Drakon Fr Apr 13, 2018 10:52 am
Nun. Es schien wohl alles geklärt. Der Kommandant nahm sich Drakon zur Seite und erklärte ihm die ganzen Abläufe. Er sagte ihm, dass er als Kommandant erst eine Rede an das Volk halten würde und er dann den übrigen vieren mit einem Henkerschwert den Kopf abtrennen würde. Drakon sah ihn fragend an. „Den… übrigen vieren?“
„Nun… Wir wollen ja nicht, dass alles schief geht. An einem wirst du üben.“
Üben… Wie das klang. Als… als würde man einen Kartentrick lernen. Eins, zwei, schwupp! Und ab ist der Kopf. Drakon bekam eine Gänsehaut. Er wollte das nicht. Er wollte niemanden umbringen. Nicht so. Nicht auf diese Weise er…“
„Hey!“ Er sah Jarven schockiert an. „Hörst du überhaupt zu?“ Drakon nickte und der Kommandant musterte ihn. „Oder ist es am ende doch zu schwer für dich?“ Drakons Blick verfinsterte sich leicht und er sagte: „Nein Kommandant! Ich werde tun, was ihr verlangt habt.“ Er schlug sich dabei auf die linke Brust. Er sah zu Aya und Liam, die ja noch da waren. Liam schüttelte nur leicht den Kopf. Warum ging der Kommandant so weit?
Schließlich wurde es Abend und Drakon ging in den Kerker. Er wollte das nicht alleine machen. Er sah sich nach Aya um, aber sie war nicht da. Sie wollte es nicht sehen und Liam war sicher auch bei ihr? Drakon hatte das Richtschwert in der Hand. Es war der Anführer, der vor ihm kniete. Er hatte sich abgefunden und betete wohl zu allen Göttern. So wie er da kniete… Drakon wurde übel. So wehrlos und klein und… Er konnte das doch nicht tun!
„Ein kräftiger Hieb, Drakon. Du musst gleich den Hals treffen. Im zielen hast du doch wohl keine Schwierigkeiten, hm?“
„Nein, Kommandant.“ Immer noch verwunderte es Jarven, dass Drakon scheinbar über allem zu stehen schien. Er war ein wenig fassungslos darüber. „Dann tu es, jetzt!“, sagte er ruhig. Drakon holte aus. Ihm lief der Schweiß den Rücken hinab. In der Mulde zwischen den Rückenstreckern sickerte es hinab und doch waren Drakons Hände ganz ruhig. Sein Herz schlug sonst wo und er fürchtete sich in diesem Moment vor dem Widerstand, den er gleich spüren würde. Er war sich sicher sehr genau zu treffen. Er konnte so ein großes Schwert im Schlaf führen. Würde er überhaupt einen Widerstand spüren? Würde es nicht einfach durchgehen, wie ein Beil durch ein Huhn? War dieser Mann mehr wert, als ein Huhn? Aber Menschen aß man ja nicht… Wozu sollte dieses Leben enden? Es hatte keinen Zweck! Die Klinge rauschte hinab.
Doch sie hatte den Hals, den Kopf und den Oberkörper… einfach alles an dem Verurteilten verfehlt. Drakon starrte fassungslos auf das Schwert. Er hatte es tief in den Kerkerboden gerammt und Jarven sah erstaunt auf die unfassbar tiefe Kerbe. Der Anführer atmete entsetzt ein und aus und fing nun sogar an zu weinen. Jarven sah zu Drakon, der auf die Klinge sah. „Ich… ich habe… Das…“
„Wusste ich es doch… du kannst es nicht.“ Doch das entsprach nicht mal annähernd der Wahrheit. Drakon sah den Kommandanten an und dieser erstarrte förmlich zu stein, als er eine sehr bekannte Frau hinter Drakon ausmachen konnte und im gleichen Moment auch ihre Stimme vernahm, während ihre Augen förmlich vor Zorn Funken sprühten.
