Wenigstens hatte er seinen Körper so gestählt, dass er präzise und tödlich war. Es gab in den letzten Jahren keine Anschläge auf die Herzogliche Familie, aber die allgegenwärtige Präsenz der so genannten „Schatten“ des Herzogs schreckten auch ziemlich ab. Selbst der Kaiser hatte sein Interesse an diesen seltsamen Söldnern bekundet, doch der Herzog schwieg sich über seine Dienerschaft aus.
Velkyns Eltern waren damals aus ihrer Ebene geflohen, da trug Kalista gerade ihren ersten Sohn im Leib. Zur Niederkunft war sie in ihre Heimatebene zurückgekehrt, um ihn in seiner Heimat zur Welt zu bringen. Andernfalls – so hatten die Eltern befürchtet – wäre seine Existenz nicht von den Schatten durchdrungen worden und der Herzog hatte sich einen Leibdiener für seinen Sohn Shannon gewünscht.
Velkyn stand soeben vor dem Turmfenster seines Schützlings und sah hinauf. Keine Regung zeigte sein Gesicht und seine leuchtenden gelben Augen wirkten unheimlich im Zwielicht der Dämmerung. Velkyn schlüpfte in den Schatten und betrat das Zimmer Shannons. Er war unsichtbar für den Herzogssohn und wartete. Er wusste, dass die Kinder heute in die Stadt gehen wollten, um dem Jahrmarkt beizuwohnen. Der Herzog hatte natürlich besseres zu tun und die Herzogin… nun sie war ohnehin nicht sonderlich an der Gesellschaft der einfachen Leute interessiert. Wie jedes Mal würden sich die Kinder verkleiden, was absolut nichts bringen würde, da ihnen ja zwei Schatten folgen würden… Aber da konnte er auch mit einer Kuh französisch reden… Wie auch immer. Shannon erwachte.
„Kyn? Bist du da?“ Angesprochener gönnte sich ein ganz kurzes Lächeln, ehe sein Gesicht wieder ausdruckslos wurde und er sich in eine kniende Position begab, nur um in die reelle Welt zu wechseln, wo er nun in eben jener Pose vor dem Bett seines Herrn auftauchte. Shannon sah ihn kurz an und grinste. „Du änderst dich nie, was?“
Velkyn schwieg einen kurzen Moment und sagte leise: „Nur, wenn ihr es wünscht.“
Shannon sprang aus dem Bett und trug nur sein Schlafgewandt. Er streckte sich, schlüpfte in die bereitgestellten Pantoffeln und stürmte los. Velkyn sah ihm nur verdutzt und entsetzt nach. Wollte er sich denn nicht anziehen?! Er sprang auf und folgte seinem Herrn. Dieser rannte direkt in das Zimmer seiner Schwester und rief laut: „Alles Gute zum Geburtstag liebe Schwester!!!“ Es war ihm gelinde gesagt vollkommen wurst, ob sie gerade angezogen nackt oder sonst was war, weil er sich einfach auf sie stürzte und sie knuddelte. Velkyn war ihm zwar gefolgt, hatte aber großes Glück, dass die Schwester des Herrn bereits ihr Untergewandt trug und somit nicht nackt war. Wie konnte er nur immer so… SO! Velkyn hätte sich gerne aufgeregt, aber nach außen war er ausdruckslos wie immer. Erst als er seine Schwester erblickte, trat ein funkeln in seine Augen. Sie hatte ihm Rache geschworen und ER hatte verhindert, dass sie Aphion – ihren Zwillingsbruder getötet hatte. Ein Verrat an der Familie, war das schlimmste, was man tun konnte. Er schwieg, doch das Funkeln war jedes Mal eine unausgesprochene Drohung. Und Streea wusste, dass sie ihrem Bruder nicht das Wasser reichen konnte. Vermutlich nicht mal durch List und Tücke.