Jin Do Dez 13, 2018 6:55 am
Cana konnte ja kaum glauben, was Elariel ihr sagte. SIE sollte Jin befreien? Aber sie war doch nur ein kleines, schwaches Mädchen! Wie sollte sie gegen den Entführer ankommen? Sie sah im ersten Moment also schon sehr schockiert aus. Dann aber ballte sie die Faust und schüttelte entschlossen den Kopf, um ihre Angst herauszuschütteln. „Ich werde ihn befreien!“
Dann kam Luxia zurück und berichtete von dem Karren. Immerhin wussten sie so, dass er vermutlich noch hier im Dorf war. Aber es stimmte was Elariel sagte. Sie konnten nicht einfach drauf los preschen. „Und wenn sie ihn wieder foltern?“, platzte es aus Luxia hervor, doch letztlich warteten sie auf die Maus. Luxia schwirrte immerzu von da nach dort und konnte einfach nicht stillsitzen, bis sie endlich Einzelheiten hatten.
Dann ging alles ganz schnell. Elariel vollzog ihre Zauber und Cana war unsichtbar. „Ich bringe ihn zurück!“, tönte ihre Stimme aus dem Nichts. Luxia sah, wie die Tür aufging und sich wieder schloss und dann fragte sie besorgt: „Ob das gut geht?“ Sie wollte ihr lieber folgen.
Jin hatte gerade ein Rendezvous mit dem Stiefel seines Entführers auf dem Gesicht. „Ich werde dir wohl lieber Manieren beibringen, ehe du vor der Königin stehst.“ Er verlagerte sein Gewicht auf eben jenen Fuß und Jin ächzte. „Ein Kieferbruch würde dich zumindest am Reden hindern. Oder soll ich dir gleich die Zunge rausschneiden?“ Er ließ von ihm ab und zerrte ihn wieder hoch. „Wollen wir jetzt brav sein?“
„Fick dich… und die Königin.“, antwortete er gepresst und der Entführer seufzte. „Dann wohl noch ein paar Lektionen, hm?“
Er stemmte ihn erneut gegen die Wand und schlug ihm wiederholt in den Bauch. Dann packte er ihn am Kiefer und sagte: „Du hast ihrer Majestät viel Kummer bereitet und du hast sie in eine schwierige Lage gebracht. Das hier… hast du dir selbst zuzuschreiben.“ Er ließ ihn fallen und Jin rutschte zur Seite auf den Fußboden. „Ich kann mir vorstellen, dass die Fesseln auf Dauer unbequem sind.“ Er schubste Jin mit dem Fuß auf den Bauch. Er konnte sich nicht mal nach vorne krümmen, weil er sich dann wieder würgen würde. „Ich werde sie ein wenig enger machen, um dir Manieren beizubringen.“ Er zog an dem Draht und Jin ging ins Hohlkreuz, um nicht zu ersticken. Dann stellte sein Entführer seinen Stiefel auf die zusammengebundenen Handgelenke und sagte: „Du bist zäh. Soviel steht fest. Was bindet dich an diese Leute. Deine Mission hat mit ihnen zu tun, aber was lässt dich so dumme Dinge tun, mir einfach meine Lüge zu glauben?“ Jin antwortete nicht. Der Kerl zuckte die schultern und trat so sehr auf Jins Rücken, dass er glaubte, er habe ihm das Rückgrat gebrochen. Er schrie auf und der Assassine kniete sich herab, um ihm den Mund zuzuhalten. „Nicht doch. Wir wollen doch nicht die Nachbarn ärgern. „Also? Was bindet dich an sie?“ Jin stöhnte und rang nach Atem. Dann sagte er keuchend: „Das würdest… du sowieso… nicht verstehen.“
„Wer weiß?“ Dann tat er total überrascht und sagte: „Nein! Kann das sein? Lässt du dich etwa gefangen nehmen, aus… Liebe?“ Er rollte Jin erneut mit dem Fuß herum auf den Rücken, sehr unbequem. „Mach dich nicht lächerlich!“ Ein neuerlicher Schlag in den Bauch. Jin versuchte dem Reflex nicht nachzugeben, aber er krümmte sich nach vorn und die Schlinge zog sich zu, sie schnitt sich in seinen Hals, aber zum glück nicht so tief, dass es ihn töten würde. „Du glaubst, du magst diese Leute, du willst sie beschützen. Ich habe noch nie von einem solchen Assassinen gehört. Schickst du den Hinterbliebenen deiner Opfer auch Grußkarten zur Trauerfeier?“ Jin stöhnte gequält und auf seinem Oberkörper zeichneten sich jetzt schon die Blutergüsse. Blut lief aus seinem Mund und seine Wange sah auch sehr farbenfroh aus.
