Legenden aus Hanakuni

Auch Jun bekam was von dem Wasser ab, da sie ja neben Jiro saß. Es tat so gut, das konnte sich ja niemand vor stellen. Der Hauptmann reichte Jiro die Hand. Ja, er hatte es wirklich ganz wunderbar hin bekommen und sich sehr ab gemüht, um seinen Kameraden zu helfen. Als er wieder auf den Boden zu Jun plumpste, klopfte sie ihm auf die Schulter.
"Ja, das hast du ausgezeichnet gemacht. Wirklich. ich bin echt beeindruckt."
War sie ... sie fand es unglaublich, wie er durch gehalten hatte, wo Junpai und sie nicht mehr konnten. Ja, sie waren bereits ein Team, das sich aufeinander verlassen konnte. Shen verschwand erst mal. Das gab Jun die Gelegenheit, sich einfach ins Gras zurück fallen zu lassen und sich aus zu ruhen, wie er es von ihnen verlangt hatte. Jun dachte eben an dieses Bild, als er da oben stand und sie alle beobachtet hatte. Sie waren das einzige Team, in dem klar geworden war, das sie zusammen hielten. Ein großartiges Gefühl, wenn gleich es kein Wettkampf unter ihnen sein sollte. Es war einfach nur das Gefühl, etwas gut gemacht zu haben und sich auf seine Kameraden verlassen zu können. Jun rappelte sich wider auf. fünf Eimer standen von ihnen ja noch da. Jun kniete vor einem, benutzte ihre Hände als Schale und trank erst mal etwas. Das tat ebenfalls gut. Shen würde das schaffen, da war sie sicher. Er war ein guter Anführer, der seine Leute in Form bringen würde und auf sie hoffentlich stolz sein konnte.

Nach einer Weile kam Shen verschwitzt und außer Atem wieder hoch. Er hatte einen schier riesigen Rucksack auf dem Rücken und ließ diesen nun herunter. „Für eure Harte Arbeit, gibt es eine Belohnung.“ Er hatte Mittagessen besorgt, was er nun ganz alleine hochgeschleppt hatte. Er wischte sich über die Stirn und verteilte das Essen an die noch sitzenden Rekruten. „Esst nicht zu viel. Das Wasser möchte auch wieder zurück ins Lager. Trinkt so viel ihr wollt davon. Nach dem Essen geht es zurück!“ Er trank ähnlich wie Jun schon vorher aus einem der Eimer und setzte sich, um auch zu essen. Er hatte nicht diesen zähen Brei gebracht, sondern leckere gefüllte Knödel, die unten von Versorgungseinheiten zubereitet worden waren. Dieses Mal aß er jedoch nicht allein, sondern inmitten seiner Untergebenen. Aber es wagte niemand, sich direkt zu ihm zu setzen. Nachdem, was er letzten Abend gesagt hatte, war das wohl auch verständlich. „Seht ihn euch an.“, sagte Jiro. Er war zweimal hier hoch gelaufen und selbst ohne Wasser, war es ein echter Höllenritt hier hoch. Und er war schnell gewesen. „Unser Hauptmann lässt keine Gelegenheit aus, uns zu zeigen, dass er sich für was Besseres hält.“ Junpei schüttelte den Kopf. „Das ist sicher nicht sein Plan, Jiro.“ Jiro brummte und stopfte sich einen Knödel in den Mund.

Jun sah wie Shen wieder herauf kam, dabei diesen riesigen Rucksack schleppend. Das war wirklich ... unglaublich. Er war gütig, aber streng. So musste er sein, wenn er die Männer im Zaum halten wollte und ihren Respekt haben. Jun bedankte sich für das Essen als er es ihr reichte. Jiro hatte natürlich wieder was zu mecker. So war er nun mal. Jun sah zu ihm. Junpai hatte bereits seine Meinung dazu geäußert.
"Warum glaubst du, das er zeigen will, das er besser ist als wir? Sieh ihn dir an. Du hast Sechs Wassereimer heir rauf gebracht. Hauptmann Shen hat zwar nur zwei rauf getragen, war dafür aber unten um uns unser Mittagessen zu bringen. Das hätte kein anderer Hauptmann für uns getan. Eigentlich hat er damit nur bewiesen, das er ein guter Hauptmann ist, der an seine Leute denkt. Er hat Respekt verdient und keinen Spot. Meinen Respekt hat er jedenfalls und ich bin ihm sehr dankbar, das er gerade mir, wo ich scheinbar das schwächste Glied bin, eine Chance gibt, mich zu beweisen."
Nun biss auch sie in den Knödel und kaute ihn sorgsam. Sie würde jetzt nicht schlingen und Trinken würde sie auch nciht zu fiel. Das Wasser musste zwar zurück ins Lager, aber nur um die Eimer zu erleichtern wäre es unsinnig, sie nun so schnell durch trinken zu lehren. Erstens ginge es auf die Blase und zum zweiten würde es sehr unangenehm werden, wenn man sich übergeben müsste. Etwas von dem Wasser schüttete sie sich allerdings mit beiden Händen ins Gesicht, um sich zu erfrischen, nachdem sie fertig gegessen hatte.