„Jarven! Was fällt dir ein!?“ Er funkelte sie an und sie stiefelte auf ihn zu. „Du benutzt diesen Jungen, um MIR eins auszuwischen oder wie?!“ Er knirschte mit den Zähnen und fauchte: „Na das gleiche könnte ich dich fragen!“ Raija blieb vor Jarven stehen und scheuerte ihm eine, sodass Drakon die Luft einzog und dabei leicht auf quietschte. Überrascht hielt sich der Kommandant die Wange und sah gleich wieder zornig aus. „Spinnst du?!“, fragte er sie.
„Mein lieber Jarven, NUR weil du deinen Kopf nicht durch kriegst, heißt das nicht, dass du KINDER benutzen musst!“
„Das musst du gerade sagen! DU hast ihn zuerst benutzt! Wer hat denn damit angegeben, ihn sich zu angeln, hä?“
„Das war nur ein SCHERZ! Ich belästige doch keine Kinder!“
Drakon machte sich ein wenig kleiner und der Bandit sah nun auch verdutzt aus. Nun… eigentlich hatte sie ihn irgendwie belästigt oder? Damals im Zimmer?
„Darüber MACHT man aber keine Scherze! Ich habe dir geglaubt! Und überhaupt, so wie DU geschwärmt hast, glaubte ich schon, du würdest auch noch zu Ragnar ins Bett steigen!“ Drakon verschluckte sich abermals.
„Seine Frau hat ein Bein verloren! Als würde ich ihr das antun! Du bist dumm wie lang! Bekomm endlich deine Eifersucht in den Griff! Ich schlafe wann und wo und mit wem ich es will, klar?!“ Jarven war schon ganz rot vor Zorn. „Bist du deshalb hergekommen?!“
„Vielleicht!“
Jarven wollte eben ansetzten ihr wieder was an den Kopf zu knallen, doch er hielt inne. „Moment… was?“
„Ja, vielleicht bin ich hergekommen, um mit dir zu schlafen. Aber so wie du dich aufführst, ist da in hundert Jahren nicht dran zu denken!“ Jarven ignorierte Drakon vollkommen, der da stand, wie eine Statue, um nur nicht aufzufallen.
„Du weißt, welche Bedingung daran geknüpft ist…“, sagte er nun vollkommen ruhig und vorsichtig. Raija stieß die Luft aus. „Was meinst du denn? Denkst du ich war nur wegen dieses ominösen Praktikums in der Festung? Ich habe es dem Lordkommandanten erklärt.“
Es ging nun eine gefühlte Ewigkeit hin und her und Raija erklärte Jarven, dass sie den Lord Kommandanten um die Erlaubnis gebeten hatte, sich mit Jarven zu vermählen, aber ihren Posten behalten zu dürfen. Und es schien wohl so, als habe er zugesagt. Seine eigentlichen Worte waren wohl: „Na endlich! Hoffentlich hört dann dieser Rosenkrieg endlich auf! Ihr habt meinen Segen. Nun geh schon. Je eher er es weiß, umso besser!“
„Ich wollte dich überraschen, aber was müsste ich hören? DAS HIER!“ Jarven sah sich nur kurz um und dann nahm er Raija einfach in seine Arme, drehte sich einmal mit ihr und sie war zu verdutzt, als dass sie was machen konnte. „Das spielt doch jetzt gar keine Rolle!“ Er küsste Raija einfach und dann sagte er Freude strahlend: „Macht mit den Gefangenen was ihr wollt, mir ist es gleich!“ Er trug Raija vor sich her und sie war zu überrascht, aber irgendwie fühlte sie sich auch wie eine Prinzessin.
Drakon ließ nun endlich den Schwertgriff los. Das Schwert steckte weiterhin im Boden und die Fragezeichen bildeten sich auf seinem Gesicht. „Also… Soll ich nun…“ Er sah auf den Nacken des Delinquenten. Er merkte gar nicht, wie er sich zurück an die Gitterstäbe lehnte und sich an eben jenen herabrutschen ließ. Er war sich sicher, er hätte diesen Mann getötet, wenn Raija den hieb nicht mit Magie zur Seite gelenkt hätte. Das jedoch dürfte wohl kaum jemand mitbekommen haben. Er schloss die Augen.