Aya So Jun 17, 2018 12:25 am
Aya wusste genau, das Drakon selbst einen Arzt in dieser Situation abgelehnt hätte. Er war viel zu stolz, und zu besorgt um die Anderen, als das er zugeben würde, wenn es ihm schlecht ginge. Selbst Tessa hatte diese Erfahrung mit ihm schon gemacht. Tessa lächelte ihre Schwester an, sah dann zu Adi und flüsterte ein Danke an ihn. Er schien wirklich kein so schlechter Junge zu sein. Vielleicht wäre er anderswo auch besser aufgehoben, als hier. Vielleicht köntne er ja auch in die Dienste Tessas Großmutter treten? Vielleicht könnte er auch die Rüstung holen, die vielleicht fertig war, wenn er da an kam? Das alles schob Tessa gleich wieder zur Seite. Sicher würde man ihn nicht hier weg bekommen, ohne seinen geliebten Golem. Manchmal hing man sich an etwas oder jemanden, wenn man sich von anderen unverstanden fühlte. Drakon war eingeschlafen. Aya sah besorgt zu ihm herüber und Tessa wurde klar, das sie nicht so handelte, weil sie es einfach gut fand oder weil sie ihn ärgern wollte. Sie machte sich wirklich sorgen. Aya hatte es in Tessas Augen wirklich gut. Sie durfte die ganze Zeit über mit Drakon zusammen sein. Sie würde die Chance haben, Drakon immer um sich zu haben ... Tessa spürte, die Eifersucht, aber was konnte sie dagegen schon tun? Nichts, also schluckte sie den Ärger runter.
"Vielleicht braucht er einen, aber wir müssen erst mal einen Arzt finden."
Ja, einen Arzt im Dschungel zu finden, war sicher nicht so einfach. Bestenfalls einen Medizinmann oder Medizinfrau, aber die letzte hatten sie im Kannibalendorf zurück gelassen. Es war schon nicht so leicht. Aya ließ Drakon schlafen. Es kostete zwar Zeit, aber sie würden sie in Kauf nehmen müssen.
Drei Tage später, standen sie vor einer Hängebrücke, die nicht gerade sehr stabil aus sah. Aya sah Adi ungläubig an.
"Was denn?! Da rüber? Das Ding sieht aus als würde es jeden Moment reißen."
Aya sah noch einmal zu der Brücke. Sie war ganz einfach und schien wirklich nicht besonders viel Gewicht tragen zu können.
"Also gut. Wir wissen nicht, wie viel die Brücke aus hält. Drakon ist der Schwerste, Meli die leichteste. Ich werde vor gehen. Wenn die Brücke mich aushält, wird sie auch Meli und Adi aushalten. Dann sollten Tessa und Drakon mit ein wenig Abstand folgen. Passt auf, das ihr nicht zu sehr in der Mitte lauft. Das Holz sieht wirklich marode aus."
Und damit hatte sie gar nicht so unrecht. Schon beim ersten Schritt knarzte es ordentlich. Dieses Holz war vom Wetter vollkommen mitgenommen. Aya lief sehr langsam, tastete sich regelrecht über jedes Stück Holz, welches vor ihr lag. Die Idee Meli mit Adi zusammen kommen zu lassen, basierte auf der Idee, das Adi sie sicher nicht abstürzen lassen würde, da er ja ohnehin schon so viel Bewunderung für Drakon übrig hatte und sicher seinen Zorn nicht auf sich ziehen wollte. Abgesehen davon, würde er Meli durch seine Erfahrung beruhigen können. Weiter und weiter ging es. Ein Holz brach. Aya warf sich sofort nach vorn. Ihre beine hingen unten, aber sie schaffte es, da sie rechtzeitig reagiert hatte, sich schnell hoch zu ziehen. Ihr Herz schlug sonst wo, aber sie machte weiter, bis sie endlich drüben war.
"Adi! Bring Meli sicher rüber! Geht langsam und achtet darauf, wo ihr hin tretet!"
rief sie ihnen rüber. Adi nickte und ließ Meli vor sich laufen. Es dauerte, aber Adi beruhigte Meli immer wieder, wenn sie Angst zeigte und schließlich hatten auch sie es geschafft. Aya schloss Meli in die Arme. Das arme Kind. Solche Dinge hatte sie sicher vorher noch nie tun müssen.
"Ich danke dir sehr Adi, das ihr es Beide gesund und Lebend über die Brücke geschafft habt,"
lächelte sie.
"Tessa! Jetzt du!"
Aya duzte Tessa, allerdings nicht weil sie vergessen hatte wer Tessa war, sondern eigentlich noch immer Adi wegen, der den Glauben an Drakon nicht verlieren sollte und abgesehen davon, gab ein DU wohl mehr Vertrauen, als ein IHR. Tessa sah noch einmal unsicher zu Drakon. Er sah so schlecht aus. Schließlich aber, begab sie sich auf die Brücke. Das ganze Konstrukt schien wenig vertrauenswürdig. Tessa schob sich langsam voran. Bloß nicht runter sehen, dachte sie und versuchte sich immer weiter vor zu bewegen. Sie hörte das Seil knarzen, das Holz knarren und hoffte, sie würde es lebend hinüber schaffen. Langsam näherte sie sich der Mitte, als plötzlich das Holz unter ihr nach gab. Sie war zu sehr in die Mitte geraten und das Holz konnte sie nicht mehr tragen. Tessa spürte, wie sie fiel. Sie schrie auf, eben so wie Meli und Aya, griff einfach nach irgendwas und kam mit einem ordentlichen Ruck, der ihre Hände brennen ließ, zum hängen. Ihre Augen waren geweitet und sie wagte es nicht hinunter zu sehen. Sie schnappte nach Luft. Wenn sie jetzt schrie, würde vermutlich auch noch das Seil reißen. Lange würde sie sich nicht halten können. Eigentlich ... zögerte sie den unvermeidbaren Tod nur heraus.