Und so konnten sie nun langsam wieder aufbrechen. Shen nahm seinen Stab mit zwei vollen Eimern und sagte: „Seid vorsichtig auf dem Abstieg. Ich möchte nicht, dass jemand fällt.“ Er wartete bis seine Männer soweit waren und führte Heimreise. Dieses Mal blieb er aber im Tross und ging nicht immer zu vorweg. Er überwachte die Lage, falls doch jemand irgendwie ins Fallen geriet. Er wollte keinen seiner Rekruten wegen eines Sturzes verlieren. Jiro ließ es langsamer angehen, aber auch dieses Mal bemerkte er schnell, dass seine Kameraden es sehr schwer hatten. Er meinte: „Ist mir auch egal, wenn wir die letzten sind. Wir sind nur zu dritt. Besser wir achten aufeinander, als noch zu stürzen.“ „Wahre Worte.“, keuchte Junpei und wischte sich den Schweiß von der Stirn, was natürlich nichts brachte. Shen behielt die drei immer im Auge. Jun hatte alleine schon einen Nachteil, weil sie eine Frau war. Ihre Muskeln waren längst nicht so leistungsfähig, wie die ihrer Kammeraden und wirklich trainiert hatte sie ja auch nie. Sie konnte zwar gut klettern, aber solche Anstrengungen war sie so gar nicht gewohnt. Sie hatte auch früher schon Wasser und Korn getragen, aber das hier war was ganz anderes. Außerdem waren alle total kaputt. Jiro stützte gerade Junpei, weil er nicht mehr konnte und sprach ihm Mut zu. Und so kam es, wie es kommen musste. Jun machte einen Schritt zur Seite, weil sie ihr Gleichgewicht durch die Anstrengung und die Eimer verlor und trat auf einen lockeren Stein.

Es waren noch genug volle Eimer vorhanden. Jun kippte zwei Eimer zu gleichen Teilen voll, die sie schließlich tragen konnte. Zwar war das ganze nicht viel einfacher, aber doch ein wenig. Auf dem Abstieg ließen sie es ruhig an gehen. Es war schon nicht leicht gewesen hier rauf zu kommen, aber hinunter, so erschöpft, mit den Eimern ... auf diesem schmalen Pfad, das war mindestens noch mal so schwierig. Juns beine zitterten ein wenig von der Anstrengung. Sie war harte Arbeit gewohnt, aber das hier. Erst jetzt bekam sie ein Bild davon, warum Frauen nicht zur Armee durften. Es war ihnen bei Todesstrafe verboten, weil man ihnen so etwas nicht zu traute. Ein Grund mehr, sich richtig ins Zeug zu legen und zu beweisen,d as auch Frauen es schaffen könnten. Jun konnte kaum noch. Ihr tat alles weh und im nächsten Moment, brach ein Stein unter ihrem Fuß und fiel den Abhang hinunter, wobei sie das Gleichgewicht verlor und ebenfalls stürzte. Vor Schreck konnte sie nicht mal schreien.

Jiro hörte den Stein brechen und sah nur noch, wie Jen abrutschte. „JEN!“, rief er und wollte zur Rettung eilen, aber ihm kam jemand zuvor. Shen war etwas unter ihnen und er sprang in Richtung Juns. Er packte sie und hielt sie in den Armen. Er landete auf einem weiteren Stein, der nun aber auch abbrach und versuchte das Gleichgewicht zu wahren. Er sprang erneut ab und sie rutschten einen Abhang herunter. Jun merkte, wie sie irgendwo aufschlugen und dann purzelten. Shen hielt sie jedoch fest in den Armen und schließlich landeten sie auf einem Vorsprung und ehe sie noch ganz herab stürzten, kamen sie zum Stehen. Shen keuchte und Jun lag auf ihm drauf. Er ließ sie los und sah ihr in die vor Schreck geweiteten Augen. So schöne Augen. Er starrte sie einen Moment einfach nur an.
Der Moment verstrich jedoch und Shen verzog das Gesicht. Er hielt sich die Rippen und stöhnte. Er sah an sich herab. Es schien nichts gebrochen, aber er hatte sich die Seite aufgeschürft und ringsum wurde es schon blau. Jiro rief von oben herunter: „JEN! HAUPTMANN!“ Er fing schon an herunter zu klettern. Auch die anderen Rekruten betrachteten die Lage und Shen rief: „Bleibt auf dem Pfad! Wir stoßen weiter unten wieder zu euch!“ Jiro hielt inne. „Aber…“ Er senkte kurz den Blick und sagte Zähneknirschend: „Ja…wohl.“ Er kletterte wieder nach oben und fragte Jun nun: „Kannst du aufstehen?“ Saß sie etwa immer noch auf ihm?

