„Denk immer daran. Gerade stehen, wie eine Lilie. Gesicht nach oben und nur sprechen, wenn du gefragt wirst, Jun.“ Ihre Mutter stand gerade bei ihr und erklärte ihr wie sie sich zu verhalten hatte, wenn sie gleich zu der Dame vorgelassen wurde. Sie war bereits in unbequeme Kleider gezwängt worden und ihre Haare fühlten sich an, als würden sie ihr Gesicht vorne auseinanderziehen. Sie hatte Tonnenweise Schminke drauf und … sah wunderschön aus.
„Beten wir zu den Ahnen, dass sie dir die Grazie verleihen mögen, die du so hartnäckig von dir weist.“
Die Familie wusste, wie Jun war und die Hoffnung einen ordentlichen Ehemann abzukriegen schwand Tag für Tag. Niemand wollte eine schlaue und wortgewandte Frau. Und niemand wollte eine eigensinnige Frau. Zumindest war das die Ansicht der Vermittler. Und schon gar niemand wollte eine Frau, die nur ihrem Herzen folgte.
Jun war nicht die einzige, die heute vorgeladen wurde, aber natürlich kam alles ganz genau, wie es kommen musste… Der Tag war ein vollkommenes Desaster.
Zunächst wurde sie aufgerufen und bestätigte, dass sie da war. Woraufhin die alte Hexe murmelte: Redet, wenn sie nicht gefragt wird. Dann sollte sie die Tugenden einer Frau vortragen, was ihr zwar fehlerlos gelang, aber die alte Schreckschraube unterstellte ihr ja förmlich, dass sie diese Anforderungen niemals erreichen würde. Jetzt sollte sie ordentlich Tee bereiten. Ob das wenigstens gut ginge?