Während die Kinder jeweils kämpften stand Lex einfach nur da und schien ihnen zuzusehen. Er blieb zumindest recht starr an der Seite. Aber die Ausbilder wussten, dass ER es war, der den Kristall einstimmte, solange die Kinder ihre Fähigkeiten benutzten. Die ausgefeilte Technik hinter dem großen Kristall, war Lex‘ verdienst und nur er konnte ihn anpassen. Es war immer wieder erstaunlich, was die Kinder an Fähigkeiten zeigten und welch immense Kraft in ihnen schlummerte.
Aber es war auch beängstigend. Nach dem die ganzen Häuser durch waren, war nun das rote Haus an der Reihe. Azeral holte tief Luft und er hatte absolut keine Lust, sich noch weiter zu verausgaben, oder verprügeln zu lassen. Und er war sich sicher, dass es geschehen würde. Er hatte bei jeder dieser Einstimmungen und jedem seiner Schüler ein ebenso mulmiges Gefühl, wie die Kinder selbst.
„Also schön…“ Er wollte mit jemandem Anfangen, der nicht so schnell außer Kontrolle geraten würde. Er sah zu Liam. „Los, mach schon.“
Liam trat todesmutig vor. Allerdings gab es im roten Haus keine Golems zu bezwingen und so stand Liam nun einfach da. Schließlich fragte er: „Und… was soll ich machen?“ „Was du willst.“ „Äh… Hu?“ Er schien sich nicht ganz sicher zu sein, ob Azeral ihn auf den Arm nahm. Schließlich sah er zu Lex, der die Augen geschlossen hatte und sich konzentrierte. Liam zuckte die Schultern, legte die Hände zusammen und zog sie wieder auseinander. Zwischen seinen Händen formte sich ein Schwert und es glänzte wie ein Spiegel. Er umfasste es, während er es vor sich in der Luft schweben ließ und überzog es mit einem weiteren Zauber, der die Klinge leicht gelblich färbte. Azeral betrachtete Lex, der nun die Augen wieder öffnete. Gerade wollte Liam weiter machen, als Azeral sagte: „Ok, genügt. Jetzt du Cian!“ Liam sah ihn verdattert an. „Aber ich hab doch noch gar nichts gemacht! Ich kann noch viel bessere Sachen! Ich…“ „Ich sagte es genügt!“, donnerte Azeral und Liam sah ihn verstört an, warf sein Schwert auf den Boden, wo es sich auflöste und ein wütender Liam an seinem Bruder vorbei stiefelte und schmollte.
Cian stellte sich unter den Kristall und Lex schloss die Augen. Dann konzentrierte sich Cian und strich sich mit der Hand über den Körper. Eigentlich geschah absolut nichts in den Augen aller beteiligten, aber in Wirklichkeit verstärkte Cian seinen eigenen Körper mit immer neuen Zaubern und schließlich sagte Azeral: „Reicht!“ CIan hörte sofort ab und es gab ein Geräusch von zersplitterndem Glas, als seine Zauber von ihm ab fielen. Wortlos ging er zurück zur Gruppe und stellte sich wieder zu Lia, die zunehmend unruhiger wurde. Sie hatte Angst und das spürte er. Sie hatte Angst davor, dass sie etwas schlimmes tun konnte.
Als nächstes war Lilly dran. Sie sah schrecklich ängstlich aus. Vielleicht vermutete sie sogar, dass es irgendwie wehtat. Sie machte einfach ein Schild um sich herum. Das schien nicht zu reichen und so machte sie noch eins und noch eins. Dann schuf sie einen Bannkreis und danach zog sie weitere Barrieren hoch und füllte den Raum mit ihrer passiven Magie. Azeral rief: „Lilly!“ Sie hörte aber nicht auf. Sie lächelte bei ihren Bewegungen und schien sich von Magie fluten zu lassen. „LILLY!“, donnerte Azeral und schließlich sprang er nach vorne. Die Barrieren schepperten, beim brechen und Azeral wurde ein paarmal zurückgeschleudert. So viel Magie konnte nicht gut für ihren kleinen Körper sein. Azeral griff nach seiner Macht und tiefschwarze Finsternis umgab seien Hände. Er sprang nach vorn und ein einziger Klauenhieb zersplitterte Lillys Schilde, wobei sie auch endlich wieder zur Vernunft kam. Erschrocken sah sie aus und Azerals flammende Augen und sein ernstes Gesicht schüchterten sie ein. Er hielt sie fest, als sie nun einfach zur Seite kippte. Azeral trug sie zu ihren Freunden. Sie war nicht bewusstlos, aber ziemlich geschwächt, weil sie so viel so schnell auf einmal gemacht hatte.