Jen ... jemand rief den Namen, den sie sich für ihr Dasein, als Junge entschieden hatte. Sie konnte nicht antworten. Erstens vor schreck, zum Zweiten weil sie gerade gepackt wurde. Sie spürte, wie es für einen Moment stockte, dann aber weiter hinunter ging und schließlich lag sie auf dem Hauptmann, den sie mit riesigen Augen an sah. Heiratsvermittlerin ... WARUM??? Jiro machte sich schon auf den Weg nach unten, doch Shen schickte ihn wieder rauf. Als Shen sie fragte, ob sie aufstehen konnte, sprang sie regelrecht zurück von ihm und knickte erneut weg. Sie hatte sich wohl den Knöchel aufgeschrammt. Gebrochen war er nicht. Sie saß da und betrachtete das Unglück, sah dann zu Shen und sah seine Rippen. Jetzt fühlte sie sich echt schlecht.
"Hauptmann ... Eure Rippen ..."
Sie wusste ja gar nicht, was sie sagen sollte. Nun ... sie versuchte noch einmal auf zu stehen. Ihr Stab lag auch hier unten. Er war zum Glück nicht gebrochen, also humpelte sie mit zusammengebissenen Zähnen da rüber und nahm ihn auf. Ja, es tat verdammt weh. Der Knöchel war wohl verstaucht, aber sie biss die Zähne zusammen. Ihr Vater hatte ein zerstörtes Knie und lief mit dem Stock. Er hatte das alles hier geschafft und das heir war die einzige Möglichkeit, ihrer Familie Ehre zu machen.

Jen sprang von ihm zurück und er richtete sich auf. Er hielt sich die Rippen und betrachtete das Unglück erneut. Jen humpelte und stützte sich auf den Stock. Auch sein Stock lag hier unten und er griff nach ihm, wobei er sich nun ganz aufrichtete. Er hatte diesem Rekruten doch eine einfache Frage gestellt oder? Nun… er stand ja auch. Das war wohl Antwort genug. Wie konnte er es wagen, ihn SO anzusehen. Diese Augen, dieser Blick! Was war los mit ihm? Er schloss die Augen und wandte ich ab.
„Gehen wir.“ Sie trafen weiter unten wieder auf den Pfad und Shen lief vor Jun her, um einen guten Weg aufzuzeigen. Er verlor kein Wort, zu der Tollpatschigkeit und schließlich waren sie zurück auf dem Pfad. Die Rekruten waren hinter ihnen und Shen wollte auf diese warten. Er ging wortlos mit seinen Männern weiter und irgendwann kamen auch Jiro und Junpai. „Ich dachte du stürzt in den Tod!“, rief Jiro vorwurfsvoll. In ihm steckte wohl doch ein weicher Kern.

Was hatte sie sich erschrocken. Dieser Blick ... Sie sprachen kein Wort mehr, aber was sollten sie auch sprechen. Auf dem Rückweg konnte Jun auch wieder besser laufen. Es war zu Glück nicht verstaucht, aber eben eine Schürfwunde, die nichts ehr angenehm war. Zum Glück hatte Großmutter ihr bei gebracht, Salben zu erstellen. Nicht für alles, aber wenigstens für solche Fälle. Der Trupp stieß schließlich wieder zusammen. Jun ließ sich zurück fallen, um auf ihre beiden Kameraden zu treffen. Jiro sah immer noch besorgt aus. Tja ... harte Schale, weicher Kern. Jun lächelte.
"Wie ich schon sagte. Wir haben Glück,einen solchen Hauptmann zu haben. Ohne ihn wäre ich bestimmt tot gewesen."
Zusammen gingen sie ins Lager. Ihr Stab diente nun auch nicht mehr als Gehhilfe. Im Lager angekommen, verarztete sie sich erst mal selbst. Auch Shen wurde erst mal verarztet, allerdings war Jun schneller wieder draußen auf dem Platz, als der Hauptmann. Frisch verbunden war ihr Knöchel nun und sie setzte sich zu ihren beiden Kameraden.