Oben im Zimmer kippte ein Stuhl um. Der Entführer sah reflexartig zur Tür. Er zückte sein Messer. „Vielleicht kommen sie dich ja doch retten, hu? Wen soll ich zuerst ermorden? Die Kleine? Oder…“
„Lass sie in Frieden!“ Der Entführer ging zur Treppe. „Du wartest hier.“
Er ging hinauf und sah sich aufmerksam um, er konzentrierte sich, konnte aber niemanden entdecken. Cana hatte den Stuhl umgeworfen, damit der Mann heraufkäme. Sie konnte die Tür nicht selbst öffnen und so wartete sie, bis es der Entführer selbst tat. Sie huschte ihm aus dem Weg und schlich in den Keller, was sie dort sah, verschlug ihr die Sprache, aber sie ging mutig weiter. Wie sollte sie nur jetzt die Fesseln durchschneiden? Hier gab es nichts und da kam der andere auch schon direkt wieder, was jetzt?! Cana stand vollkommen unbewegt bei Jin und versuchte nicht mal zu atmen.
„Ein umgefallener Stuhl. War wohl die Katze.“ Die tatsächlich von Cana und der Maus ins gelockt worden war. „Wo waren wir? Bei Liebe, hm?“ Cana versuchte hinter den Entführer zu gelangen. Sie war überrascht, dass er sich so wie Jin zurechtgemacht hatte. Aber er war nur eine billige Fälschung!
„Du… der nie das Licht… gesehen hat, kann das nicht verstehen.“, sagte Jin keuchend. „Du würdest alles für sie tun, hm? Für sie alle? Wie erbärmlich. Ist das dein törichter Versuch deine Sünden zu tilgen?“ Jin schloss die Augen. „Ich sagte ja… du verstehst es nicht.“
„Weißt du was? Es gibt für dich kein Glückliches Ende, Jin. Sobald ich dich abgeliefert habe, ist dein Leben nichts mehr wert. Du wirst sterben und aus den Geschichtsbüchern gestrichen. Alle… werden dich vergessen. So ist das mit uns Mördern, niemand betrauert uns, niemand weint uns eine Träne nach und niemand liebt uns. Und niemand kommt dich retten.“ Jin lächelte leicht, bei seinem letzten Satz. Davon ging er aus und es war gut so.
„Da irrst du dich!“, rief Cana laut, als sie dem Mann den Dolch aus der Scheide zog und ihm das ding direkt in den Rücken rammte. Jins Augen weiteten sich vor Entsetzen, über ihre Stimme. Sie zog das Messer wieder raus und der Assassine schrie auf. Er wollte wohl nach ihr fassen, aber Cana hatte sich zu einem kleinen Ball gemacht und war zu Jin gerollt, dem sie mit einer einzigen Bewegung das Drahtseil zerschnitt. Man konnte das Messer ja sehen. „Steh auf, Jin!“sie säbelte vorsichtig seine Fesseln durch, als der Angreifer schon wieder auf die beiden zu sprang. Cana schupste Jin aber vorher weg, weshalb der einfach umfiel. Sie warf das Messer zu ihm und verkrümelte sich von ihrem Platz, um nicht ergriffen zu werden.
„Was… argh…“ Er versuchte sich die Rückenwunde zu halten. Da lief ziemlich viel Blut raus. Jin wusste überhaupt nicht, was hier los war und schließlich ließ er die wenige Magie, die er beherrschte wirken. Seine Augen veränderten sich und glühten blutrot. Er konnte Canas Herzschlag sehen. Die Gestalt war klein und er hatte sich ihre Stimme auch nicht eingebildet. Der Entführer torkelte auf Jin zu und dieser ergriff nun das Messer und durchtrennte ihm die Achillessehne. Er schrie erneut auf und Jin versuchte hochzukommen. Er wehrte einen Dolchhieb ab und schließlich zog Cana ihm einen Stein über. Er sackte zu Boden und blieb dort liegen. „Jin!“
„Cana… Was… wieso bist du hier?“ „Du kannst Fragen stellen! Glaubst du, wir lassen dich uns einfach wegnehmen und zurück?“ Jins Gehirn funktionierte langsam. „Aideen und die anderen warten in einem Stall. Machen wir, dass wir hier rauskommen!“ Sie nahm seine Hand. Jins Augen waren erst etwas überrascht geweitet gewesen und dann sammelten sich doch tatsächlich Tränen in ihnen. Sie zog an ihm, um ihm aufzuhelfen und er ließ es geschehen. Er hielt sich den Bauch und sah zu dem Angreifer. „Warte…“ Er kniete sich hinab und durchsuchte ihn. Dann gab er ein unzufriedenes Geräusch von sich. „Wir können ihn nicht zurücklassen… Wir müssen ihn verarzten.“
„Wieso denn?“
„Nur er… kennt das Gegengift.“ Canas Augen weiteten sich. Sie ließ seine Hand los und sagte: „Ich hol die anderen!“ Gesagt getan. Sie eilte los und ging zu Aideen, Luxia und Elariel. Sie erklärte, dass sie schnell mitkommen müssten und nahm Aideens Hand. Sie zog direkt dran.
Jin hatte sich während dessen in eine Sitzende Position begeben. Sein Hals blutete und seine Handgelenke waren wundgerieben. Es war aber alles im Großen und Ganzen erträglich. Schon wieder… Immerzu war er verletzt. Er ließ den Kopf gegen die Wand prallen. Sie waren gekommen, um ihn zu retten. Es rührte ihn und irgendwie… er legte das Gesicht in die Hand und wusste nicht mal wieso er jetzt eigentlich weinte.