Er sah Raziel an und der junge mit dem Mundschutz trat in die Mitte. Azeral sagte: „Vergiss nicht, dass du nicht…“ Und schwupp war der Junge verschwunden. Azeral sah sprachlos zu dem Fleck und dann rief er zornig. „Du kleiner Scheißer!“ Er schloss die Augen und als er sie wieder öffnete funkelten sie erneut rötlich, ebenso wie der Ring an seinem Finger. Er sprang zur Seite und griff in die Leere, wo seine Hand einen Augenblick verschwand. „Hab ich dich!“ Er zerrte Raziel wieder hervor und der Junge trat ihm vor die Brust. Dann wollte er wieder verschwinden und Azeral hielt ihn weiter fest. Er umklammerte das Kind und die Augen des Jungen schienen hell weiß. Er gab ein Geräusch von sich, was ziemlich animalisch klang und dann ploppten beide weg, während Lex die Augen öffnete. Er sah überrascht aus und es legte sich langgezogenes Schweigen über die Halle. Erst nach einigen Augenblicken kamen beide mit einem Knall zurück. Raziel flog gegen Lex, der ihn fast spielend leicht auffing und Azeral wurde gegen die Barriere geschleudert, wo er ächzte und herab fiel. Er stand umständlich auf und klopfte sich einen Schritt zur Seite torkelnd den Staub ab und wischte mit der Hand an seinem Kopf vorbei, als wolle er Fliegen verscheuchen. Er schüttelte den Kopf und dann schien er sich wieder gefasst zu haben. „Reicht… doch hoffentlich…“ Lex musterte Azeral streng und half Raziel sich hinzustellen, der ebenso neben sich zu stehen schien, wie Azeral. Wer konnte schon wissen, was die beiden eben erlebt hatten?
Und DAS war der angenehme Teil gewesen. Azeral zog ein unzufriedenes Gesicht holte tief Luft und sagte nun: „Lanara.“ Sie sah zu ihm auf und dann senkte sie den Blick. Lex betrachtete das Mädchen und dann sah er bedeutsam zu Azeral. Der jedoch stellte sich direkt vor die Kinder und schon jetzt tropfte schwarze Finsternis von seinen Händen. Lanara schloss die Augen und Azeral machte sich bereit, während um Lex ein goldener Bannkreis schimmerte. Das Mädchen sagte leise: „Laesura…“ Sie streckte dabei die Hände aus und unter ihren Ärmeln kamen auf jeder Seite zwei andere Hände hervor. Sie waren klauenartig und dunkelgrau. Die Finger verschränkten sich ineinander und dann mit einem „Poff“ und einiger Funken und Rauchentwicklung stand dort ein Dämon. Azeral stürmte sie direkt an und Lanara ihn. Sie kämpften einfach nur körperlich miteinander und so gab es einen heftigen Schlagabtausch zwischen ihnen. Sie bewegten sich so schnell, dass es aussah, als würden sie immer wieder verschwimmen und wo anders wieder auftauchen. Azeral gab einen Schrei von sich und schmetterte die Dämonin auf den Boden. Er ließ schwarze, gefiederte Schwingen hervorbrechen und stürzte auf sie zu. Er packte ihr Gesicht und schmetterte es auf den Boden. Er packte sie mit unbeschreiblicher Kraft und fixierte sie, wo sie fauchend und schreiend liegen blieb und schließlich war es soweit. Das erste Mal, seit die Neulinge hier waren reagierte der Kristall. Lex schien fertig zu sein und ein gleißendes Licht fuhr herab. Alle, die nicht hatten kommen sehen, was geschehen würde, waren nun geblendet und sahen nicht, wie Azeral von Lanara wegsprang und sich ihr Körper zurück verwandelte. Azeral hatte sich hingekniet und das Mädchen hochgehoben. Sie machte die Augen auf und sah ihn nur an. Dann jedoch sammelten sich Tränen in ihren Augen und sie klammerte sich an seinen Hals und drückte ihr Gesicht an seine Brust. Er hatte einige Hiebe kassiert, aber sie waren nur oberflächlich. Er hatte sich entsprechend geschützt, sonst hätte dieses Mistvieh ihn vermutlich zerfetzt.
Pause. Er brauchte eine Pause! Er sah zu seiner Truppe. Haha, Azeral… Er fixierte Medina mit seinem Blick. Im Augenwinkel sah er, dass Cian Lias Hand fest hielt. Wenn sie jetzt schon solche Angst hatte, was sollte das dann nachher erst werden? Azeral hatte jetzt schon keine Lust mehr. „Komm Medina.“ Sie hörte auf ihn und auch dieses Mal, schien Azeral von Anfang an, Nebenstatist sein zu wollen. Er beugte sich vor sie und sah ihr auf die Brille. „Erinnerst du dich an heute Vormittag?“ Natürlich tat sie das. „Wir machen das noch mal.“ Hoffentlich machten ihr seine Augen nun keine Angst. Er hoffte, sie vertraute ihm. Seine Augen schimmerten rötlich und dann überzogen sie sich mit seinem Blut. „Jetzt nimm die Brille ab und sie mir in die Augen. Nirgends sonst, in Ordnung?“ Lex fragte: „Was wird das, Azeral?“ Doch der winkte nur ab und sah Medina weiter an. Er sagte nur: „Mach du deine Arbeit Lex, ich mach meine.“ Der Direktor kniff die Augen leicht zusammen und ließ Azeral gewähren.