Auch Shen verarztete sich selbst. Er wusch die blutige Stelle ab und prüfte, wie schlimm es war. Es ging. Er brauchte auch keinen verband. Sein ganzer Rücken war jedoch zerkratzt, von dem Surz. Er war ja Oberkörperfrei gewesen m Gegensatz zu Jen. Er seufzte, als er heraus kam. Wenigstens waren wieder alle heil vom Berg gekommen. Sie waren erschöpft und Shen sagte nun: „Heute war nur der Auftakt. Diese Wanderung werden wir nicht das letzte Mal gemacht haben. Um zu unseren Truppen zu gelangen, müssen wir über die Berge und dabei müssen wir unsere Ausrüstung schleppen. Die Wassereimer waren nur ein kleiner Vorgeschmack darauf. Ruht euch aus und lernt euch besser kennen. Morgen geht es weiter.“ Allerdings würden sie morgen was anderes machen. Shen hatte mittlerweile auch wieder etwas an und ging zurück zu seinem Zelt.
„Wir müssen dem Hauptmann dankbar sein. Vermutlich wärst du wirklich in den Tod gestürzt.“, sagte Jiro. „Mach das ja nicht noch Mal! Ich hätte mich vor Schreck fast bepisst und es wäre deine Schuld gewesen!“ Junpei lächelte und schlug vor: „In der Nähe ist ein See. Wir könnten Baden gehen.“ „Gute Idee!“, rief Jiro.

Shen kam zurück. Er war ohne Frage ein wundervoller Mann. Er hielt noch einmal eine Ansprache. Sicher ... es würde hart werden. Jun fasste einen Entschluss. Sie würde also auch in der Nacht trainieren, wenn sie nicht schlafen konnte. Natürlich bräuchte sie ihren Schlaf, aber sie würde sich anstrengen, um ihren neuen Freunden nicht nach zu hängen.
"Ja ... ich bin ihm sehr dankbar,"
erklärte sie.
"Euch aber auch. Das ihr euch so gesorgt habt. Ich habe da wohl zwei wirklich gute Kameraden und Freunde in einem gefunden."
Schwimmen? Oh sicher nicht.
"Ähm ... nein. Ich hab mir den Knöchel ordentlich verschrammt. ich möchte nicht, das sich das entzündet, sonst muss ich hier bleiben wenn ihr los gehen müsst. Geht ruhig. ich bleibe lieber hier und .... bewache das Lager."
Das war wohl die schlechteste Ausrede die ihr einfallen konnte, aber Baden mit ihnen zusammen kam nicht in Frage. Dann würde sie auf jeden Fall auffliegen.

Jiro und Junpei verstanden natürlich, dass Jen mit einer Verletzung nicht baden gehen wollte. Am Ende kam nch was rein. Das wollte ja nun auch keiner. Jiro zusckte die Schulter und meinte: "Dann gehen wir eben allein, was Junpei?" Er nickte und schon gingen sie los. Jun hatte ansonsten nun auch nciht viel zu tun. Sie hätte den Jungs gesellschaft leisten können, aber wollte sie sie nackt sehen? Wohl eher nicht.
Der Hauptmann war in seinem Zelt. Er hatte sich Salbe auf die Stelle an den Rippen geschmiert, damit es sich nciht entzündete. Was hatte dieser Jen nur an sich? Er konnte diese Augen nicht vergessen und Shen spürte, wie sein herz zu schlagen begann, wenn er daran dachte. Das war... ungeheuerlich! Noch nie hatte er etwas derartiges empfunden. Und schon gar nciht für einen Mann. Stimmte etwas nciht mit ihm?Er würde seinem Vater keine Schande bringen! Er musste diesen Kerl vergessen. Er setzte sich an seinen Trainingsplan und ging ihn noch mal durch. Vielleicht konnte er noch etwas umstellen, um es den Rekruten zu erleichtern, sie dabei aber nicht weniger zu fordern. Das Ziel blieb immerhin das gleiche.
Am späten Abend verließ Shen sein Zelt wieder und stieg eine leichte Anhöhe hinauf. Der Mond stand voll und riesengroß am Himmel. Er sah in diesen hinein und dachte nach. Über seine Leute, seinen Vater und dn Krieg. Was wenn sie nciht rechtzeitig da wären? Was, wenn sie gebraucht würden, aber noch nicht so weit waren? Die Verantwortung lastete schwer auf ihm. Er setzte sich auf einen Stein und sah melancholisch in den Himmel.

