten wunderbar und Vaelastrasz sah die meiste Zeit den Menschen zu, wie sie sich amüsierten, wie sie wieder beisammen waren und welch eine schöne Stimmung herrschte. Eine Stimmung, an der ER keine Anteile hatte. Eine Stimmung zu der er nichts beitragen konnte. So glaubte er zumindest.
Er hatte Aya schon gefragt, ob sie – wenn sie könnte – alles ungeschehen machen wollen würde. Sie hatte ihm sehr kryptisch geantwortet und er glaubte, dass sie schlichtweg an Vorsehung glaubte. Ja… Vaelastrasz hatte einen Fehler begangen. Einen unverzeihlichen… Hätte es anders laufen können? Hätte er alles ändern können? Was wäre passiert, wenn er an jenem Tage nicht so aus der Haut gefahren wäre? Und was, wenn er sich schon viel eher von Drakon getrennt hätte? Was wenn er einfach nicht existiert hätte? Vaelastrasz sah zu seinem Schützling und Nachfahren. Er beobachtete ihn eine Weile und zog sich schließlich mit den Worten zurück: „Danke für den schönen Abend, Aya.“ Er lächelte und sein Lächeln war atemberaubend schön. „Du wärst meine Lieblingswolke gewesen.“ Er wandte sich ab und ging ein wenig abseits.
Auch Drakon machte sich an diesem Abend Gedanken. Er feierte zwar auch mit seiner Familie, aber schließlich sah er Vael weggehen. Er erhob sich ebenfalls und sah zu Tessa. „Ich muss mit ihm reden. Ich glaube, ich war viel zu harsch zu ihm.“ Er küsste Tessas Stirn und streichelte noch einmal über Soras Kopf, die da an ihrer Mutter gelehnt eingeschlafen war. Kurz suchte er nach Luna und lächelte ihr liebevoll zu, als sich ihre Blicke berührten. Er hatte Vaelastraz seine Meinung gegeigt und der Drache hatte nun auch hoffentlich verstanden, was Drakon davon hielt, dass er sterben wollte. Auf der anderen Seite hatte er auch darüber nachgedacht. Als er ganz allein gewesen war. Als er geglaubt hatte, seine Familie für immer verloren zu haben, hatte er auch mit dem Gedanken gespielt sterben zu wollen. Aber genau deshalb wusste er ja auch, wie wichtig es war, wieder aufzustehen, um zu kämpfen.
Vaelastrasz musste erneut lächeln, als er bemerkte, dass Drakon ihm gefolgt war. Er schwieg und sah in die Ferne. Eben wollte Drakon was ansetzen zu sagen, als Vael ihm das Wort abschnitt. „Drakon.“, sagte er bedeutsam und angesprochener schwieg, um zu lauschen. Auch Vaelastrasz sammelte erst einmal seine Worte in seinem Kopf. Dann löste er die verschränkten Arme und sagte in die Ferne. „Ich weiß, dass ich dir schlimme Wunden geschlagen habe.“ Drakon schüttelte leicht den Kopf. „Ich habe dich verletzt. Körperlich… seelisch… und dann im Herzen.“ Stimmte wohl. „Jede Wunde kann mit genügend Liebe und Sorgfalt heilen.“ „Aber die Narben bleiben.“ Vaelastrasz drehte sich um. „Ich will dich etwas fragen.“ Drakon sah dem Drachen in die magischen, gefährlichen und unerträglich schönen Augen. „Würdest du es ungeschehen machen, wenn du könntest?“ Er hatte Aya dieselbe Frage gestellt. Drakon schwieg kurz, dann aber sagte er: „Natürlich.“ Diese Antwort kam schnell und konnte ehrlicher nicht klingen. Vaelastrasz senkte den Blick und Drakon sprach weiter: „Aber nicht, weil ich die Kindheit meiner Kinder verpasst habe. Ich bin glücklich und dankbar, dass meine Frau und meine Kinder überlebt haben und ich hätte nichts dagegen mein Leben so weiterzuleben, wie es ist.“ Vaelastrasz sah ihn wieder an. „Aber all der Tod, das Leid, die Dinge… die ich getan habe…“ Er sah nun seinerseits in die Ferne. „Meine Eltern und Brüder und Schwestern… Ich hätte gern gesehen, wie Sora und ihre Großeltern zusammen sein können. Ich hätte mir für Aya gewünscht, dass sie und Liam eine Familie werden. So viele sind gestorben und jämmerlich an deinem Fluch zugrunde gegangen.“ Drakon sah zu Vaelastrasz. „Ja, ich würde es ungeschehen machen, wenn das in meiner Macht stünde. Aber das tut es nicht. Und auch nicht in deiner.“ Bei seinem letzten Satz wirkte er ein wenig fragend. „Oder?“ Vaelastrasz sah nun auch wieder in die Ferne und schwieg. „Auch wenn das bedeuten würde, dass du mich und alles was war vergessen würdest?“ Drakon sah ihn merkwürdig an und schwieg. Er hatte keine Antwort darauf und wirkte etwas schockiert. Vael lächelte. „Verstehe.“ Drakon wollte ja etwas sagen. Aber er konnte nicht. „Lass mich nun allein, Drakon.“ Er zögerte und Vaelastrasz schenkte ihm ein bezauberndes Lächeln. „Niemand kann die Vergangenheit umschreiben. Nicht wahr?“ Drakon musterte ihn misstrauisch und Vael scheuchte ihn aufs Neue davon. Drakon blieb jedoch noch einmal stehen und drehte sich wieder um. Sein Herz schmerzte. Sehr sogar. Er konnte nicht mal sagen wieso. Vael wollte ihn eben erneut wegscheuchen, als Drakon ihn einfach packte und in die Arme schloss, was den Drachen nun deutlich perplex dort stehen ließ. „Weißt du… auch wenn du mir so viele Wunden zugefügt hast, Vaelastrasz, kann ich dennoch nicht aufhören, dich zu lieben.“ Er schwieg kurz und Vael kamen die Tränen. „Wo immer dein Weg dich hinführt… es wird sich nicht ändern und ich will, dass du es nie vergisst.“ Dann ließ Drakon ihn los und drehte sich um, wobei er schon loslief, um dem Drachen die gewünschte Ruhe zu schenken.
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