Jun blieb also im Lager Sie hatte nicht viel zu tun, also würde sie das tun,w as ihr in der Zeit mit ihrem Vater am besten gefallen hatte. Sie nutzte die uneingeschränkte Gelegenheit, sich auf ein entspannendes Tai Chi zu konzentrieren, welches sie so elegant und filigran vollzog, wie es eben möglich war. Der Hauptmann war im Zelt. Er hatte viel zu tun gehabt. Im Moment konzentrierte sich Jun allerdings eher auf ihr Chi und auf die Bewegungen. Mit geschlossenen Augen vollführte sie jeden einzelnen Schritt. Sie spürte, wie sich ihr Geist dabei entspannte, wie sich der Körper beruhigte. Es fühlte sich gut an, erinnerte sie an Zuhause. Als sie fertig war, sah sie zum Zelt. Sie sollte sich entschuldigen und auch bedanken. Das war wohl nur recht. Abgesehen würden die Anderen es so nicht mit bekommen. Als sie nun auf das Zelt zu ging, sah sie den Hauptmann ganz woanders. Er stand auf einem Hügel und schien nach zu denken. Sie schlich sich bewusst nicht an, denn ihn zu erschrecken könnte durchaus einen ordentlichen Schlag, den sie vermutlich nicht abwehren könnte, zur Folge haben.
"Hauptmann Shen,"
begann sie etwas zu sanft vermutlich. Erst als sie nun neben ihm stand, sah sie zu ihm auf. Er war so perfekt ... nicht nur körperlich ... sondern auch Charakterlich.
"Ich ... möchte mich für den Vorfall heute entschuldigen ... und mich bedanken, das ihr mich gerettet habt. Ich werde mir mehr Mühe geben, damit so etwas nicht noch mal passiert."
Ihre Blicke trafen sich erneut, wobei ihre Augen funkelten, wie Sterne am Nachthimmel.

Shen hörte jemanden den Hügel hoch laufen und schließlich ertönte Jens Stimme. Sie klang so weich. Fast weiblich. Wenn auch ungeschliffen, was wohl daran lag, dass Jun ihre Stimme verstellte. Aber das war für den Hauptmann nicht mal annähernd ein greifbarer Gedanke. Er würde niemals auch nur vermuten, dass sie eine Frau als Mann verkleidet in die Armee schlich. Jetzt jedenfalls hörte er ddie Worte und sah weiter in den Mond. "Mach dir keine Gedanken deswegen. Ich habe soetwas vorhergesehen und es hätte jedem passieren können." Er sah auf Jen herab und ihre Blicke trafen sich erneut. Stern... Dachte er einen Augenblick nur. Das Mondlicht spiegelte sich in diesen wunderschönen Augen und Shen war erneut, wie gebannt. Dann aber wendete er ganz schnell den Blick ab und sagte: "Ist... sonst noch was?" Er räusperte sich. Er hatte rote Wangen und wollte sich innerlich ohrfeigen. Aber echt! Es war nciht fair, dass ein junger Mann SO schöne Augen hatte. Dazu die geschwungenen Wimpern und Augenbrauen. Er sah wirklich sehr mädchenhaft aus.

Bei allen Göttern ... dieser Blick .... Jun wusste gar nicht, was sie nun machen sollte. Eben war sie noch vollkommen entspannt gewesen, aber nun war sie wieder völlig durch den Wind.
"Ähm ... nein ich ähm. Entschuldigt Hauptmann. Ich werde mal ... das Lager bereiten und ... mich schlafen legen denke ich. ... Ihre Rippen ... sind sie in Ordnung?"
Was brabbelte sie denn nun alles durcheinander?

Gut. Er wollte gehen, aber dann fragte er ihn noch nach seinen Rippen. "Meine Rippen?", immer noch zur Seite sehend. "Welche Rippen?" Na die verwundeten, du Schwachkopf! Er wollte sterben. Wie bescheuert verhielt er sich denn bitte gerade? "Ach so... diese Rippen!" Er klopfte sich leicht auf die verwundete Stelle. Er war der Hauptmann! Wieso benahm er sich wie ein Bürschlein?! "Nicht der Rede wert." Er legte nun die Stirn in die offene Hand. Mein Gott verhielt er sich merkwürdig. Wieso verunsicherte ihn dieser Junge so sehr? Vielleicht, weil er rote Wangen bekam, wenn er ihn ansah, als würde er seine zukünftige Braut anschauen. Das durfte doch nciht wahr sein! Niemand konnte etwas für seine Gefühle, aber war das wirklich notwenig? Erwollte gar nciht daran denken!
Er nahm die Hand nun vor den Mund und nuschelte in diese hinein. "War's das dann?" Aus Höflichkeit hätte er nach seinem Fuß fragen sollen, aber er wollte diese Unterhaltung, um nichts in der Welt fortsetzen!

Es war ja nun nicht so, als wäre jun nicht von seinem Wesen und seiner Art berührt, nur das sie eine Aufgabe hatte, die sie dazu zwang, sich als Junge aus zu geben, weil sie sonst sterben müsste. Sie ahnte ja nicht, warum er sich Shen so merkwürdig benahm.
"Seid ihr sicher? Ihr wirkt so ..."
Sie kam von der Seite noch mal zu ihm und sah ihn an.
"Ihr habt ganz rote Wangen Hauptmann. Bekommt ihr Fieber?"
Nun vielleichthatte er ja auch einfach nur etwas Sake getrunken? Nein, wohl eher nicht.

Was wollte dieser Bursche eigentlich von ihm?! Konnte er nicht einfach verschwinden? Nein Jen lief um ihn herum und sah ihm erneut ins Gesicht. Shen sah ihn einfach an und musterte die großen besorgten Augen. Wie konnte einer allein nur so Aufdringlich sein? Das war doch nicht normal! Fieber? Er hatte langsam auch das Gefühl. Vielleicht... Schwachsinn! Er hatte kein Fieber. Er war verlegen! Wegen eines Jungen! Und dieser Blick von ihm machte es ganz klar einfach nur noch viel schlimmer.
"Es...geht mir... uhm..." Er senkte den Blick und plötzlich lag etwas kühles auf seiner Stirn. Er sah wieder auf. Jen prfte seine Temperatur? Shen wollte erneut sterben. "Was...?", sagte er leise. Tatsächlich hatte Jun sogar das Gefühl, dass er Fieber hätte und die kühlen - für einen Mann ziemlich zierlichen - Finger fühlten sich sehr gut und doch falsch an. Shen wollte Jen einfach nur noch packen und wegschmeißen, aber er konnte keinen Muskel bewegen.

Jun sah den Hauptmann an. Er senkte den Blick und es schien ihm wirklich nicht gut zu gehen. Ohne Vorwarnung legte sie ihm ihre Hand auf seine Stirn. Er schien tatsächlich etwas höhere Temperatur zu haben. Als er nun die Augen öffnete und sie an sah, zog sie die Hand schnell weg, als würde sie sich verbrannt haben, sah auf den Boden und murmelte:
"Verzeiht. ich habe ... mich nur um euer Wohlbefinden gesorgt."
Als sie wieder zu ihm auf sah, trafen sich ihre Blicke erneut.
"Eure Temperatur ist etwas hoch Hauptmann. Erlaubt mir bitte, euch einen tee zu bringen. Er wird euch gut tun."
Großmutter hatte ihr viel bei gebracht. Vor allem Dinge, die Männer im Haus gern hatten, wie Kochen und eben auch ein wenig Medizin her stellen. Nun eher Tees, Salben und ein paar andere Kleinigkeiten.

Wenn ihn das endlich dazu bewegen würde, zu verschwinden, könnte Jen ihm alles bringen, was er wollte! Shen und sein Blick trafen sich erneut und Shen konnte wirklich nicht erklären, was ihn so an diesem Mann faszinierte. Vermutlich gab es hierfür eine ganz einfache Erklärung! Genau! Er fand sie nur nicht. „Ein… Tee… wäre nett.“
Von wegen. Sobald Jen weg war, um ihm einen zuzubereiten, verkrümelte er sich augenblicklich. Tat ihm ja leid, wenn sich Jen nun Mühe machte, aber er ertrug es nicht, ihn anzusehen. Besonders, wenn sie alleine waren. Das war nicht richtig. Er musste sich zusammen nehmen. Morgen sah alles bestimmt schon wieder ganz anders aus! Er verkrümelte sich in sein Zelt und löschte schnell das Licht, damit er nicht mehr gestört wurde. Er dachte noch Ewigkeiten nach und reagierte auch nicht auf eventuelle Rufe nach ihm. Er stellte sich einfach schlafend. Würde wirklich etwas passieren, würde er es mitbekommen. Er schlief irgendwann ein und fand Ruhe und Frieden.

Ihm ging es nicht wirklich gut, aber es schien eher, das er allein sein wollte. Sie ging also zurück ins Lager, bereitete den Tee zu und ... Der Hauptmann war schlafen gegangen. Gut, dann trank sie den Tee eben selbst. Anschließend, legte sie sich in ihr Lager und schlief recht schnell ein.

Am Morgen, war sie die erste, die aufgewacht war. Sie band sich die Brust ab, machte sich den Zopf und zog sich an. Anschließend stand sie auf. Mucksmäuschenstill, begab sie sich hinauf auf den Hügel, um dort erneut ihr Tai Chi zu praktizieren. Die Bewegungen waren fließend wie Wasser. Es war herrlich hier draußen. Sollten die Anderen ruhig langsam auf wachen. Sie selbst würde ihre Übungen beenden, wenn sie fertig wäre, oder der Hauptmann alle zusammen rief.

Zumindest glaubte sie, die erste zu sein. Aber auch Shen war schon wach. Er trieb sich nur nicht draußen herum. Er saß in seinem Zelt und hatte sich einen Tee gemacht. Seine Seite schmerzte. Er hatte den Sturz seines und des Gewichts von Jen mit der Seite abgefangen. Auch seine Schulter war nun blau geworden. Aber es würde heilen. Er rieb sich abwesend die Schulter und zog sich dann an. Irgendwann kam er heraus und blinzelte in die Morgensonne. Er sah jemanden trainieren. Tai-Chi. Das durfte doch nicht wahr sein! Verschonte ihn dieser Kerl nicht mal am frühesten Morgen? Er wandte den Blick ab und lief eilig in Richtung Essensausgabe. Das Trainingsprogramm heute würde jedenfalls ausreichen, dass ihn niemand mehr anschauen würde. Schon gar nicht Jen. Er würde auf dem Zahnfleisch kriechen! Jawohl!
Shen spachtelte sein Essen rein, ehe er die Männer mit dem üblichen Topfgehämmer weckte. „Hoch, ihr faulen Hunde!“, rief er nun. Bewegung kam ins Lager und Shen stand da, als habe er keine gute Laune. „Ein Soldat steht immer früh auf! Also geht eher ins Bett, wenn ihr sonst nicht hoch kommt!“
Jiro raunte Jun zu, die gerade zurückkam. „Was hat den denn gebissen?“
Sie durften nicht Mal frühstücken und alle hatten schlimmen Muskelkater von gestern, als der Hauptmann sie schon mal 20 Runden um das Lager schickte. Solange schien er schon andere Dinge vorzubereiten. Die ersten die ankamen bekamen eine Schüssel Reis zum Frühstück. Die letzten wurden angemault, schneller zu machen, sonst bliebe nichts übrig. Junpei kam als letzter und Shen sagte nur: „Du hast eh ein wenig zu viel, hm?“ Junpei sah ihn traurig an und ging gesenkten Hauptes an ihm vorbei.
„Keine Müdigkeit vorschützen! Ihr lernt heute zu kämpfen. Wenn ihr kein Schwert habt, müsst ihr euch verteidigen können! Er führte eine Selbstverteidigungsübung nach der anderen vor und ließ die Gruppe es so lange widerholen, bis er jeden angesehen hatte und bis er glaubte, sie hätten es begriffen. Es war anstrengend, wenn auch nicht so schlimm wie der Berg. Das er mit seiner Verletzung überhaupt so agil war, war schon ungewöhlich. Aber Shen merkte diese Wunde auch recht bald. Dennoch gab er nicht auf. Er vollführte die Sachen etwas steifer als sonst, aber die Rekruten würden das eh nicht bemerken.
So ging das den ganzen Tag und zwischen drin wurde wieder gerannt und Geschick geprüft. Bis schließlich selbst Shen vollkommen erledigt war. Seine Männer krochen wirklich nur noch auf dem Zahnfleisch und schienen nur noch vom Glauben an die Sache angetrieben zu werden. Wenn auch eher im Schneckentempo. Sie zogen gerade Baumstämme über den Platz.
„Jen! Wenn du noch langsamer ziehst, schiebst du den Stamm wieder zurück!“, blaffte er Jun an. Er schien sie schon den ganzen Tag auf dem Kieker zu haben

Jedenfalls war sie die erste der Rekruten. Als sie fertig war, kam sie zurück. Was war denn mit dem Hauptmann los? Warum ließ er sie nicht mal frühstücken? Sie lief die Runden. Das erste Mal war es schlimmer gewesen. Dieses Mal ging es. Gerade sie wurde am meisten vom Hauptmann angeranzt. Sie bekam eine Schüssel reis ab. Junpei ging lehr aus. Das konnte Jun ja nun gar nicht ertragen. Sie überließ Junpei die Hälfte ihrer Schüssel Reis und bereitete sich auf die nächsten Lektionen vor. Das Kampftraining fiel ihr nicht so schwer, wie der berg, aber anstrengend war es schon, zumal sie es ja nun auch richtig gezeigt bekam und nicht einfach so nach ahmte, was ihr Vater getan hatte. Auch hier ranzte der Hauptmann sie am meisten an. Dabei machte sie nicht mal soo viel falsch. Andere waren da schlimmer. Denn noch ließ Jun es über sich ergehen. Ihr Knöchel schmerzte, aber sie hielt durch. Am heutigen Tag wollte der Hauptmann wohl einfach nur allen beweisen, was für eine Hölle das Training sein konnte. Beim Baumstamm ziehen, hatte sie natürlich viel mehr Mühe, als die Anderen. Sie blieb zurück, aber sie versuchte wirklich mit aller Kraft diesen blöden Baumstamm zu ziehen. Von wegen zurück schieben. Sie gab sich erneut einen Ruck und zog noch fester. Ein bissche kam sie nun schneller voran und schaffte es sogar, die letzten ein zu holen. Als sie am Ziel war, ließ sie das Seil fallen, fiel auf die Knie, ließ die Arme hängen und sah zu Boden. Sie war am Ende ihrer Kräfte angekommen. Das Tai Chi gab ihr einen Ausgleich, half ihr das Chi fließen zu lassen. Tatsächlich glaubte sie, das es sie ohne die Morgendlichen Übungen nicht so weit gekommen wäre. Das war einfach viel zu viel für sie. Wiederdachte sie an ihren Vater.
"Es tut mir leid Vater,"
flüsterte sie. Nicht nur sie war am Ende. Auch Andere konnten schlicht und ergreifend nicht mehr.

Eigentlich konnten ALLE nicht mehr wirklich stehen. Hauptmann Chan sah den Stand der Sonne an und riss sich selbst ebenfalls noch einmal zusammen. Er hatte die Übungen ja auch mitgemacht. Nur beim Kampftraining, war er eben auch rum gegangen und hatte verbessert. Er sah Jen zusammenbrechen. „Alle die noch können, kommen mit mir! Der Rest, kann den Köchen helfen!“ Er degradierte den „Rest“ also zur Haushaltshilfe. Müde und kaputt kamen die Männer langsam hoch und zu ihrem Hauptmann. Jinpei setzte sich auf einen Stamm. „Ich koche lieber.“ Jiro sagte: „Lass dich nicht verführen! Das ist Taktik! Er will unseren Willen testen!“ „Soll er doch! Ich kann nicht mehr. Und ich hab Hunger.“ „Reiß dich zusammen Junpei! Sonst trete ich dich zu ihm rüber! Steh auf, Jen!“ Er zog sie einfach hinter sich her, ob sie wollte oder nicht und Junpei schob er vor sich her. Er war aber auch ein echter Kraftprotz. Shen musterte die drei Plagegeister, aber dennoch empfand er Stolz für die Truppe. Jiro hielt die beiden oben und Junpei war ein Ruhepol. Und Jen? Ohhh.. wieso dachte er nun schon wieder über diesen Knaben nach?!
„Mir nach!“, rief er nur und schon liefen sie los. Es war kein echter Marsch, sondern nur ein Spaziergang, wie es schien, denn das Tempo war wirklich moderat. Sie kamen zu dem kleinen See und alle fürchteten, dass sie nun auch noch da drüber schwimmen sollten, aber Shen sagte nur: „Erfrischung und Erholung für euch.“ Da niemand zurück im Lager geblieben war, sagte er: „Das Training ist vorbei für heute. Wer möchte kann zurück, und Abendessen zubereiten und schon essen. Alle anderen bekommen später was, wenn sie zurückkommen. Das war gute Arbeit heute!“ Sein Blick streifte Jen und für sie sah es aus, als wolle er sagen: Außer von dir. Aber das war nicht seine Absicht.

Jiro war wirklich nicht einfach nur ein Kraftprotz. Er half auch seinen beiden Kameraden nicht einfach auf zu geben. So ließ Jen sich von ihm hinter her ziehen. Sie war so fertig. Denn noch schaffte sie den Weg, mit Jiros Hilfe. Sie kamen am See an. Wundervoll war es hier. Sie wäre sonst die Letzte gewesen, die sich an and auf hielt, aber bei so vielen Männern ... nein, das würde sie nicht tun. Als sie Shens Blick streifte, fühlte sie sich, wie der schlechteste Rekrut der ganzen Truppe.
"Hab ich denn heute so viel falsch gemacht?"
fragte sie Jiro, der ja aus ihrer Truppe scheinbar am erfahrensten war.
"Ich fühl mich jetzt nicht nach Bade. Geht nur ... ich glaub wenn ich da rein gehe, komme ich nicht mehr lebend raus. Ich brauch erst mal etwas Ruhe."
Die wollte sie sich hier auch gönnen. Später, wenn die Anderen schon schliefen, würde auch sie sich endlich ein Bad gönnen.